Keine freie Widerruflichkeit der Stimmabgabe in der Gesellschafterversammlung
Das Urteil des Oberlandesgerichts München (OLG München) vom 5. April 2023 (Az. 7 U 6538/20) befasst sich mit der Frage,
ob eine Stimmabgabe in einer Gesellschafterversammlung widerrufen werden kann, insbesondere im Kontext eines schriftlichen Umlaufverfahrens.
Im Mittelpunkt des Falles stand der Beschluss einer Kommanditgesellschaft (KG) über den Verkauf einer Immobilie, wobei einige Gesellschafter ihre abgegebenen Stimmen nachträglich ändern wollten.
Die Beklagte, eine KG, deren Treugeber die Klägerin ist, führte ein schriftliches Umlaufverfahren zur Abstimmung über den Verkauf einer Immobilie durch.
Einige Treugeber änderten ihre ursprünglich abgegebenen Ja-Stimmen nachträglich in Nein-Stimmen.
Das OLG München entschied, dass diese nachträglichen Änderungen der Stimmabgabe unbeachtlich sind.
Das Gericht stellte fest, dass die Stimmabgabe eine Willenserklärung im Sinne von § 130 Abs. 1 BGB darstellt.
Nach dieser Vorschrift wird eine Willenserklärung wirksam, wenn sie dem Empfänger zugeht.
Ein Widerruf ist grundsätzlich nicht mehr möglich, sobald die Erklärung zugegangen ist.
Das OLG München wies die Argumente zurück, die eine freie Widerruflichkeit der Stimmabgabe befürworten, insbesondere unter Berufung auf frühere Entscheidungen des Reichsgerichts (RG).
Das Gericht betonte, dass die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) in neueren Entscheidungen, insbesondere in Bezug auf Präsenzabstimmungen in
Wohnungseigentümerversammlungen, eine andere Richtung eingeschlagen hat.
Die Stimmabgabe ist eine Willenserklärung, die mit Zugang beim Empfänger wirksam wird.
§ 130 Abs. 1 BGB:
Diese Norm findet Anwendung und schließt einen Widerruf nach Zugang aus.
Das Gericht lehnte eine freie Widerruflichkeit ab, unabhängig davon, ob wichtige Gründe für eine Änderung des Abstimmungsverhaltens vorliegen.
Für den Zugang der Stimmerklärung ist der Versammlungsleiter maßgeblich.
Die Ausnahmevorschrift des § 873 Abs. 2 BGB, die sich auf dingliche Einigungen bei Grundstücksgeschäften bezieht, ist nicht auf Stimmabgaben in Gesellschafterversammlungen anwendbar.
Das Urteil des OLG München hat wichtige Auswirkungen auf die Praxis von Gesellschafterversammlungen, insbesondere bei schriftlichen Umlaufverfahren.
Es stellt klar, dass Gesellschafter an ihre einmal abgegebenen Stimmen gebunden sind und diese nicht nachträglich ändern können.
Dies trägt zur Rechtssicherheit bei und fördert die Effizienz von Entscheidungsprozessen in Gesellschaften.
Obwohl das Urteil die herrschende Meinung zur Anwendung von § 130 Abs. 1 BGB auf Stimmabgaben bestätigt, bleibt die Frage der Widerruflichkeit bei Vorliegen wichtiger Gründe umstritten.
Das OLG München sieht die Möglichkeit der Anfechtung von Beschlüssen als ausreichend an, um die Interessen der Gesellschafter zu schützen.
Die Revision gegen dieses Urteil wurde beim BGH unter dem Az. II ZR 64/23 eingelegt.
Es ist daher noch keine Rechtskraft eingetreten.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.