Keine Betriebsaufgabe durch Erbteilung verpachteter Flächen
Gerne fasse ich das Urteil des Finanzgerichts Niedersachsen (FG Niedersachsen) vom 02.07.2013 – 15 K 265/11 zusammen.
Das Urteil klärt eine wichtige steuerrechtliche Frage für Erben von verpachteten landwirtschaftlichen Betrieben: Führt die Aufteilung des Betriebsvermögens im Rahmen einer Erbauseinandersetzung zwingend zur steuerpflichtigen Betriebsaufgabe?
Das Gericht verneinte dies, wenn die an die einzelnen Erben übertragenen Flächen jeweils groß genug sind, um theoretisch noch einen landwirtschaftlichen Betrieb zu bilden.
Ein Vater hatte seinen landwirtschaftlichen Betrieb bereits 1992 verpachtet (sog. ruhender Betrieb oder Verpachtungsbetrieb). Er gab gegenüber dem Finanzamt keine ausdrückliche Betriebsaufgabeerklärung ab, sondern erklärte sogar, dass der Betrieb vorerst nicht aufgegeben werden solle. Damit blieb das verpachtete Land steuerrechtlich weiterhin landwirtschaftliches Betriebsvermögen.
Nach dem Tod der Mutter (die den Betrieb vom Vater geerbt hatte) im Jahr 2009 wurden die beiden Kinder, Kläger und Beigeladene, Erben des Betriebs. Sie teilten den Grundbesitz unter sich auf, gemäß einer testamentarischen Anordnung:
Die Schwester erhielt den größten Teil der verpachteten Flächen zu Alleineigentum.
Der Bruder erhielt kleinere verpachtete Flächen sowie das Hofgrundstück (welches nicht verpachtet war).
Das Finanzamt sah in dieser Aufteilung im Rahmen der Erbauseinandersetzung eine Zerschlagung des Betriebs. Es forderte, dass die sogenannten stillen Reserven (die Wertsteigerung der Grundstücke seit der Überführung ins Betriebsvermögen) aufgedeckt und als steuerpflichtiger Aufgabegewinn (Gewinn aus Betriebsaufgabe) versteuert werden müssten.
Das FG Niedersachsen gab dem Kläger recht und entschied, dass keine Betriebsaufgabe vorlag.
Der Vater hatte 1992 durch die Verpachtung und das Fehlen einer ausdrücklichen Aufgabeerklärung lediglich eine Betriebsunterbrechung vorgenommen und vom sogenannten Verpächterwahlrecht Gebrauch gemacht (Entscheidung, den Betrieb als ruhenden Betrieb fortzuführen).
Die Verpachtung umfasste die wesentlichen Betriebsgrundlagen (Landflächen), auch wenn die Hofstelle nicht mitverpachtet war.
Weder die Beantragung der Altersrente noch die Löschung des Hofvermerks im Grundbuch (was nur erbrechtliche Gründe hatte) führten zu einer Betriebsaufgabe.
Das Gericht änderte seine frühere Rechtsprechung und folgte einer neueren Tendenz des Bundesfinanzhofs (BFH).
Die Erbengemeinschaft trat in die Rechtsstellung der Mutter als Verpächterin ein. Die Gefahr der Aufdeckung stiller Reserven besteht hier ebenso wie beim Erblasser.
Die Aufteilung des verpachteten Betriebsvermögens auf die einzelnen Erben (Erbauseinandersetzung) führte nicht zwingend zur Betriebsaufgabe, selbst wenn die Erben den ursprünglichen Betrieb nicht mehr in seiner alten Form wieder aufnehmen könnten.
Entscheidend ist, dass jeder Erbe Flächen erhielt, die die steuerrechtliche Mindestgröße eines landwirtschaftlichen Betriebs von 3.000 m² (0,3 Hektar) deutlich überstiegen.
Die Schwester erhielt ca. 3,14 Hektar.
Der Bruder erhielt ca. 0,5 Hektar verpachtete Fläche plus weitere Betriebsflächen.
Da beide Erben jeweils Flächen erhielten, die für die Fortführung eines eigenen (wenn auch verkleinerten) landwirtschaftlichen Betriebs (hier als Verpachtungsbetrieb) ausreichten, konnten sie das Verpächterwahlrecht fortführen. Eine Betriebsaufgabe war somit nicht erfolgt.
Dieses Urteil ist günstig für Erben von verpachteten landwirtschaftlichen Flächen. Es bedeutet:
Verpächterwahlrecht geht auf Erben über: Erben eines verpachteten landwirtschaftlichen Betriebs treten in die steuerliche Position des Erblassers ein und können den Betrieb als ruhenden Verpachtungsbetrieb fortführen, ohne die stillen Reserven sofort versteuern zu müssen.
Die Aufteilung der Betriebsflächen auf mehrere Erben (Realteilung) führt nicht automatisch zur Betriebsaufgabe, solange die einzelnen Teilstücke beim jeweiligen Erben noch die Mindestgröße für einen landwirtschaftlichen Betrieb erreichen (in der Regel 3.000 m²).
Kein Aufgabegewinn: Im entschiedenen Fall musste kein steuerpflichtiger Aufgabegewinn ermittelt werden, da die Erbauseinandersetzung nicht zur Zerschlagung des Betriebs führte, sondern zur Fortführung in geteilter Form.
Das Gericht ließ die Revision zu, weil es von einer früheren eigenen Entscheidung abwich und die Frage der zwingenden Betriebsaufgabe bei Erbteilung als grundsätzlich bedeutsam ansah.
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