Keine Prüfung etwaiger Entlassungsgründe im Verfahren auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses

Oktober 5, 2025

Keine Prüfung etwaiger Entlassungsgründe im Verfahren auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses

Zusammenfassung des Beschlusses des Oberlandesgerichts (OLG) Hamburg vom 15.10.2013:

OLG Hamburg: Beschluss zur Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses (2 W 83/13)

Worum ging es?

Dieser Beschluss betrifft einen Streit im Erbrecht über die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses.

Die verstorbene Erblasserin hatte in ihrem Testament den Beteiligten zu 1) als Testamentsvollstrecker eingesetzt. Ein Miterbe, der Beteiligte zu 2), legte Beschwerde gegen die Entscheidung des Nachlassgerichts ein, die dem Testamentsvollstrecker (Beteiligter zu 1) das benötigte Zeugnis zusprechen wollte.

Der Miterbe erhob dabei schwere Vorwürfe gegen den Testamentsvollstrecker:

Mangelhafte Amtsführung.

Unvollständiges Nachlassverzeichnis (angeblich fehlten Bankkonten im Ausland).

Die Befürchtung, dass der Testamentsvollstrecker zum Nachteil der Erben handeln könnte.

Er beantragte, dem Testamentsvollstrecker einen „amtlichen“ Testamentsvollstrecker zur Kontrolle zur Seite zu stellen oder die gesamte Abwicklung einem solchen zu übertragen.

Die Kernfrage des Gerichts

Das OLG Hamburg musste entscheiden, ob das Nachlassgericht (Amtsgericht) das Testamentsvollstreckerzeugnis erteilen durfte, obwohl der Miterbe (Beteiligter zu 2) dem Testamentsvollstrecker (Beteiligter zu 1) schwere Fehler und Pflichtverletzungen vorwarf. Die zentrale Rechtsfrage war: Muss das Gericht im Verfahren zur Erteilung des Zeugnisses prüfen, ob Gründe für eine Entlassung des Testamentsvollstreckers vorliegen?

Die Entscheidung des OLG Hamburg

Das OLG wies die Beschwerde des Miterben als unbegründet zurück und bestätigte damit die Entscheidung des Nachlassgerichts.

Trennung der Verfahren:

Das Gericht stellte klar, dass das Verfahren zur Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses und ein mögliches Verfahren zur Entlassung des Testamentsvollstreckers (nach §2227 BGB) strikt voneinander getrennt werden müssen.

Was prüft man beim Zeugnis?

Für die Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses prüft das Gericht nur:

Die Wirksamkeit des Testaments.

Die Ernennung der Person zum Testamentsvollstrecker durch den Erblasser.

Die Annahme des Amtes durch die ernannte Person.

Ob das Amt bereits erloschen ist (z.B. durch Tod oder Ablauf der Frist).

Keine Prüfung etwaiger Entlassungsgründe im Verfahren auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses

Was prüft man NICHT beim Zeugnis?

Ob Gründe für eine spätere Entlassung des Testamentsvollstreckers vorliegen (z.B. eine schwere Pflichtverletzung), ist nicht relevant für die Erteilung des Zeugnisses. Die vom Miterben erhobenen Vorwürfe wegen unvollständiger Listen oder schlechter Amtsführung sind also im Zeugnisverfahren unbeachtlich.

Begründung:

Solange das Amt des Testamentsvollstreckers nicht offiziell durch eine richterliche Entscheidung aufgehoben wurde, ist die vom Erblasser eingesetzte Person weiterhin im Amt und hat einen Anspruch auf das Zeugnis. Das Zeugnis dient lediglich dazu, die Legitimation (Befugnis) des Testamentsvollstreckers nach außen zu beurkunden. Es bescheinigt nicht, dass die Amtsführung ordnungsgemäß ist. Die Vorwürfe des Miterben müssen daher in einem separaten Entlassungsverfahren geprüft werden.

Ablehnung des „amtlichen“ Testamentsvollstreckers:

Der Antrag des Miterben, einen „amtlichen“ Testamentsvollstrecker beizuordnen, wurde ebenfalls abgelehnt, da dies das Gesetz in diesem Fall (Testamentsvollstrecker wurde vom Erblasser selbst bestimmt) nicht vorsieht. Die Erblasserin hatte dies im Testament sogar ausdrücklich ausgeschlossen.

Fazit

Wenn jemand im Testament als Testamentsvollstrecker eingesetzt wurde und das Amt angenommen hat, bekommt er das entsprechende Zeugnis vom Gericht. Selbst wenn die Erben ihm Untreue oder Pflichtverletzung vorwerfen, muss das Zeugnis erteilt werden. Diese Vorwürfe führen nicht dazu, dass das Zeugnis verweigert wird. Die Erben müssen in diesem Fall ein separates Verfahren anstrengen, um den Testamentsvollstrecker entlassen zu lassen. Erst mit der wirksamen Entlassung endet sein Amt. Das Zeugnisverfahren und das Entlassungsverfahren sind zwei verschiedene Paar Schuhe.

RA und Notar Krau

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