Keine Beschwerdeberechtigung der Vorerben für die Löschung eines Nacherbenvermerks

April 23, 2025

Keine Beschwerdeberechtigung der Vorerben für die Löschung eines Nacherbenvermerks

RA und Notar Krau

Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hat mit Beschluss vom 18. November 2024 (Az.: 19 W 49/24 Wx) entschieden, dass Vorerben keine Antrags- und Beschwerdeberechtigung besitzen,

um die Löschung eines Nacherbenvermerks im Grundbuch zu beantragen, wenn die behauptete Unrichtigkeit des Grundbuchs

auf einem gutgläubigen lastenfreien Erwerb des Grundstücks durch einen Dritten beruht, der nach Ansicht der Vorerben erst nach ihrem Eigentumsverlust eingetreten sein soll.

Sachverhalt

Im vorliegenden Fall waren die Beteiligten zu 1 und 2 (B 1 und 2) als Erbengemeinschaft nach ihrer verstorbenen Mutter im Grundbuch für einen hälftigen Anteil an einem Grundstück eingetragen.

Sie waren nicht befreite Vorerben, und zugunsten der Nacherben war ein Nacherbenvermerk im Grundbuch eingetragen.

Dieser Vermerk nannte B 4 und 5 als Nacherben nach B 2 sowie B 6 und 7 als Nacherben nach B 1, wobei diese Aufzählung unvollständig war.

Tatsächlich waren die Abkömmlinge von B 1 und 2, zu denen die genannten Beteiligten gehörten, die Nacherben nach dem Tod der Mutter.

B 1 und 2 verkauften das Grundstück mit notariellem Vertrag vom 11. Juli 2023 an B 3.

Die Auflassung wurde erklärt, und die genannten Nacherben (B 4 bis 7) stimmten der Veräußerung und der Löschung des Nacherbenvermerks zu.

Der beurkundende Notar beantragte im Namen aller Beteiligten neben der Eigentumsumschreibung auch die Löschung des Nacherbenvermerks.

Das Grundbuchamt erließ eine Zwischenverfügung und wies darauf hin, dass die Nacherben im Erbschein nicht abschließend namentlich genannt seien.

Keine Beschwerdeberechtigung der Vorerben für die Löschung eines Nacherbenvermerks

Da zukünftige weitere Abkömmlinge nicht ausgeschlossen werden könnten und dies nicht urkundlich nachgewiesen sei, sei die Mitwirkung eines Pflegers für unbekannte Nacherben erforderlich.

Zum Vollzug bedürfe es daher der Zustimmung dieses Pflegers und der rechtskräftigen betreuungsgerichtlichen Genehmigung.

Daraufhin beantragte der Notar erneut die Löschung des Nacherbenvermerks und legte im Namen von B 1 und 2 Beschwerde ein, soweit das Grundbuchamt die Löschung für unzulässig hielt.

Zur Begründung wurde angeführt, dass der Käufer (B 3) das Grundstück gemäß § 892 Abs. 1 Satz 2, § 2113 Abs. 3 BGB gutgläubig lastenfrei erworben habe, also ohne die Beschränkung durch die Nacherbschaft.

Der Nacherbenvermerk sei daher wegen Unrichtigkeit zu löschen.

Die Eintragung der Nacherben im Grundbuch sei abschließend und maßgeblich, nicht der Erbschein.

Der öffentliche Glaube des Grundbuchs gehe dem des Erbscheins vor, was auch für die eingetragenen Nacherben gelten müsse, da die personenbezogene Eintragung sonst überflüssig wäre.

Ein gutgläubiger Erwerb ohne Nacherbenbindung sei nur bei positiver Kenntnis des Erwerbers von der Verfügungsbeschränkung ausgeschlossen.

Im Grundbuch seien lediglich die vier genannten Nacherben eingetragen, weitere Beschränkungen seien dem Käufer nicht bekannt gewesen.

