Kein feststellender Beschluss im Erbscheinserteilungsverfahren ohne Erbscheinsantrag – OLG München 31 Wx 164/20

Februar 22, 2022

Kein feststellender Beschluss im Erbscheinserteilungsverfahren ohne Erbscheinsantrag – OLG München 31 Wx 164/20 – Hinweisbeschluss v. 28.05.2020

Zusammenfassung RA und Notar Krau:

Das OLG München plant, die angefochtene Entscheidung aufzuheben, da kein Erbscheinsantrag gestellt wurde.

Das Nachlassgericht erließ dennoch einen Feststellungsbeschluss zum Erbrecht, was außerhalb eines Erbscheinserteilungsverfahrens unzulässig ist.

Gemäß § 352e FamFG kann ein solcher Beschluss nur bei einem gestellten Erbscheinsantrag erlassen werden.

Das Gericht bestätigt, dass die Erbenermittlung durch das Nachlassgericht zwar korrekt war, aber ohne einen Antrag auf Erbschein hätte der Beschluss nicht erlassen werden dürfen.

Betroffene haben 4 Wochen Zeit für Stellungnahmen, danach wird eine Entscheidung erwartet.

Kein feststellender Beschluss im Erbscheinserteilungsverfahren ohne Erbscheinsantrag – OLG München 31 Wx 164/20 – Inhaltsverzeichnis:

  1. Einleitung
  2. Entscheidungsgründe des OLG München
  3. a. Unzulässigkeit des feststellenden Beschlusses ohne Erbscheinsantrag
  4. b. Fehlende rechtliche Grundlage für den Beschluss gemäß § 352e FamFG
  5. c. Abwägung früherer Rechtsprechung des BayObLG
  6. Ausblick auf das weitere Verfahren
  7. a. Möglichkeit der Stellungnahme der Beteiligten
  8. b. Erwartete Entscheidung nach der Stellungnahmefrist

Zum Entscheidungstext:

Tenor

Der Senat weist die Beteiligten auf folgendes hin:

Der Senat beabsichtigt, die angefochtene Entscheidung ohne Sachprüfung aufzuheben.

Dem liegt folgendes zu Grunde:

Keiner der Verfahrensbeteiligten hat nach Lage der Akten bislang einen Erbscheinsantrag gestellt.

Das Nachlassgericht – Nachlassrichter – hat nach durchgeführten Ermittlungen dennoch am 24.1.2020 einen Beschluss erlassen, in dem es festgestellt hat, wer den Erblasser beerbt hat.

Ein derartiger Beschluss ist jedoch außerhalb eines Erbscheinserteilungsverfahrens vom Gesetz nicht vorgesehen.

Kein feststellender Beschluss im Erbscheinserteilungsverfahren ohne Erbscheinsantrag – OLG München 31 Wx 164/20 – Entscheidungsgründe

1. Gemäß § 352e FamFG erlässt das Nachlassgericht einen Feststellungsbeschluss, wenn im Erbscheinserteilungsverfahren die Erteilung eines Erbscheins beantragt wurde und die Voraussetzungen für die Erteilung vorliegen.

Diese Voraussetzungen nach § 352e FamFG liegen hier – da keiner der Beteiligten einen Erbscheinsantrag gestellt hat – jedoch nicht vor.

2. Insbesondere ergibt sich die Möglichkeit, einen Beschluss über das Erbrecht zu erlassen, nicht aus Art. 37 bayAGGVG.

a) Der Senat hat bereits entschieden, dass Zweck der amtlichen Erbenermittlung nach den jetzt gültigen Vorschriften (Artikel 37 AGGVG) in erster Linie die Vorbereitung einer Entscheidung über das Erbrecht und die Sicherung der erforderlichen Entscheidungsgrundlagen und Beweismittel ist

(OLG München FGPrax 2010, 138; ebenso BayObLGZ 1985, 244, 250),

während die Entscheidung selbst in einem nachfolgenden Erbscheinsverfahren zu treffen ist.

Auch nach amtlicher Erbenermittlung entfaltet ein lediglich feststellender Beschluss weder Bindungs- noch Rechtsscheinwirkung.

Das spricht dafür, auch in Fällen amtlicher Erbenermittlung einen feststellenden Beschluss des Nachlassgerichts als unzulässig anzusehen.

An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.

b) Soweit das BayObLG in BayObLGZ 1968, 68, 71 davon ausgegangen war, dass das Nachlassgericht im Rahmen der von Amts wegen durchzuführenden Erbenermittlung berechtigt sei, die Unwirksamkeit einer Erbausschlagung im Beschlusswege auszusprechen, steht dies der vorgenannten Auffassung nicht entgegen:

Eine Ausschlagung der Erbschaft steht vorliegend schon nicht inmitten.

Kein feststellender Beschluss im Erbscheinserteilungsverfahren ohne Erbscheinsantrag – OLG München 31 Wx 164/20

Es kann dahinstehen, ob es praktische Gründe gibt, die für einen solchen Ausspruch im Falle einer Ausschlagung sprechen

(bejahend: Kroiß in MittBayNot 2010, 486).

Für einen Ausspruch im Rahmen einer allgemeinen Erbenermittlung sind derartige Gründe indes nicht ersichtlich: Das Nachlassgericht ermittelt zwar gemäß Art. 37 bayAGGVG den Erben von Amts wegen.

Das ist vorliegend auch geschehen und das Nachlassgericht hat seine Erbenermittlung am 9.6.2015 den Beteiligten mitgeteilt.

Den nachträglich aufgetauchten Zweifeln an der Richtigkeit der ermittelten Erben hat das Nachlassgericht durch die Bestellung eines Nachlasspflegers Rechnung getragen.

Damit hat es den Anforderungen, die von Art. 37 bayAGGVG gestellt werden, entsprochen:

Der Nachlass wurde ebenso gesichert wie die Entscheidungsgrundlagen für ein Erbenfeststellungsverfahren.

Nachdem aber keiner der Beteiligten einen Erbscheinsantrag gestellt hat, hatte es damit sein Bewenden.

Außerhalb eines Erbscheinserteilungsverfahren ist im Verfahren der allgemeinen Erbenermittlung nach Art. 37 bayAGGVG mithin für den vom Nachlassgericht erlassenen Beschluss kein Raum.

c) Es steht den Beteiligten frei, durch Stellung eines Erbscheinsantrages vor dem Nachlassgericht ein förmliches Verfahren einzuleiten, in dem dann die Erbenstellung geklärt wird.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 4 Wochen.

Anschließend muss jederzeit mit einer Entscheidung gerechnet werden.

Kein feststellender Beschluss im Erbscheinserteilungsverfahren ohne Erbscheinsantrag – OLG München 31 Wx 164/20

RA und Notar Krau

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