Keine Ersatzerbschaftsteuerpflicht einer im Inland nichtrechtsfähigen ausländischen Familienstiftung
Gerne fasse ich das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 4. Juni 2025 (Az. II R 30/22) zur Ersatzerbschaftsteuerpflicht einer ausländischen Familienstiftung zusammen.
Keine Ersatzerbschaftsteuer für nichtrechtsfähige ausländische Familienstiftungen
Der Bundesfinanzhof (BFH) musste entscheiden, ob eine Schweizer Familienstiftung der sogenannten Ersatzerbschaftsteuer in Deutschland unterliegt, obwohl ihr satzungsmäßiger Sitz in der Schweiz liegt, sie aber tatsächlich von Deutschland aus verwaltet wurde.
Eine Familienstiftung wurde 1959 nach Schweizer Recht gegründet. Ihr satzungsmäßiger Sitz lag in der Schweiz. Ihr Zweck war die Unterstützung der Nachkommen der Stifterin.
Die Mitglieder des Stiftungsrates (die die Stiftung leiten) wohnten von Anfang an in Deutschland und führten die Geschäfte von Deutschland aus. Auch die Konten wurden in Deutschland geführt. Damit lag der tatsächliche Verwaltungssitz in Deutschland.
Das deutsche Erbschaftsteuergesetz sieht vor, dass das Vermögen einer Familienstiftung alle 30 Jahre so besteuert wird, als wäre ein Generationenwechsel eingetreten (sogenannte Ersatzerbschaftsteuer, § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG). Das soll verhindern, dass Vermögen über viele Generationen hinweg steuerfrei bleibt.
Das Finanzamt (FA) forderte die Stiftung zur Abgabe einer Steuererklärung auf und setzte daraufhin die Ersatzerbschaftsteuer fest.
Das FA und das erstinstanzliche Finanzgericht waren der Meinung, die Stiftung sei steuerpflichtig, weil sie nach Schweizer Recht rechtsfähig sei und ihren Verwaltungssitz in Deutschland habe. Die Stiftung klagte dagegen.
Der BFH gab der Stiftung Recht und hob den Steuerbescheid auf. Die Stiftung unterliegt nicht der Ersatzerbschaftsteuer in Deutschland.
Die Ersatzerbschaftsteuer ( § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG) bezieht sich nur auf rechtsfähige Stiftungen. Nur eine rechtsfähige Stiftung kann eigenes Vermögen besitzen, das dann alle 30 Jahre besteuert werden kann.
Eine nichtrechtsfähige Stiftung hat kein eigenes Vermögen; das Vermögen gehört zivilrechtlich den dahinter stehenden Personen oder einem Treuhänder.
Für die Frage, ob eine ausländische Stiftung in Deutschland als rechtsfähig gilt, wird auf die Grundsätze des internationalen Gesellschaftsrechts zurückgegriffen.
Grundsätzlich gilt für Stiftungen aus Drittstaaten (wie der Schweiz, da sie kein EU-/EWR-Mitglied ist): Entscheidend ist, wo der tatsächliche Verwaltungssitz liegt (Sitztheorie).Da der Verwaltungssitz der Schweizer Stiftung von Anfang an in Deutschland lag, muss ihre Rechtsfähigkeit nach deutschem Recht beurteilt werden.
Nach deutschem Stiftungsrecht ( §§ 80 ff. BGB) wird eine Stiftung erst durch die staatliche Anerkennung (durch eine Landesbehörde) rechtsfähig.
Da die Schweizer Stiftung keine solche Anerkennung in Deutschland erhalten hat, gilt sie in Deutschland als nichtrechtsfähige Stiftung.
Da die Stiftung in Deutschland als nichtrechtsfähig gilt, kann sie keine Familienstiftung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG sein, da diese Vorschrift nur für rechtsfähige Stiftungen gilt, die eigenes Vermögen halten können.
Nur rechtsfähiges Vermögen kann Gegenstand der Ersatzerbschaftsteuer sein.
Da die Schweiz ein Drittstaat ist, entscheidet der tatsächliche Verwaltungssitz. Dieser lag in Deutschland, weshalb deutsches Recht gilt.
Nach deutschem Recht fehlte der Stiftung die konstitutive Anerkennung. Sie ist daher in Deutschland nicht rechtsfähig.
Der Zweck der Ersatzerbschaftsteuer (Steuervermeidung über Generationen) ist nicht betroffen. Bei einer nichtrechtsfähigen Stiftung wird das Vermögen ohnehin den dahinter stehenden Personen zugerechnet, deren Generationenwechsel regulär der Erbschaft- oder Schenkungsteuer unterliegt. Es entsteht also keine Steuerlücke.
Das Urteil klärt, dass bei Familienstiftungen aus Nicht-EU-Ländern mit Verwaltungssitz in Deutschland die deutsche Rechtsfähigkeit (durch staatliche Anerkennung) für die Ersatzerbschaftsteuerpflicht entscheidend ist. Fehlt diese, liegt keine der Ersatzerbschaftsteuer unterliegende Familienstiftung vor.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.