Keine Ablehnung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung zu einer Erbausschlagungserklärung wegen Ablaufs der Ausschlagungsfrist

November 5, 2025

Keine Ablehnung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung zu einer Erbausschlagungserklärung wegen Ablaufs der Ausschlagungsfrist

LG Köln (1. Zivilkammer), Beschluss vom 14.12.2023 – 1 T 271/23

Der Fall: Erbe ausschlagen – Wer entscheidet wann?

Es geht um einen Beschluss des Landgerichts Köln (LG Köln) vom 14. Dezember 2023, der sich mit der betreuungsgerichtlichen Genehmigung einer Erbausschlagung befasst.

Worum ging es konkret?

  1. Die Situation: Eine betreute Person war erbberechtigt, weil ihr Ehemann gestorben war. Eine Berufsbetreuerin kümmerte sich um ihre Angelegenheiten.
  2. Die Handlung: Die betreute Person bat die Betreuerin, das Erbe auszuschlagen (anzunehmen, weil das Erbe vielleicht überschuldet war oder aus anderen Gründen unerwünscht ist). Die Betreuerin gab am 22. Mai 2023 die Erbausschlagungserklärung beim zuständigen Amtsgericht ab.
  3. Die Genehmigung: Nach deutschem Recht braucht ein Betreuer für eine solche wichtige Erklärung, die vor Gericht abgegeben wird, die nachträgliche Genehmigung des Betreuungsgerichts (quasi ein „Okay“ vom Gericht). Die Betreuerin beantragte diese Genehmigung – sie behauptet, sie hätte das noch am selben Tag per Fax geschickt, aber das Fax kam beim Gericht nie an.
  4. Die Ablehnung: Der zuständige Rechtspfleger lehnte die Genehmigung später ab. Die Begründung: Der Antrag sei nicht innerhalb der sechswöchigen Frist für die Erbausschlagung beim Gericht eingegangen.
  5. Die Beschwerde: Die Betreuerin legte Beschwerde gegen diese Ablehnung ein.

Die Entscheidung des Landgerichts Köln (LG Köln)

Das Landgericht Köln gab der Betreuerin Recht und erteilte die Genehmigung zur Erbausschlagung.

Die Kernbotschaft des LG Köln ist kurz und knackig:

Das Betreuungsgericht hat sich nicht um die Erbausschlagungsfrist zu kümmern!

Keine Ablehnung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung zu einer Erbausschlagungserklärung wegen Ablaufs der Ausschlagungsfrist

Die zwei zentralen Argumente:

1. Es geht nur um den Willen der betreuten Person (Der „Willensvorrang“)

  • Das Betreuungsgericht soll im Genehmigungsverfahren lediglich prüfen, ob die Ausschlagung dem Wunsch der betreuten Person entspricht ($ 1821 Abs. 2 BGB).
  • Da die Betreuerin mitteilte, dass die Betroffene sie ausdrücklich um die Ausschlagung gebeten hatte, war dieser Wunsch feststehend und die Genehmigung musste erteilt werden. Das Gericht hat nicht zu beurteilen, ob der Wunsch klug oder strategisch sinnvoll ist, sondern ob er vorhanden ist.

2. Die Fristenfrage ist Sache eines anderen Gerichts (Das „Prozessgericht“)

  • Das LG Köln stellt klar: Es ist nicht die Aufgabe des Betreuungsgerichts, zu entscheiden, ob die gesetzliche Frist von sechs Wochen für die Erbausschlagung ($ 1944 BGB) eingehalten wurde.
  • Das Betreuungsgericht darf die Genehmigung nicht deshalb verweigern, weil es meint, die Frist sei abgelaufen.
  • Wichtig: Ob die Ausschlagung der Erbschaft am Ende wirklich wirksam war, muss im Streitfall ein Prozessgericht (z. B. im Rahmen eines Erbscheinsverfahrens) klären – nicht das Betreuungsgericht. Die Genehmigung durch das Betreuungsgericht sagt also nur: „Aus Sicht des Betreuungsrechts ist es okay,“ aber nicht: „Die Ausschlagung ist damit definitiv wirksam.“

Fazit für Laien – Was bedeutet das?

Der Beschluss ist ein wichtiges Signal zur Aufgabenverteilung innerhalb der Justiz:

  • Betreuungsgericht: Prüft den Willen und das Wohl der betreuten Person. War es ihr Wunsch? Dann wird genehmigt.
  • Prozessgericht/Nachlassgericht: Prüft die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts – also, ob alle formalen Anforderungen (wie z. B. die Einhaltung der 6-Wochen-Frist) eingehalten wurden.

Merke: Die Genehmigung des Betreuungsgerichts ist kein Freifahrtschein für die Wirksamkeit der Ausschlagung, sondern nur die Bestätigung, dass die betreute Person dies so wollte. Die Frage nach der Frist muss im Zweifel an anderer Stelle geklärt werden. Es ist wie bei einem Führerschein: Das Betreuungsgericht erteilt die Erlaubnis zum Fahren, aber ob man zu schnell war, muss die Polizei (bzw. ein anderes Gericht) klären.

RA und Notar Krau

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