Kein Mietabschlag bei Bedarfswertermittlung für selbstgenutzte Mietobjekte nach Schenkung
Das Finanzgericht (FG) Hamburg hat mit Urteil vom 15. Oktober 2024 (3 K 159/22) entschieden, dass bei der steuerlichen Bedarfswertermittlung einer Eigentumswohnung oder eines Einfamilienhauses kein
Abschlag für ein bestehendes Mietverhältnis vorzunehmen ist, wenn der Erwerber das Objekt zuvor selbst vom Zuwendenden (Schenker) angemietet hatte
und das Mietverhältnis mit Vollzug der Schenkung durch Konfusion (Vereinigung von Gläubiger und Schuldner in einer Person) endet.
Im zugrunde liegenden Fall erwarb die Klägerin (Kl.) im Februar 2016 von ihren Eltern im Rahmen eines Überlassungsvertrags gegen Gegenleistung ein bebautes Grundstück in Hamburg.
Das Grundstück war mit einem Einfamilienhaus bebaut, das die Klägerin und ihr Ehemann (M) seit September 2014 von den Eltern gemietet hatten.
Die monatliche Nettokaltmiete betrug einen bestimmten Betrag.
Für die Schenkungsteuer reichte die Klägerin eine Erklärung zur Feststellung des Bedarfswerts ein und gab an, dass das Objekt zum Bewertungsstichtag zwar vermietet sei, jedoch an sie selbst.
Das Finanzamt (Bekl.) stellte den Grundbesitzwert nach dem Vergleichswertverfahren auf Basis des Immobilienmarktberichts Hamburg 2016 fest,
ohne einen Mietabschlag zu berücksichtigen, da dieser im Bericht für vermietete Einfamilienhäuser nicht vorgesehen sei.
Die Klägerin legte Einspruch ein und argumentierte, dass der im Immobilienmarktbericht 2017 erstmals enthaltene Marktanpassungsfaktor
für vermietete Einfamilienhäuser anzuwenden sei, da dieser auf Daten aus dem für die Übertragung maßgeblichen Jahr 2016 basiere.
Das Finanzamt wies den Einspruch zurück, da am Bewertungsstichtag keine Vermietung an einen Dritten vorgelegen habe
und das Mietverhältnis aufgrund des Verbots des In-Sich-Geschäfts nicht auf die Klägerin als neue Eigentümerin habe übergehen können.
Das FG Hamburg wies die Klage ab.
Es bestätigte die Auffassung des Finanzamts, dass der im Immobilienmarktbericht 2017 enthaltene Marktanpassungsfaktor für vermietete Einfamilienhäuser im vorliegenden Fall keine Anwendung finde.
Das Gericht führte aus, dass der maßgebliche Zeitpunkt für die Entstehung der Schenkungsteuer der Abschluss des notariellen Vertrags im Februar 2016 sei,
da zu diesem Zeitpunkt alle für die Eigentumsübertragung erforderlichen Erklärungen abgegeben worden seien.
Die Bewertung des Grundstücks habe im Vergleichswertverfahren zu erfolgen.
Entscheidend für die Ablehnung des Mietabschlags war die Feststellung des Gerichts, dass die Klägerin kein mit einem Mietverhältnis belastetes Einfamilienhaus erworben habe.
Das ursprüngliche Mietverhältnis zwischen den Eltern und der Klägerin sowie ihrem Ehemann sei mit dem Erwerb des Eigentums durch die Klägerin erloschen.
Das Gericht begründete dies mit dem Rechtsgrundsatz der Konfusion.
Ein Schuldverhältnis setze voraus, dass Gläubiger und Schuldner verschiedene Personen seien.
Da die Klägerin durch die Schenkung sowohl Mieterin als auch Eigentümerin des Objekts geworden sei, habe sich Forderung und Schuld in ihrer Person vereinigt, wodurch das Mietverhältnis beendet worden sei.
Auch das Mietverhältnis des Ehemanns der Klägerin sei mit dem Erlöschen des Mietverhältnisses der Klägerin beendet worden.
