Keine Kündigung des Nießbrauchs nach § 314 I BGB bei Verletzung der Pflichten aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis

März 27, 2025

Keine Kündigung des Nießbrauchs nach § 314 I BGB bei Verletzung der Pflichten aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis

RA und Notar Krau

In einem Urteil vom 21. Januar 2022 (V ZR 233/20) hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass ein Nießbrauch gemäß § 314 Abs. 1 BGB nicht kündbar ist,

wenn Pflichten aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis verletzt werden.

Allerdings kann das dem Nießbrauch zugrunde liegende Kausalgeschäft unter bestimmten Umständen gekündigt werden.

Sachverhalt

Die Klägerin hatte ihrem ehemaligen Lebensgefährten, dem Beklagten, ein lebenslanges Nießbrauchsrecht an ihrem Grundstück eingeräumt.

In der notariellen Vereinbarung wurde festgehalten, dass der Beklagte sämtliche Lasten des Grundstücks sowie ein monatliches Entgelt in Höhe von 370 € zu tragen habe.

Später wurde das monatliche Entgelt auf 1 € reduziert. Der Beklagte zahlte ab 2012 keine Grundsteuer mehr.

Die Klägerin forderte ihn daraufhin auf, seine Verpflichtungen zu erfüllen, und erklärte gleichzeitig die Kündigung des Vertragsverhältnisses.

Keine Kündigung des Nießbrauchs nach § 314 I BGB bei Verletzung der Pflichten aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis

Entscheidung des BGH

Der BGH stellte fest, dass der Nießbrauch selbst nicht gemäß § 314 Abs. 1 BGB gekündigt werden kann, da er kein Dauerschuldverhältnis darstellt. Jedoch sei das dem Nießbrauch zugrunde liegende

Kausalgeschäft (z.B. ein Kauf- oder Schenkungsvertrag) grundsätzlich kündbar, wenn der Nießbraucher die vereinbarte Gegenleistung nicht erbringe.

Im vorliegenden Fall hatte der Beklagte seine Pflichten aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis verletzt, indem er die Grundsteuer nicht zahlte.

Diese Pflichten seien jedoch nicht Teil des Kausalverhältnisses, sondern regelten lediglich das Verhältnis zwischen Eigentümer und Nießbraucher während des Bestehens des Nießbrauchs.

Daher berechtige die Verletzung dieser Pflichten die Klägerin nicht zur Kündigung des Nießbrauchs.

Anders verhalte es sich jedoch, wenn der Nießbraucher das vereinbarte laufende Entgelt nicht zahle. In diesem Fall könne der Eigentümer das Kausalverhältnis gemäß § 314 BGB kündigen,

da das Entgelt als Gegenleistung für die Bestellung des Nießbrauchs anzusehen sei.

Leitsätze des BGH

Der Nießbrauch und das mit seiner Bestellung entstehende gesetzliche Schuldverhältnis sind nicht gemäß § 314 Abs. 1 BGB kündbar.

Ist in dem der Nießbrauchsbestellung zugrunde liegenden Kausalgeschäft die Zahlung eines wiederkehrenden Entgelts vereinbart und zahlt der Nießbraucher das Entgelt nicht,

kann der Eigentümer das Kausalverhältnis unter den weiteren Voraussetzungen des § 314 BGB kündigen und den Nießbrauch kondizieren.

Vereinbarungen, die das durch die Bestellung des Nießbrauchs entstehende gesetzliche Schuldverhältnis zwischen Nießbraucher und Eigentümer betreffen, sind von dem Kausalverhältnis zu unterscheiden.

Eine Verletzung dieser Pflichten berechtigt den Eigentümer nicht zur Beendigung des Nießbrauchs nach den Vorschriften des Leistungsstörungsrechts.

Keine Kündigung des Nießbrauchs nach § 314 I BGB bei Verletzung der Pflichten aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis

Bedeutung der Entscheidung

Das Urteil des BGH stellt klar, dass ein Nießbrauch nicht ohne Weiteres kündbar ist, auch wenn der Nießbraucher seine Pflichten verletzt.

Es verdeutlicht die Unterscheidung zwischen dem Nießbrauch selbst, dem gesetzlichen Schuldverhältnis und dem zugrunde liegenden Kausalgeschäft.

Dies kann Auswirkungen auf die Gestaltung von Nießbrauchsverträgen haben, insbesondere im Hinblick auf die Vereinbarung von Gegenleistungen und Pflichten des Nießbrauchers.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

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Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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