Keine Kostenerstattung bei kostenpflichtiger Zurückweisung des Erbscheinantrags
In einem Beschluss vom 29. Januar 2025 (IV ZB 2/24) hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass eine erstinstanzliche Kostenentscheidung in einem Nachlassverfahren, die sich lediglich auf die
„kostenpflichtige Zurückweisung“ eines Erbscheinsantrags beschränkt oder dem Antragsteller die „Kosten des Verfahrens“ auferlegt,
regelmäßig keine Anordnung zur Erstattung der notwendigen außergerichtlichen Aufwendungen anderer Beteiligter beinhaltet.
Dies gilt, sofern sich aus den Entscheidungsgründen keine abweichende Auslegung ergibt.
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Zwei von sieben Kindern des 1995 verstorbenen Erblassers stritten über die Erbfolge.
Das Amtsgericht (Nachlassgericht) wies den Antrag eines der Kinder (Antragsteller), einen Alleinerbschein zu erteilen, kostenpflichtig zurück.
Das andere Kind (Antragsgegner), das dem Antrag anwaltlich vertreten entgegengetreten war, beantragte daraufhin die Festsetzung
der ihm entstandenen Kosten (Rechtsanwaltsgebühren etc.) gegen den Antragsteller.
Das Nachlassgericht setzte diese Kosten fest. Auf die Beschwerde des Antragstellers hob das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf
diesen Kostenfestsetzungsbeschluss auf und wies den Antrag des Antragsgegners zurück.
Gegen diese Entscheidung legte der Antragsgegner Rechtsbeschwerde zum BGH ein, die jedoch erfolglos blieb.
Der BGH begründete seine Entscheidung maßgeblich damit, dass dem Tenor der Hauptsacheentscheidung
(„Der Erbscheinsantrag […] wird kostenpflichtig zurückgewiesen.“) keine Aussage zu den außergerichtlichen Aufwendungen des Antragsgegners zu entnehmen sei.
Für die Auslegung sei der Wortlaut der Kostenentscheidung unter Berücksichtigung der Entscheidungsgründe maßgeblich.
Die Formulierung in den Gründen, dass der Antragsteller die „Kosten des Verfahrens“ zu tragen habe, schließe die notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners nicht explizit ein.
Auch die unterschiedliche Bezeichnung der Beteiligten im Rubrum der Hauptsacheentscheidung (Antragsteller als „Ast. und Erbe“, Antragsgegner als „Ag. und Erbe“)
lasse keine Rückschlüsse auf die Auferlegung außergerichtlicher Kosten zu.
Der BGH stellte fest, dass die obergerichtliche Rechtsprechung und das Schrifttum in der Frage, ob eine „kostenpflichtige Zurückweisung“ regelmäßig
auch die Erstattung außergerichtlicher Kosten umfasse, uneinheitlich seien.
Einige Oberlandesgerichte interpretierten eine solche Kostenentscheidung unter Bezugnahme auf die Definition der „Kosten“ in § 80 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in
Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) so, dass sowohl Gerichts- als auch notwendige außergerichtliche Kosten erfasst seien.
Andere Ansichten lehnten dies ab und betonten die Besonderheiten des Verfahrens der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
insbesondere die flexible Kostenverteilung nach § 81 Abs. 1 FamFG im Rahmen einer Ermessensentscheidung.
Der BGH schloss sich der letztgenannten Auffassung an.
Er betonte, dass § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG dem Gericht ein weites Ermessen bei der Kostenverteilung einräume.
Zwar sei die Regelung des § 13a Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG a.F.),
wonach jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen habe, aufgegeben worden.
Fehle es jedoch an einer klaren Ermessensentscheidung des Gerichts zur Auferlegung der außergerichtlichen Kosten,
verbliebe es dabei, dass diese von demjenigen zu tragen seien, bei dem sie entstanden sind.
Anders als bei den Gerichtskosten, für die ohne gerichtliche Entscheidung gemäß § 22 Abs. 1 des Gerichtskosten- und Notarkostengesetzes (GNotKG) nur der Antragsteller hafte, bedürfe es für die
Auferlegung der Kosten weiterer Beteiligter einer begründeten Billigkeitsentscheidung des Gerichts, die alle relevanten Umstände berücksichtige.
Eine schlichte „kostenpflichtige“ Zurückweisung eines Antrags enthalte keine solche Ermessensausübung.
Der BGH argumentierte weiter, dass eine generelle Auslegung der „kostenpflichtigen Zurückweisung“ als Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten der starren Kostenregelung des § 91 der
Zivilprozessordnung (ZPO) entspräche, die im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit gerade nicht gelten solle. § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG ermögliche und gebiete vielmehr eine flexible Kostenverteilung.
Auch der Verweis auf die Definition der „Kosten“ in § 80 Satz 1 FamFG führe nicht zu einem anderen Ergebnis.
Zwar umfassten die Kosten neben den Gerichtskosten auch die notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
Jedoch sei auch der Wortlaut des § 81 FamFG zu berücksichtigen.
So beziehe sich die Möglichkeit des Gerichts, von der Erhebung „der Kosten“ abzusehen (§ 81 Abs. 1 Satz 2 FamFG), lediglich auf die Gerichtskosten, da das Gericht auf den Anfall außergerichtlicher Kosten keinen Einfluss habe.
Aus der bloßen Begriffsdefinition in § 80 Satz 1 FamFG lasse sich daher nicht ableiten, dass das Nachlassgericht mit der „Kostenpflicht“ auch die Erstattung außergerichtlicher Kosten anordnen wollte.
Schließlich wies der BGH das Argument zurück, die „kostenpflichtige“ Zurückweisung wäre sinnlos, bezöge sie sich nur auf die Gerichtskosten,
da die Haftung des Antragstellers hierfür ohnehin aus § 22 Abs. 1 GNotKG folge.
Der Ausspruch diene jedenfalls dazu, zu verdeutlichen, dass eine Kostenentscheidung getroffen wurde und somit einem Antrag auf Beschlussergänzung vorzubeugen.
Zudem stelle er klar, dass das Gericht nicht von der Möglichkeit des § 81 Abs. 1 Satz 2 FamFG Gebrauch gemacht habe, von der Kostenerhebung abzusehen.
Zusammenfassend stellte der BGH fest, dass eine erstinstanzliche Kostenentscheidung, die sich auf die „kostenpflichtige Zurückweisung“ eines Erbscheinsantrags beschränkt, ohne weitere Ausführungen in den
Entscheidungsgründen regelmäßig keine Verpflichtung zur Erstattung der außergerichtlichen Kosten anderer Beteiligter begründet.
Für eine solche Erstattung bedarf es einer ausdrücklichen und begründeten Ermessensentscheidung des Gerichts gemäß § 81 Abs. 1 FamFG.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.