Zwar trete bei Veräußerung vermieteten Wohnraums der Erwerber grundsätzlich an die Stelle des Vermieters.
Dies setze jedoch voraus, dass dem Mieter der alleinige Besitz an der Mietsache zur Nutzung überlassen werde.
Im Verhältnis zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann fehle es an einer solchen Besitzüberlassung, da beide das Haus gemeinsam bewohnten und ihre eheliche Lebensgemeinschaft dort führten.
Die Nutzung des Objekts beruhe nach dem Eigentumsübergang auf der ehelichen Lebensgemeinschaft und nicht mehr auf dem ursprünglichen Mietvertrag.
Das Gericht stellte fest, dass zwar das Mietverhältnis formal erst mit der Eigentumsumschreibung im Grundbuch und damit nach dem Bewertungsstichtag beendet worden sei.
Gleichwohl seien die Voraussetzungen für die Anwendung des Marktanpassungsfaktors für vermietete Einfamilienhäuser nicht gegeben.
Bereits mit Abschluss des Schenkungsvertrags habe festgestanden, dass das Mietverhältnis aufgrund der Konfusion keinen Fortbestand haben würde.
Zudem spreche der Sinn und Zweck des Marktanpassungsfaktors gegen dessen Anwendung. Dieser diene dazu, die eingeschränkte
Verfügungsmöglichkeit des Eigentümers einer vermieteten Immobilie zu berücksichtigen.
Die Klägerin sei jedoch durch das Mietverhältnis nicht belastet, da es mit ihrem Eigentumserwerb objektiv beendet worden sei.
Das Gericht lehnte auch eine analoge Anwendung der Steuerbefreiungsvorschrift des § 13d ErbStG für vermietete Wohnimmobilien ab,
da diese Vorschrift auf das Erbschaftsteuergesetz beschränkt sei und nicht auf die Bedarfswertermittlung anwendbar sei.
Zudem sei zweifelhaft, ob die Vorschrift auf Fälle der Konfusion anwendbar sei, da der Gesetzeszweck, Wettbewerbsnachteile privater Vermieter auszugleichen, in solchen Fällen nicht einschlägig sei.
Auch der Rechtsgedanke des § 14 Abs. 2 BewG (Berücksichtigung nachträglicher Änderungen bei lebenslänglichen Nutzungen) oder des § 148 BewG (Bewertung von Erbbaurechten) sei nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar.
Schließlich bestehe kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht, selbst wenn das Finanzamt in anderen Fällen möglicherweise eine andere Verwaltungspraxis angewandt haben sollte.
Die Anmerkung zum Urteil kritisiert die Entscheidung des FG Hamburg.
Der Verfasser argumentiert, dass das Gericht bei der Entscheidungsfindung die maßgeblichen Vorschriften des Bewertungsgesetzes (§§ 9, 157, 177 BewG) nicht ausreichend berücksichtigt habe.
Nach diesen Vorschriften seien für die Grundbesitzbewertung die tatsächlichen Verhältnisse am Bewertungsstichtag maßgeblich.
Das am Bewertungsstichtag zivilrechtlich bestehende Mietverhältnis hätte demnach berücksichtigt werden müssen.
Das Gericht habe sich stattdessen von der erbschaftsteuerlichen Frage leiten lassen, was die Klägerin letztendlich erhalten habe, und dabei den Zeitpunkt des Eigentumsübergangs anstelle des Bewertungsstichtags in den Fokus gerückt.
Zudem hätte der Immobilienmarktbericht 2017 angewendet werden müssen, dessen Auswertungszeitraum das Jahr 2016 und damit den Bewertungsstichtag umfasst habe.
Zusammenfassend kritisiert die Anmerkung, dass das FG den Grundbesitzwert nicht auf Basis der tatsächlichen Verhältnisse am Bewertungsstichtag
unter Berücksichtigung des bestehenden Mietverhältnisses und des zutreffenden Immobilienmarktberichts ermittelt habe.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.