Keine Ersatzerbschaftsteuerpflicht einer im Inland nichtrechtsfähigen ausländischen Familienstiftung

Oktober 31, 2025

Keine Ersatzerbschaftsteuerpflicht einer im Inland nichtrechtsfähigen ausländischen Familienstiftung

Gerne fasse ich das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 4. Juni 2025 (Az. II R 30/22) zur Ersatzerbschaftsteuerpflicht einer ausländischen Familienstiftung zusammen.

Urteil des Bundesfinanzhofs:

Keine Ersatzerbschaftsteuer für nichtrechtsfähige ausländische Familienstiftungen

Worum ging es? (Kurz gesagt)

Der Bundesfinanzhof (BFH) musste entscheiden, ob eine Schweizer Familienstiftung der sogenannten Ersatzerbschaftsteuer in Deutschland unterliegt, obwohl ihr satzungsmäßiger Sitz in der Schweiz liegt, sie aber tatsächlich von Deutschland aus verwaltet wurde.

Der Fall und das Problem

Die Stiftung:

Eine Familienstiftung wurde 1959 nach Schweizer Recht gegründet. Ihr satzungsmäßiger Sitz lag in der Schweiz. Ihr Zweck war die Unterstützung der Nachkommen der Stifterin.

Die Verwaltung:

Die Mitglieder des Stiftungsrates (die die Stiftung leiten) wohnten von Anfang an in Deutschland und führten die Geschäfte von Deutschland aus. Auch die Konten wurden in Deutschland geführt. Damit lag der tatsächliche Verwaltungssitz in Deutschland.

Die Ersatzerbschaftsteuer:

Das deutsche Erbschaftsteuergesetz sieht vor, dass das Vermögen einer Familienstiftung alle 30 Jahre so besteuert wird, als wäre ein Generationenwechsel eingetreten (sogenannte Ersatzerbschaftsteuer, § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG). Das soll verhindern, dass Vermögen über viele Generationen hinweg steuerfrei bleibt.

Die Steuerfestsetzung:

Das Finanzamt (FA) forderte die Stiftung zur Abgabe einer Steuererklärung auf und setzte daraufhin die Ersatzerbschaftsteuer fest.

Der Streitpunkt:

Das FA und das erstinstanzliche Finanzgericht waren der Meinung, die Stiftung sei steuerpflichtig, weil sie nach Schweizer Recht rechtsfähig sei und ihren Verwaltungssitz in Deutschland habe. Die Stiftung klagte dagegen.

Die Entscheidung des BFH

Der BFH gab der Stiftung Recht und hob den Steuerbescheid auf. Die Stiftung unterliegt nicht der Ersatzerbschaftsteuer in Deutschland.

1. Die zentrale Frage: Ist die Stiftung in Deutschland „rechtsfähig“?

Die Ersatzerbschaftsteuer ( § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG) bezieht sich nur auf rechtsfähige Stiftungen. Nur eine rechtsfähige Stiftung kann eigenes Vermögen besitzen, das dann alle 30 Jahre besteuert werden kann.

Keine Ersatzerbschaftsteuerpflicht einer im Inland nichtrechtsfähigen ausländischen Familienstiftung

Eine nichtrechtsfähige Stiftung hat kein eigenes Vermögen; das Vermögen gehört zivilrechtlich den dahinter stehenden Personen oder einem Treuhänder.

Für die Frage, ob eine ausländische Stiftung in Deutschland als rechtsfähig gilt, wird auf die Grundsätze des internationalen Gesellschaftsrechts zurückgegriffen.

2. Anwendung der „Sitztheorie“ (Verwaltungssitz)

Grundsätzlich gilt für Stiftungen aus Drittstaaten (wie der Schweiz, da sie kein EU-/EWR-Mitglied ist): Entscheidend ist, wo der tatsächliche Verwaltungssitz liegt (Sitztheorie).Da der Verwaltungssitz der Schweizer Stiftung von Anfang an in Deutschland lag, muss ihre Rechtsfähigkeit nach deutschem Recht beurteilt werden.

3. Ergebnis nach deutschem Recht:

Nicht rechtsfähig

Nach deutschem Stiftungsrecht ( §§ 80 ff. BGB) wird eine Stiftung erst durch die staatliche Anerkennung (durch eine Landesbehörde) rechtsfähig.

Da die Schweizer Stiftung keine solche Anerkennung in Deutschland erhalten hat, gilt sie in Deutschland als nichtrechtsfähige Stiftung.

4. Schlussfolgerung des BFH

Da die Stiftung in Deutschland als nichtrechtsfähig gilt, kann sie keine Familienstiftung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG sein, da diese Vorschrift nur für rechtsfähige Stiftungen gilt, die eigenes Vermögen halten können.

Zusammenfassende Begründung des BFH

Rechtsfähigkeit ist zwingend:

Nur rechtsfähiges Vermögen kann Gegenstand der Ersatzerbschaftsteuer sein.

Sitztheorie für die Schweiz:

Da die Schweiz ein Drittstaat ist, entscheidet der tatsächliche Verwaltungssitz. Dieser lag in Deutschland, weshalb deutsches Recht gilt.

Fehlende Anerkennung:

Nach deutschem Recht fehlte der Stiftung die konstitutive Anerkennung. Sie ist daher in Deutschland nicht rechtsfähig.

Keine Besteuerungslücke:

Der Zweck der Ersatzerbschaftsteuer (Steuervermeidung über Generationen) ist nicht betroffen. Bei einer nichtrechtsfähigen Stiftung wird das Vermögen ohnehin den dahinter stehenden Personen zugerechnet, deren Generationenwechsel regulär der Erbschaft- oder Schenkungsteuer unterliegt. Es entsteht also keine Steuerlücke.

Fazit

Das Urteil klärt, dass bei Familienstiftungen aus Nicht-EU-Ländern mit Verwaltungssitz in Deutschland die deutsche Rechtsfähigkeit (durch staatliche Anerkennung) für die Ersatzerbschaftsteuerpflicht entscheidend ist. Fehlt diese, liegt keine der Ersatzerbschaftsteuer unterliegende Familienstiftung vor.

RA und Notar Krau

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