Keine Beratungspflicht Notar Sozialversicherungsrecht

Januar 12, 2025

Keine Beratungspflicht Notar Sozialversicherungsrecht

Urteil LG Bremen 4 O 124/23

RA und Notar Krau

Kernaussage:

Notare sind grundsätzlich nicht verpflichtet, Mandanten bei der Beurkundung von Gesellschaftsanteilsübertragungsverträgen

über mögliche sozialversicherungsrechtliche Folgen aufzuklären.

Sachverhalt:

  • Kläger: Familienunternehmen (GmbH) mit drei Gesellschafter-Geschäftsführern (A, B und Sohn C)
  • Beklagte: Erben des beurkundenden Notars und dessen ehemalige Berufshaftpflichtversicherung
  • 2002: A und B übertragen jeweils 10% ihrer GmbH-Anteile auf Sohn C.
  • 2006: C wird zum Geschäftsführer bestellt.
  • 2019: Betriebsprüfung mit Nachforderungen der Deutschen Rentenversicherung für A und B i.H.v. 77.860,44 EUR, da sie seit 2006 als abhängig Beschäftigte sozialversicherungspflichtig seien.
  • Kläger argumentiert: Notar hätte über den möglichen Statuswechsel aufklären müssen. A und B hätten die Anteile dann nicht übertragen.

Keine Beratungspflicht Notar Sozialversicherungsrecht

Entscheidung des LG Bremen:

Die Klage auf Feststellung eines Schadensersatzanspruchs aus Notarhaftung wurde abgewiesen.

Begründung:

  • Keine Pflichtverletzung des Notars:
    • § 17 I 1 BeurkG verpflichtet Notare zur Belehrung über die „rechtliche Tragweite“ des Geschäfts, d.h. über den Eintritt des rechtlichen Erfolgs und die unmittelbaren Rechtswirkungen.
    • Sozialversicherungsrechtliche Folgen sind mittelbare Folgen kraft Gesetzes und fallen nicht unter die Belehrungspflicht.
    • Keine erweiterte Beratungspflicht: A und B verlangten lediglich eine einfache Anteilsübertragung, keine umfassende Beratung zu Gestaltungsmöglichkeiten und Folgen der Unternehmensnachfolge.
    • Steuer- und sozialversicherungsrechtliche Beratung gehört nicht zum Kernbereich der notariellen Tätigkeit.
    • Keine Warnpflicht: Eine Warnpflicht besteht nur bei drohenden Schäden, die den Beteiligten nicht bewusst sind und sich aus der Urkunde oder deren Abwicklung ergeben.
    • Das abstrakte Risiko eines sozialversicherungsrechtlichen Statuswechsels reicht hierfür nicht aus.
    • Die Anteilsübertragung führt nicht automatisch zum Statuswechsel. Maßgeblich sind die Gesamtumstände (Gesellschaftsvertrag, Geschäftsführervertrag etc.).
    • Der Statuswechsel wurde zudem erst durch die spätere Bestellung von C zum Geschäftsführer ausgelöst.

Keine Beratungspflicht Notar Sozialversicherungsrecht

Fazit:

Das LG Bremen stellt klar, dass Notare keine umfassende Beratungspflicht hinsichtlich sozialversicherungsrechtlicher Folgen bei Anteilsübertragungen haben.

Die Entscheidung betont die Grenzen der notariellen Belehrungspflicht und verdeutlicht, dass Mandanten für die Klärung solcher Fragen

gegebenenfalls auf spezialisierte Berater (z.B. Steuerberater) zurückgreifen müssen.

RA und Notar Krau

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