Das Grundbuchamt legte die Sache dem OLG Karlsruhe zur Entscheidung vor.

Entscheidungsgründe des OLG Karlsruhe

Das OLG Karlsruhe wies die Beschwerde von B 1 und 2 als unzulässig zurück, da diesen die erforderliche Beschwerdeberechtigung fehle.

Fehlende Beschwerdeberechtigung der Vorerben

Das Gericht stellte zunächst klar, dass die Beschwerdeberechtigung im grundbuchrechtlichen Antragsverfahren nicht allein daraus folge,

dass das Grundbuchamt eine Zwischenverfügung auch gegenüber dem Beschwerdeführer erlassen habe.

Keine Beschwerdeberechtigung der Vorerben für die Löschung eines Nacherbenvermerks

Vielmehr sei gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 GBO erforderlich, dass dieser antragsberechtigt sei.

Bei einem Antrag auf Grundbuchberichtigung gemäß § 22 GBO sei antragsberechtigt, wessen Recht nicht oder nicht richtig eingetragen ist (der unmittelbar gewinnende Teil mit dem Berichtigungsanspruch

nach § 894 BGB) oder wer zu Unrecht eingetragen ist (der Buchberechtigte, der sein Recht durch die Berichtigung verliert).

Der im Grundbuch eingetragene Nacherbenvermerk beeinträchtige die dingliche Rechtsposition des Vorerben auch dann nicht, wenn dieser das Grundstück bereits an einen Erwerber übertragen habe.

Eine Unwirksamkeit der Übertragung gemäß § 2113 BGB trete erst mit dem Eintritt des Nacherbfalls ein.

Das bloße rechtliche Interesse des Vorerben, dass die mit dem Erwerber getroffenen schuldrechtlichen Vereinbarungen, die auch die Löschung des Nacherbenvermerks umfassten, uneingeschränkt vollzogen

würden, reiche nicht aus, um eine Antragsberechtigung nach § 13 Abs. 1 Satz 2 GBO und somit eine Beschwerdeberechtigung zu begründen.

Das OLG Karlsruhe widersprach der Ansicht des OLG Frankfurt, wonach diese Grundsätze erst nach Eintragung des Erwerbers im Grundbuch gälten

und der Veräußerer dadurch seine Beschwerdeberechtigung verliere.

Die Unwirksamkeit der Verfügung des Vorerben könne sowohl nach § 2113 Abs. 1 als auch Abs. 2 BGB erst mit dem Nacherbfall eintreten, wodurch die eigene Rechtsposition des Vorerben nicht mehr betroffen sei.

Zudem sei der Antrag auf Löschung des Nacherbenvermerks regelmäßig mit dem Verlust des Eigentums des Vorerben verbunden, sodass ihm kein Berichtigungsanspruch nach § 892 BGB mehr zustehen könne.

Der Bundesgerichtshof (BGH) habe bereits entschieden, dass das rechtliche Interesse des Vorerben an der Vollziehung einer schuldrechtlichen Vereinbarung

zur Löschung des Nacherbenvermerks keine Beschwerdebefugnis begründe.

Im vorliegenden Fall machten B 1 und 2 nicht geltend, dass der Nacherbenvermerk unrichtig sei, solange sie selbst als Miteigentümer im Grundbuch eingetragen seien.

Die Befugnis zur Veräußerung des Grundstücks an B 3 ergebe sich aus § 2112 BGB.

Die Argumentation der Beschwerdeführer stützte sich darauf, dass B 3 das Eigentum gutgläubig lastenfrei erworben habe und der Nacherbenvermerk deshalb unrichtig und zu löschen sei.

Dieser Argumentation liege jedoch ein bereits erfolgter Eigentumserwerb des B 3 zugrunde.

Mit dem Eigentumsverlust der Vorerben sei deren eigene dingliche Rechtsposition nicht mehr betroffen, sodass ihnen die Beschwerdeberechtigung fehle.

