Kein Mietvertragseintritt in bloßes Nutzungsrecht über eine „Zwischenfläche“
In einem Urteil vom 4. September 2019 (Az. XII ZR 52/18) hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass der Erwerber eines Grundstücks nicht gemäß § 566 Abs. 1 BGB in einen Mietvertrag eintritt,
wenn dem Mieter lediglich gestattet wurde, eine „Zwischenfläche“ auf diesem Grundstück zu nutzen, die nicht explizit Gegenstand des Mietvertrags ist.
Die Klägerin mietete 2004 von der Rechtsvorgängerin der Beklagten Gewerberäume in einem Gebäudekomplex an, der sich über drei benachbarte Grundstücke erstreckte.
Der Mietvertrag umfasste rot umrandete Flächen auf den Grundstücken 9/18 und 9/19 sowie eine blau umrandete Lagerfläche, die teilweise auf 9/18 und teilweise auf 9/19 lag.
Die Anlieferung zum Ladenlokal der Klägerin erfolgte teilweise über das Grundstück 9/20, das ebenfalls im Eigentum der früheren Vermieterin stand.
Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der ursprünglichen Vermieterin
verkaufte der Insolvenzverwalter die Grundstücke: 9/18 und 9/19 an die Beklagte zu 1, 9/20 an die Beklagte zu 2.
Die Beklagte zu 1 kündigte das Mietverhältnis unter Berufung auf § 111 InsO.
Die Klägerin widersprach der Kündigung und machte Schadensersatzansprüche geltend.
Die Beklagte zu 1 erhob Widerklage auf Zahlung einer Rückbaupauschale.
Der BGH hob das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) auf und stellte die Entscheidung des Landgerichts (LG) wieder her, welches die Klage abgewiesen
und der Widerklage der Beklagten zu 1 stattgegeben hatte.
Der BGH entschied, dass die Kündigung des Mietverhältnisses durch die Beklagte zu 1 wirksam war.
Gemäß § 111 InsO hat der Erwerber eines vermieteten Grundstücks im Insolvenzverfahren ein Sonderkündigungsrecht.
Die Beklagte zu 1 war als Erwerberin der Grundstücke 9/18 und 9/19 berechtigt, den Mietvertrag zu kündigen.
Die Beklagte zu 2 war nicht Mitvermieterin, da das Grundstück 9/20 nicht Teil des Mietvertrags war.
§ 566 Abs. 1 BGB (Kauf bricht nicht Miete)
findet keine Anwendung auf bloße Nutzungsrechte an „Zwischenflächen“.
Der BGH betonte den Wortlaut des § 566 Abs. 1 BGB, wonach sich der Eintritt des Erwerbers in den Mietvertrag auf den „Mietgegenstand“ bezieht.
Der Mietgegenstand waren hier nur die Flächen auf den Grundstücken 9/18 und 9/19, nicht aber das Grundstück 9/20.
Die Gestattung der Nutzung des Grundstücks 9/20 zur Anlieferung begründete kein Mietverhältnis im Sinne des § 566 Abs. 1 BGB.
Der BGH wies auch die Argumentation des OLG zurück, dass der Erwerber eines Grundstücks in den Mietvertrag eintritt,
wenn die Nutzung des Grundstücks zu den Hauptleistungspflichten des Vermieters gehört.
Der Schutzzweck des § 566 Abs. 1 BGB erfordert keine Ausdehnung auf bloße Nutzungsrechte.
Zudem berücksichtigte der BGH die Interessen des Erwerbers, der nicht mit Pflichten aus einem Mietvertrag belastet werden darf, an dessen Abschluss er nicht beteiligt war.
Die Widerklage der Beklagten zu 1 auf Zahlung der Rückbaupauschale war begründet, da die Klägerin nach Beendigung des Mietverhältnisses zur Zahlung verpflichtet war.
Die Schadensersatzansprüche der Klägerin wurden abgewiesen, da die Kündigung des Mietverhältnisses durch die Beklagte zu 1 rechtmäßig war.
Die Entscheidung des BGH stellt klar, dass der Schutz des Mieters gemäß § 566 Abs. 1 BGB nicht so weit reicht,
dass er auch Nutzungsrechte an Grundstücken umfasst, die nicht explizit Gegenstand des Mietvertrags sind.
Diese Entscheidung ist von großer Bedeutung für die Praxis, da sie Rechtssicherheit für Erwerber von Grundstücken schafft und ihre Haftung für Mietverhältnisse begrenzt.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.