Keine Pflichtteilsentziehung wegen Versagung Pflege

August 10, 2017
Keine Pflichtteilsentziehung wegen Versagung Pflege im Krankheitsfall
OLG Frankfurt a M 15 U 61/12
Urt. v. 29.10.2013
RA und Notar Krau

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat in seinem Urteil vom 29.10.2013 entschieden,

dass die Versagung persönlicher Pflege im Krankheitsfall keinen Grund für eine Pflichtteilsentziehung darstellt.

Sachverhalt:

Der Erblasser hatte in seinem Testament seine beiden Kinder enterbt und seine Lebensgefährtin als Alleinerbin eingesetzt.

Als Begründung gab er an, dass seine Ex-Frau und seine Kinder sich geweigert hätten, ihn nach einem Unfall zu pflegen.

Die Tochter des Erblassers klagte gegen die Enterbung und verlangte ihren Pflichtteil.

Keine Pflichtteilsentziehung wegen Versagung Pflege

Entscheidung:

Das OLG Frankfurt gab der Klage statt und sprach der Tochter ihren Pflichtteil zu.

Begründung:

  • Kein Entziehungsgrund: Die Versagung persönlicher Pflege im Krankheitsfall stellt keinen Grund für eine Pflichtteilsentziehung dar.

    • Unterhalt wird grundsätzlich als Geldleistung geschuldet.
    • Die im Testament genannte Verweigerung von Pflege und Hilfe erfüllt nicht den Tatbestand des § 2333 Abs. 1 Nr. 3 BGB, da die Tochter zum Zeitpunkt des Unfalls noch minderjährig und nicht unterhaltspflichtig war.
    • Die bloße Leistungsverweigerung reicht für eine böswillige Verletzung der Unterhaltspflicht nicht aus. Es muss zusätzlich eine verwerfliche Gesinnung vorliegen.
  • Keine Nachlassverbindlichkeiten: Die behaupteten Nachlassverbindlichkeiten im Zusammenhang mit der Pflege und den Darlehen wurden nicht anerkannt.

    • Es konnte nicht nachgewiesen werden, dass eine Vergütungsvereinbarung für die Pflegeleistungen existierte.
    • Die Darlehen waren im Innenverhältnis allein von der Tochter zurückzuzahlen und stellten daher keine Nachlassverbindlichkeit dar.
  • Kein Rechtsmissbrauch: Die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs war nicht rechtsmissbräuchlich.

Fazit:

Das Urteil des OLG Frankfurt verdeutlicht, dass die Versagung persönlicher Pflege im Krankheitsfall keinen Grund für eine Pflichtteilsentziehung darstellt.

Es stärkt damit die Rechte von pflichtteilsberechtigten Kindern, die von ihren Eltern enterbt wurden.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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