Keine Beschwerdeberechtigung der Vorerben für die Löschung eines Nacherbenvermerks

Auch ihr Interesse an der Vollziehung der schuldrechtlichen Vereinbarungen mit B 3 begründe keine Antrags- und somit keine Beschwerdeberechtigung.

Kein Nachweis der Rechtsstellung von Nacherben durch den Nacherbenvermerk

Unabhängig von der fehlenden Beschwerdeberechtigung wies das OLG Karlsruhe darauf hin, dass die Voraussetzungen für eine Löschung des Nacherbenvermerks nach § 22 GBO ohnehin nicht vorlägen.

Der Nacherbenvermerk sei nicht zu löschen, da die Unrichtigkeit der Eintragung nicht nachgewiesen sei. Ein gutgläubiger lastenfreier Erwerb des Eigentums durch B 3 sei nicht erfolgt.

Der gute Glaube des Erwerbers sei nicht dahingehend geschützt, dass die im Nacherbenvermerk genannten Personen die einzigen Nacherben seien und diese der Übertragung und Löschung zugestimmt hätten.

Vielmehr seien die Abkömmlinge von B 1 und 2 die Nacherben, sodass zukünftige weitere Abkömmlinge nicht ausgeschlossen werden könnten.

Der gemäß § 51 GBO eingetragene Nacherbenvermerk diene lediglich der Verlautbarung der Beschränkungen,

denen der Vorerbe hinsichtlich seiner eingetragenen Rechte unterliege, und sei im Hinblick auf den öffentlichen Glauben des Grundbuchs von besonderer Bedeutung.

Die Rechtsstellung des Nacherben werde durch diesen Vermerk jedoch nicht nachgewiesen.

Zweck der Vorschrift sei es, die Verfügungsbeschränkungen des Vorerben im Grundbuch für Dritte erkennbar zu machen und die Nacherben vor den Gefahren des öffentlichen Glaubens zu schützen.

Die Nacherbschaft begründe lediglich die Aussicht, unter bestimmten Voraussetzungen Erbe zu werden, und sei bereits nicht Gegenstand eines Erbscheins.

Dies gelte entsprechend für das Grundbuch.

In diesem Zusammenhang verwies das OLG Karlsruhe auf § 2113 Abs. 3 BGB, wonach die Vorschriften zugunsten derer, die Rechte von einem Nichtberechtigten ableiten,

auf Verfügungen von Vorerben über Grundstücke entsprechende Anwendung finden.

Da § 2113 BGB eine Verfügungsbeschränkung regele, gelte § 892 Abs. 1 Satz 2 BGB, der lediglich eine negative Richtigkeitsvermutung statuiere

(Nichtbestehen nicht eingetragener oder gelöschter Verfügungsbeschränkungen).

Eine positive Richtigkeitsvermutung für eingetragene Verfügungsbeschränkungen bestehe nicht.

Der Erwerber dürfe also nicht darauf vertrauen, dass eine eingetragene Verfügungsbeschränkung richtig sei.

Das Grundbuch informiere über die dingliche Rechtslage des Grundstücks, nicht aber detailliert über die Rechtsverhältnisse, die der Verfügungsbeschränkung des Eigentümers zugrunde lägen.

Fazit

Das OLG Karlsruhe bestätigte somit, dass Vorerben keine Beschwerdeberechtigung haben, die Löschung eines Nacherbenvermerks zu beantragen,

wenn die behauptete Unrichtigkeit auf einem erst nach dem Eigentumsverlust der Vorerben eingetretenen gutgläubigen Erwerb des Grundstücks durch einen Dritten beruht.

Zudem stellte das Gericht klar, dass der Nacherbenvermerk im Grundbuch keine positive Richtigkeitsvermutung

hinsichtlich der Richtigkeit und Vollständigkeit der genannten Nacherben genießt und nicht geeignet ist, die Rechtsstellung der Nacherben nachzuweisen.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

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Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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