Kein Verzicht auf Urlaub durch gerichtlichen Vergleich

Juni 5, 2025

Kein Verzicht auf Urlaub durch gerichtlichen Vergleich: Wichtige Entscheidung für Arbeitnehmer

Das Bundesarbeitsgericht hat klargestellt: Ein Arbeitnehmer kann auch durch einen gerichtlichen Vergleich nicht auf seinen gesetzlichen Mindesturlaub verzichten.

Diese Entscheidung stärkt die Rechte von Arbeitnehmern erheblich, insbesondere wenn sie aufgrund von Krankheit ihren Urlaub nicht nehmen können.

Der Fall: Urlaub trotz Krankheit und Abfindungsvergleich

Es ging um den Fall eines Betriebsleiters, der von Januar 2019 bis April 2023 bei einem Unternehmen beschäftigt war. Im Jahr 2023 war er durchgehend krank und konnte seinen Urlaub daher nicht nehmen. Im März 2023 schlossen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich. Darin wurde die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. April 2023 gegen Zahlung einer Abfindung von 10.000 Euro vereinbart.

Eine Klausel im Vergleich besagte: „Urlaubsansprüche sind in natura gewährt.“ Das bedeutet, es wurde so getan, als hätte der Arbeitnehmer seinen Urlaub bereits genommen.

Obwohl die Anwältin des Arbeitnehmers Bedenken äußerte, dass man auf den gesetzlichen Mindesturlaub nicht verzichten kann, stimmte sie dem Vergleich zu.

Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses forderte der Arbeitnehmer die Abgeltung von sieben Tagen gesetzlichen Mindesturlaubs aus dem Jahr 2023, also die Auszahlung des Urlaubs, den er wegen seiner Krankheit nicht nehmen konnte.

Er argumentierte, dass der Verzicht auf den Mindesturlaub im gerichtlichen Vergleich unwirksam sei. Die unteren Gerichte gaben ihm Recht, und das Bundesarbeitsgericht bestätigte dies nun.

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts: Schutz des gesetzlichen Mindesturlaubs

Das Bundesarbeitsgericht stellte klar, dass der Arbeitnehmer Anspruch auf die Abgeltung seines nicht genommenen gesetzlichen Mindesturlaubs aus dem Jahr 2023 hat. Die Klausel im gerichtlichen Vergleich, wonach Urlaubsansprüche bereits gewährt seien, ist unwirksam.

Warum? Weil man den gesetzlichen Mindesturlaub nicht im Voraus ausschließen oder einschränken darf. Dies gilt auch dann, wenn bei Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs bereits feststeht, dass der Arbeitnehmer den Urlaub wegen Krankheit nicht mehr nehmen kann.

Kein Verzicht auf Urlaub durch gerichtlichen Vergleich

Der gesetzliche Mindesturlaub ist ein grundlegendes Recht, das in Deutschland durch das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) und auf europäischer Ebene durch eine EU-Richtlinie geschützt wird.

Nach diesen Vorschriften darf der bezahlte Mindesturlaub – außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses – nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden.

Das bedeutet, während das Arbeitsverhältnis noch besteht, darf ein Arbeitnehmer weder gegen noch ohne finanziellen Ausgleich auf seinen gesetzlichen Mindesturlaub verzichten.

Kein „Tatsachenvergleich“ und kein Vertrauensschutz für Arbeitgeber

Die Beklagte versuchte zu argumentieren, dass es sich um einen „Tatsachenvergleich“ handele, bei dem Unsicherheiten über die tatsächlichen Voraussetzungen eines Anspruchs durch gegenseitiges Nachgeben ausgeräumt werden.

Dies lehnte das Gericht jedoch ab. Angesichts der durchgehenden Arbeitsunfähigkeit des Klägers gab es keine Unsicherheit über die tatsächlichen Voraussetzungen des Urlaubsanspruchs.

Auch der Einwand der Beklagten, der Kläger dürfe sich nicht auf die Unwirksamkeit der Regelung berufen, weil es treuwidrig wäre, blieb erfolglos.

Das Bundesarbeitsgericht stellte klar, dass die Beklagte nicht auf den Bestand einer offensichtlich rechtswidrigen Regelung vertrauen durfte.


Diese Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 3. Juni 2025 – 9 AZR 104/24) ist ein wichtiges Signal für alle Arbeitnehmer: Ihr gesetzlicher Mindesturlaub ist umfassend geschützt und kann nicht einfach durch eine Vereinbarung, selbst in einem gerichtlichen Vergleich, ausgehebelt werden.

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Kanzlei Krau hilft und berät – RA und Notar Krau

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 3. Juni 2025 – 9 AZR 104/24 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 11. April 2024 – 7 Sa 516/23 –

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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