Insolvenzanfechtung nach Befriedigung durch Zwangsvollstreckung – Entreicherung – verschärfte Haftung
BAG Urteil vom 19.5.2011 – 6 AZR 736/09
Das Urteil behandelt eine Insolvenzanfechtung und die Rückzahlung einer Abfindung nach einer Zwangsvollstreckung.
Der Beklagte (ehemaliger Arbeitnehmer des Schuldners) wurde verurteilt, eine Abfindung von 3.153,73 Euro an die Insolvenzverwalterin zurückzuzahlen,
da diese durch Zwangsvollstreckung nach dem Eröffnungsantrag des Insolvenzverfahrens erlangt wurde.
Der Schuldner (Herbert S.) hatte im Mai 2006 einen Vergleich mit dem Beklagten vor dem Arbeitsgericht München geschlossen, wonach der Beklagte eine Abfindung in Raten erhalten sollte.
Da der Schuldner die Raten nicht pünktlich zahlte, leitete der Beklagte die Zwangsvollstreckung ein und erhielt im März und Mai 2007 insgesamt 3.153,73 Euro durch die Gerichtsvollzieherin.
Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Oktober 2007 forderte die Insolvenzverwalterin die Rückzahlung dieser Beträge.
Klage und Verteidigung
Die Klägerin (Insolvenzverwalterin) argumentierte, dass der Beklagte die Beträge aufgrund einer anfechtbaren, inkongruenten Deckung erlangt habe,
da diese nach dem Eröffnungsantrag im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgten.
Der Beklagte entgegnete, er habe keine Kenntnis vom Insolvenzantrag gehabt und die Beträge zur Begleichung von Anwaltskosten und für seinen Lebensunterhalt verwendet.
Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht München gaben der Klage statt.
Der Beklagte legte Revision ein, die vom Landesarbeitsgericht zugelassen wurde.
Das Bundesarbeitsgericht wies die Revision zurück und bestätigte die Urteile der Vorinstanzen.
Anfechtbare Handlung:
Die vom Beklagten im Wege der Zwangsvollstreckung erlangten Beträge stellen inkongruente Deckungen im Sinne von § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO dar, da sie nach dem Insolvenzantrag erlangt wurden.
Eine solche Rechtshandlung konnte von der Klägerin ohne weitere Voraussetzungen angefochten werden, unabhängig von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners oder der Kenntnis des Beklagten hiervon.
Zeitpunkt der Rechtshandlung:
Gemäß § 140 Abs. 1 InsO gilt eine Rechtshandlung als zu dem Zeitpunkt vorgenommen, an dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten.
Dies war bei den Zahlungen an die Gerichtsvollzieherin im März und Mai 2007 der Fall, also nach dem Insolvenzantrag vom Februar 2007.
Inkongruente Deckung:
Eine Befriedigung gilt auch dann als inkongruent, wenn sie im Wege der Zwangsvollstreckung erlangt wird.
Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
Legitimierung durch den Gesetzgeber:
Der Gesetzgeber hat die bestehende Rechtsprechung bestätigt, indem er geplante Änderungen des Insolvenzanfechtungsrechts,
die Zwangsvollstreckungen nicht anfechtbar gemacht hätten, bewusst nicht umgesetzt hat.
Entreicherung:
Der Einwand des Beklagten, er sei nicht mehr bereichert, greift nicht.
Die Insolvenzverwalterin macht einen gesetzlichen Rückzahlungsanspruch geltend, der nicht den Regelungen des Bereicherungsrechts folgt.
Zudem unterliegt der Beklagte einer verschärften Haftung gemäß § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, die einer bösgläubigen Bereicherungshaftung gleichkommt.
Die Tilgung von Schulden mit den erlangten Beträgen stellt keine Entreicherung dar.
Kostenentscheidung
Der Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der erfolglosen Revision zu tragen.
Das Urteil stellt klar, dass Zahlungen, die im Wege der Zwangsvollstreckung nach Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens erlangt wurden,
als inkongruente Deckungen anfechtbar sind und zurückgezahlt werden müssen, um die Gleichbehandlung aller Gläubiger zu gewährleisten.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.