Kein Wege­recht trotz jahr­zehn­te­langer Übung

Mai 29, 2025

Kein Wege­recht trotz jahr­zehn­te­langer Übung

BGH Beschluss vom 24.01.2020, Az. V ZR 155/18

RA und Notar Krau

Sie kennen das sicher: Manchmal läuft über Jahrzehnte alles reibungslos mit den Nachbarn.

Doch plötzlich gibt es Streit, wo vorher Einigkeit herrschte.

Genau so erging es Nachbarn, die ihre Garagenzufahrt immer über das Grundstück des anderen nutzten.

Dann machte der Nachbar dicht. Durfte er das? Musste er die Nutzung der Zufahrt weiterhin dulden, weil es seit Ewigkeiten so war?

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dazu eine klare Antwort gegeben: Nein.

Kein Gewohnheitsrecht für den Nachbarschaftsweg

Oftmals denken wir, was lange Bestand hat, wird schon rechtens sein. Im deutschen Recht gibt es tatsächlich das Gewohnheitsrecht.

Das ist eine Art ungeschriebenes Gesetz, das durch jahrelange, allgemeine Übung und die Überzeugung entsteht, dass dies so sein muss.

Doch der BGH hat nun entschieden: Ein Wegerecht – also das Recht, ein fremdes Grundstück zu überqueren – kann nicht einfach durch Gewohnheit zwischen Nachbarn entstehen.

Es gibt nur drei Wege, wie ein solches Recht zustande kommt:

Es steht im Grundbuch eingetragen. Das Grundbuch ist wie ein Personalausweis für Grundstücke. Dort stehen alle wichtigen Rechte und Pflichten.

Es gibt eine vertragliche Vereinbarung. Die Nachbarn haben sich also schriftlich darauf geeinigt.

Ein Gesetz schreibt es vor.

Was war passiert?

Drei Nachbarn nutzten über 30 Jahre lang eine Zufahrt über das Grundstück eines vierten Nachbarn, um zu ihren Garagen zu gelangen.

Kein Wege­recht trotz jahr­zehn­te­langer Übung

Auch Mülltonnen und ein gewerbliches Lager befanden sich dort. Eine Vereinbarung hatten sie mündlich getroffen. Im Grundbuch war das Wegerecht aber nie eingetragen.

Der vierte Nachbar kündigte 2016 den „Leihvertrag“ und begann, ein Tor zu bauen. Die betroffenen Nachbarn klagten.

Sie meinten: Die Garagen gibt es seit den 1940er Jahren, die Nutzung ist seit Langem belegt. Das müsse doch reichen!

OLG Köln lag falsch, BGH stellt klar

Das Oberlandesgericht (OLG) Köln gab den klagenden Nachbarn zunächst recht. Es sah ein Wegerecht durch Gewohnheit. Doch der BGH in Karlsruhe korrigierte diese Ansicht.

Der BGH stellte klar: Gewohnheitsrecht entsteht nur für allgemeine Regeln, die für viele gelten. Es ist keine Lösung für einzelne Fälle zwischen spezifischen Nachbarn.

Das Wegerecht ist ein gutes Beispiel dafür. Es kann nicht durch jahrzehntelange Übung auf ein einzelnes Nachbarschaftsverhältnis beschränkt entstehen.

Was ist mit einem Notwegerecht?

Der BGH schickte den Fall zurück nach Köln. Das OLG muss jetzt prüfen, ob den Nachbarn ein sogenanntes Notwegerecht zusteht.

Ein Notwegerecht kann entstehen, wenn ein Grundstück nicht anders erreichbar ist.

Dafür gibt es klare gesetzliche Vorgaben im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 917 BGB).

Allerdings kann ein Notwegerecht hier schwierig werden.

Die Garagen sind baurechtlich wohl nicht genehmigt und auch nicht genehmigungsfähig. Das könnte dem Notwegerecht entgegenstehen.

Für die gewerbliche Nutzung des Grundstücks könnte es aber anders aussehen.

Unser Rat

Dieser Fall zeigt deutlich: Verlassen Sie sich bei wichtigen Rechten an Grundstücken nicht auf mündliche Absprachen oder Gewohnheiten.

Sichern Sie sich ab! Lassen Sie Vereinbarungen ins Grundbuch eintragen.

Das schafft klare Verhältnisse und erspart Ihnen und Ihren Nachbarn viel Ärger und teure Gerichtsverfahren.

RA und Notar Krau

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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