Keine Gegenvorstellung gegen eine Kostenentscheidung im Rahmen des Erbscheins-Beschwerdeverfahrens

Oktober 4, 2025

Keine Gegenvorstellung gegen eine Kostenentscheidung im Rahmen des Erbscheins-Beschwerdeverfahrens

Diese Zusammenfassung erläutert den Beschluss des OLG Köln vom 30.09.2013 (Az.: 2 Wx 198/13), der sich mit Fragen der Kostenentscheidung in einem Erbscheins-Beschwerdeverfahren befasst.

Der Kern des Urteils: Unzulässigkeit der Gegenvorstellung

Das Oberlandesgericht (OLG) Köln entschied, dass die sogenannte Gegenvorstellung gegen eine Kostenentscheidung in einem Erbscheins-Beschwerdeverfahren unzulässig ist.

Was ist eine Gegenvorstellung?

Die Gegenvorstellung ist ein Rechtsbehelf, mit dem ein Beteiligter versucht, das Gericht dazu zu bewegen, seine eigene, bereits getroffene Entscheidung noch einmal zu überprüfen und abzuändern.

Warum ist sie unzulässig?

Das deutsche Verfahrensrecht, insbesondere das FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit), sieht diesen Rechtsbehelf gegen Kostenentscheidungen im Beschwerdeverfahren nicht vor.

Das Gericht betonte den Grundsatz der Rechtsmittelklarheit, der besagt, dass nur die im Gesetz ausdrücklich vorgesehenen Rechtsmittel zulässig sind.

Eine Gegenvorstellung wäre nur denkbar, wenn das Gericht die Befugnis hätte, seine Entscheidung von Amts wegen (also aus eigenem Antrieb) nachträglich zu ändern. Dies ist bei einer einmal getroffenen Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren jedoch nicht der Fall. Die Entscheidung ist für das Gericht selbst bindend.

Kosten und Gegenstandswert: Was zählt?

Die Beteiligte, die die Gegenvorstellung einlegte und die Kosten tragen sollte, argumentierte, dass ihre Verpflichtung zur Kostenübernahme ungerecht sei. Das OLG wies diese Argumentation jedoch zurück und stellte klar, welche Maßstäbe für die Kostenentscheidung gelten.

Die Kostenentscheidung folgt der Billigkeit

Die Entscheidung, wer die Kosten eines gerichtlichen Verfahrens trägt, richtet sich im Erbscheinsverfahren nach Billigkeitsgrundsätzen gemäß §81 FamFG. Das bedeutet, das Gericht entscheidet nach fairem Ermessen, wer die Kosten tragen muss.

Das geringere wirtschaftliche Interesse zählt nicht

Die Beteiligte, der die Kosten auferlegt wurden, war lediglich eine Vermächtnisnehmerin (sie sollte nur einen bestimmten Geldbetrag von 10.000 € erhalten) und nicht Haupterbin. Sie argumentierte, ihr wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Verfahrens sei daher gering.

Keine Gegenvorstellung gegen eine Kostenentscheidung im Rahmen des Erbscheins-Beschwerdeverfahrens

Entscheidung des OLG:

Das Gericht befand, dass das geringere wirtschaftliche Interesse eines Beteiligten kein Kriterium für die Kostenentscheidung ist.

Begründung:

Entscheidend ist, dass die Beteiligte am Verfahren teilgenommen und sich aktiv gegen die Beschwerde gestellt hat. Der Streitgegenstand war der gesamte Antrag auf Erteilung eines Alleinerbscheins, und damit das gesamte Nachlassvermögen. Es spielt keine Rolle, dass sie selbst nur einen geringen Teilanspruch (ein Vermächtnis) hatte.

Gegenstandswert für Anwaltskosten

Die Beteiligte beantragte außerdem, den Gegenstandswert (also den Wert, nach dem sich die Anwaltsgebühren berechnen) für die Anwälte des Gegners auf maximal 50.000 € festzusetzen, um die Anwaltskosten zu begrenzen.

Entscheidung des OLG:

Dieser Antrag wurde ebenfalls abgelehnt.

Begründung:

Grundsätzlich richten sich die Anwaltskosten nach dem gleichen Wert, der auch für die Gerichtsgebühren maßgeblich ist. Da der Anwalt des Gegners im Verfahren den gesamten Antrag auf Erteilung des Alleinerbscheins verteidigt hat (der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit deckte sich also mit dem Gegenstand der gerichtlichen Tätigkeit), ist der vom Gericht für die Gerichtsgebühren festgesetzte Wert ($= $der geschätzte Nettonachlass) auch für die Berechnung der Anwaltskosten bindend. Eine künstliche Deckelung auf 50.000 € war daher nicht möglich.

Zusammenfassung für Laien

Dieser Beschluss ist wichtig, weil er zwei klare Regeln für Gerichtsverfahren im Erbrecht aufstellt:

Keine nachträgliche Anfechtung der Kosten:

Hat das Gericht im Beschwerdeverfahren entschieden, wer die Kosten trägt, kann man diese Entscheidung nicht mit einer sogenannten Gegenvorstellung angreifen. Das Gesetz sieht diesen Weg einfach nicht vor.

Umfang des Streits zählt:

Wer sich an einem Erbscheinsverfahren beteiligt, muss im Falle des Unterliegens die Kosten tragen, die sich nach dem Wert des gesamten Nachlasses richten. Es ist unerheblich, ob der Beteiligte selbst nur ein geringes wirtschaftliches Interesse (z. B. durch ein kleines Vermächtnis) hatte. Das Gericht entscheidet nach Billigkeit und berücksichtigt dabei die Rolle und das Verhalten des Beteiligten im gesamten Verfahren.

RA und Notar Krau

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