durch Vorvermächtnis eingeräumtes Wohnungsrecht – Berechnung Pflichtteil OLG Koblenz 12 U 107/20

November 9, 2020

durch Vorvermächtnis eingeräumtes Wohnungsrecht – Berechnung Pflichtteil OLG Koblenz 12 U 107/20

Inhaltsverzeichnis RA und Notar Krau

  1. Tenor
    • Zurückweisung der Berufung der Beklagten
    • Teilweise Klagerücknahme aufgrund der Zustimmung der Beklagten
    • Kostenentscheidung
    • Vorläufige Vollstreckbarkeit
    • Festsetzung des Streitwerts
  2. Gründe
    • Einleitung
      • Klage auf Pflichtteilsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte
    • Sachverhalt und erstinstanzliches Urteil
      • Bezugnahme auf das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 19.12.2019
      • Verurteilung der Beklagten zur Zahlung bestimmter Beträge
    • Berufung und Anträge der Parteien
      • Antrag der Beklagten auf Abänderung des Urteils
      • Antrag der Klägerin auf Zurückweisung der Berufung
    • Hinweisbeschluss und Klagerücknahme
      • Hinweisbeschluss des Senats vom 20.05.2020
      • Teilweise Klagerücknahme durch die Klägerin
    • Entscheidungsgründe des Senats
      • Rückweisung der Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO
      • Keine Aussicht auf Erfolg der Berufung
      • Keine mündliche Verhandlung erforderlich
    • Rechtliche Bewertung
      • Vorrang des Pflichtteilsanspruchs gegenüber Vermächtnissen
      • Keine Berücksichtigung des Wohnungsrechts bei der Pflichtteilsberechnung
      • Verweis auf einschlägige Rechtsprechung und Kommentare
    • Argumentation der Beklagten
      • Einwände gegen die Anwendung des Pflichtteilsrechts
      • Berufung auf die Möglichkeit der Verwertung des Vermächtnisses
    • Besonderheiten des Falls
      • Treuwidriges Verhalten der Beklagten bei der Grundbucheintragung
      • Pflichten des Testamentsvollstreckers und ihre Verletzung
    • Schlussfolgerung
      • Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils
      • Kostenentscheidung und Streitwertfestsetzung

durch Vorvermächtnis eingeräumtes Wohnungsrecht – Berechnung Pflichtteil OLG Koblenz 12 U 107/20

Sachverhalt:

Die Klägerin machte Pflichtteilsansprüche gegen die Beklagte geltend, die Alleinerbin nach ihrer Mutter war.

Streitpunkt war die Berücksichtigung eines der Beklagten im Testament eingeräumten Wohnungsrechts bei der Berechnung des Pflichtteils.

Das Landgericht hatte die Beklagte zur Zahlung des Pflichtteils verurteilt, ohne das Wohnungsrecht zu berücksichtigen.

Problematik:

  • Berücksichtigung des Wohnungsrechts: Fraglich war, ob das der Beklagten eingeräumte Wohnungsrecht bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs der Klägerin zu berücksichtigen war.
  • Vorrang des Pflichtteils: Zu klären war, ob der Pflichtteilsanspruch Vorrang vor dem Vermächtnis des Wohnungsrechts hatte.
  • Verfügungsmöglichkeit: Weiterhin war zu prüfen, ob die Beklagte über den Nachlassgegenstand verfügen konnte, obwohl ihr nur ein beschränktes Wohnungsrecht eingeräumt worden war.

Entscheidung des OLG Koblenz:

durch Vorvermächtnis eingeräumtes Wohnungsrecht – Berechnung Pflichtteil OLG Koblenz 12 U 107/20

Das OLG Koblenz wies die Berufung der Beklagten zurück.

Das Wohnungsrecht war bei der Berechnung des Pflichtteils nicht zu berücksichtigen.

Begründung:

  • Vorrang des Pflichtteils: Der Pflichtteilsanspruch hat Vorrang vor Vermächtnissen. Das bedeutet, dass der Erblasser den Pflichtteilsanspruch nicht durch Vermächtnisse schmälern kann.
  • Keine Berücksichtigung des Wohnungsrechts: Das der Beklagten eingeräumte Wohnungsrecht war daher bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs nicht zu berücksichtigen.
  • Keine Ausnahme bei staatlichem Regress: Der Vorrang des Pflichtteilsanspruchs gilt nicht nur im Falle eines staatlichen Regressanspruchs, sondern allgemein.
  • Verfügungsmöglichkeit: Die Beklagte konnte über den Nachlassgegenstand verfügen, da sie diesen beleihen konnte, um die Pflichtteilsforderung zu befriedigen.
  • Treuwidriges Verhalten: Die Beklagte hatte die grundbuchmäßige Absicherung der Wohnungsrechte in Kenntnis der Klage treuwidrig herbeigeführt und konnte sich daher nicht auf die Unmöglichkeit der Verwertung berufen.
  • Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers: Auch der Testamentsvollstrecker hatte seine Pflichten verletzt, indem er die Eintragung der Wohnungsrechte veranlasste.
  • Wert der Immobilie: Der Wert der Immobilie war mit 291.000 Euro anzusetzen.

durch Vorvermächtnis eingeräumtes Wohnungsrecht – Berechnung Pflichtteil OLG Koblenz 12 U 107/20

Wesentliche Aussagen des Beschlusses:

  • Vorrang des Pflichtteils: Der Pflichtteilsanspruch hat Vorrang vor Vermächtnissen.
  • Keine Berücksichtigung von Vermächtnissen: Vermächtnisse sind bei der Berechnung des Pflichtteils nicht zu berücksichtigen.
  • Verfügungsmöglichkeit: Der Erbe kann über den Nachlassgegenstand verfügen, auch wenn ihm nur ein beschränktes Recht eingeräumt wurde.

Bedeutung für die Praxis:

Der Beschluss verdeutlicht den Vorrang des Pflichtteilsanspruchs gegenüber Vermächtnissen und die Möglichkeit der Verwertung von Nachlassgegenständen zur Befriedigung des Pflichtteilsanspruchs.

Er zeigt auf, dass der Erbe auch bei einem beschränkten Recht über den Nachlassgegenstand verfügen kann und dass treuwidriges Verhalten die Berufung auf die Unmöglichkeit der Verwertung ausschließt.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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