Keine Nachholung des Arbeitnehmerbeteiligungsverfahrens vor Eintragung der SE
BAG Beschluss vom 26.11.2024 – 1 ABR 37/20
Liebe Leserin, lieber Leser,
heute möchten wir, RA und Notar Krau, ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts beleuchten, das für viele Unternehmen und ihre Mitarbeiter wichtig ist.
Es geht um die Frage, ob man ein Verfahren zur Beteiligung von Arbeitnehmern nachholen muss, wenn es bei der Gründung einer europäischen Aktiengesellschaft – der sogenannten SE (Societas Europaea) – vergessen wurde.
Die SE ist eine besondere Rechtsform für Unternehmen in Europa.
Sie soll es Firmen erleichtern, grenzüberschreitend tätig zu sein.
Ein wichtiger Aspekt bei der Gründung einer SE ist die Beteiligung der Arbeitnehmer.
Das bedeutet, dass Mitarbeiter oder deren Vertretungen (zum Beispiel Betriebsräte) bei wichtigen Entscheidungen des Unternehmens mitreden können.
Das Gesetz sieht vor, dass darüber normalerweise vor der Eintragung der SE in ein Register verhandelt wird.
In dem Fall, über den das Gericht entschieden hat, ging es um eine Holding SE. Diese wurde gegründet, obwohl die Gründungsfirmen keine einzigen Mitarbeiter hatten.
Auch gab es keine Tochtergesellschaften mit Angestellten. Daher fanden damals keine Verhandlungen über eine Arbeitnehmerbeteiligung statt.
Später wurde die Holding SE Teil eines größeren Konzerns mit vielen Mitarbeitern in verschiedenen europäischen Ländern.
Der Konzernbetriebsrat wollte dann, dass die Verhandlungen über die Arbeitnehmerbeteiligung nachgeholt werden.
Er forderte die Bildung eines speziellen Gremiums und umfassende Informationen.
Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass die Verhandlungen nicht nachgeholt werden müssen. Warum?
Das Gericht stellte fest, dass die bestehenden Gesetze (das SE-Beteiligungsgesetz) keinen Paragrafen haben,
der das Nachholen solcher Verhandlungen vorschreibt, wenn sie bei der Gründung einer „mitarbeiterlosen“ SE nicht stattgefunden haben.
Die Paragrafen, die ein Nachholen von Verhandlungen erlauben, setzen immer voraus, dass es bereits bei der Gründung ein solches Verhandlungsgremium gab oder Verhandlungen stattgefunden haben.
Man könnte denken, dass der Gesetzgeber hier etwas vergessen hat.
Das Gericht sah das anders. Es erklärte, dass das Fehlen einer solchen Regelung kein Versehen ist.
Es ist vielmehr eine bewusste Entscheidung der europäischen Gesetzgeber.
Sie haben entschieden, dass bei einer SE, die bei ihrer Gründung keine Mitarbeiter hat, auch keine Regeln für spätere Verhandlungen über die Beteiligung gelten.
Das ist ein Kompromiss, der bei der Schaffung der SE gefunden wurde.
Der Konzernbetriebsrat hatte auch argumentiert, dass die Gründung der SE ohne Arbeitnehmerbeteiligung ein Missbrauch sei.
Das Gesetz verbietet zwar, eine SE zu nutzen, um Arbeitnehmern Beteiligungsrechte zu entziehen.
Es sagt aber nicht, dass in einem solchen Fall das Beteiligungsverfahren nachgeholt werden muss. Stattdessen sieht das Gesetz andere Maßnahmen vor, wie zum Beispiel Strafen.
Der Gesetzgeber hat also bewusst verschiedene Wege gewählt, um Missbrauch zu verhindern, aber das Nachholen der Beteiligung ist in diesem Fall nicht vorgesehen.
Das Urteil macht deutlich: Wenn eine Europäische Gesellschaft (SE) bei ihrer Gründung keine Arbeitnehmer beschäftigt und deshalb keine Verhandlungen über deren Beteiligung stattfinden, muss
dieser Prozess später auch dann nicht nachgeholt werden, wenn das Unternehmen wächst und viele Mitarbeiter hinzukommen.
Dieses Urteil ist ein wichtiges Signal für alle, die mit europäischen Unternehmensformen zu tun haben. Es zeigt, wie wichtig es ist, die genauen Umstände bei der Gründung einer SE zu prüfen.
Haben Sie Fragen dazu oder benötigen Sie rechtliche Beratung? Wir helfen Ihnen gerne weiter.
Mit freundlichen Grüßen,
RA und Notar Krau
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.