Keine Übertragung der persönlichen Dienstbarkeit zur Wassergewinnung

Juni 29, 2025

Keine Übertragung der persönlichen Dienstbarkeit zur Wassergewinnung

RA und Notar Krau

Dieses Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 11. September 2017 (Aktenzeichen: 5 U 61/15) befasst sich mit einem Streit um das Recht, eine Pumpstation zur Wassergewinnung auf einem Privatgrundstück zu betreiben.

Der Fall:

Ein Grundstückseigentümer (Kläger) möchte verhindern, dass eine Wasserversorgungsgesellschaft (Beklagte) weiterhin eine Pumpstation auf seinem Land betreibt. Die Pumpstation wurde ursprünglich 1959 errichtet, basierend auf einem Vertrag zwischen dem damaligen Grundstückseigentümer und der damals zuständigen Gemeinde. Dieser Vertrag begründete eine sogenannte „beschränkt persönliche Dienstbarkeit“ – ein Recht, das einer bestimmten Person (hier der Gemeinde) erlaubt, etwas auf einem fremden Grundstück zu tun.

Die Gemeinde, die ursprünglich die Berechtigte der Dienstbarkeit war, wurde später in eine größere Stadt eingemeindet. Die Wasserversorgung wurde dann in einen Eigenbetrieb der Stadt überführt und später in die Beklagte umgewandelt. Die zentrale Frage war: Ist die Dienstbarkeit zur Wassergewinnung von der ursprünglichen Gemeinde wirksam auf die Beklagte übergegangen?

Die Entscheidung des Gerichts:

Das Gericht gab dem Kläger teilweise Recht und entschied, dass die Beklagte die Pumpstation nicht betreiben darf. Hier sind die Hauptgründe:

Gültigkeit der ursprünglichen Dienstbarkeit:

Das Gericht bestätigte, dass die ursprüngliche beschränkt persönliche Dienstbarkeit zugunsten der Gemeinde gültig war, auch wenn es kleinere Formfehler bei der Eintragung im Grundbuch gab. Diese Fehler hindern den rechtlichen Bestand der Dienstbarkeit nicht.

Übergang der Dienstbarkeit auf die Stadt:

Die Dienstbarkeit ging durch die Eingemeindung von der ursprünglichen Gemeinde auf die Stadt über. Dies geschah im Wege der sogenannten „Gesamtrechtsnachfolge“, was bedeutet, dass alle Rechte und Pflichten automatisch auf den Nachfolger übergehen.

Kein wirksamer Übergang auf die Beklagte (Wasserversorgungsgesellschaft):

Dies war der entscheidende Punkt. Die Dienstbarkeit ist nicht wirksam von der Stadt auf die Beklagte übergegangen, als der Eigenbetrieb in die Wasserversorgungsgesellschaft umgewandelt wurde.

Keine Übertragung der persönlichen Dienstbarkeit zur Wassergewinnung

Fehlende Spezifikation:

Eine Übertragung der Dienstbarkeit im Rahmen der Umwandlung (partielle Gesamtrechtsnachfolge) wäre nur möglich gewesen, wenn die Dienstbarkeit konkret in einer Vermögensübersicht aufgeführt worden wäre. Dies war hier nicht der Fall. Die allgemeinen Angaben in den Listen reichten nicht aus, um die Dienstbarkeit klar zu identifizieren.

Fehlende behördliche Erklärung:

Auch eine spätere, beabsichtigte Übertragung der Dienstbarkeit im Wege der „Einzelrechtsnachfolge“ scheiterte. Hierfür wäre die Zustimmung der zuständigen Landesbehörde (hier der Präsident des Landgerichts) erforderlich gewesen, die jedoch verweigert wurde, weil die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt waren.

Keine Ausnahme für Fortleitung von Wasser:

Das Gericht stellte klar, dass eine spezielle Ausnahme im Gesetz (§ 1092 Abs. 3 BGB), die eine vereinfachte Übertragung von Dienstbarkeiten für Versorgungsleitungen (wie Strom- oder Gasleitungen) ermöglicht, hier nicht anwendbar ist. Diese Ausnahme gilt nur für Anlagen, die der Fortleitung von Wasser dienen (z. B. Pumpen in einer Wasserleitung), nicht aber für Anlagen, die der Gewinnung von Wasser aus dem Boden dienen (wie die Brunnenanlage mit Pumpstation). Eine Brunnenanlage dient primär der Wassergewinnung, auch wenn das Wasser danach fortgeleitet wird.

Kein Eigentum des Klägers an der Pumpstation und kein Schadensersatz:

Das Gericht entschied ferner, dass der Kläger nicht Eigentümer der Pumpstation geworden ist, da diese nur zu einem vorübergehenden Zweck auf dem Grundstück errichtet wurde. Außerdem lehnte das Gericht Ansprüche des Klägers auf Auskunft, Rechnungslegung und Feststellung von Schadensersatz ab, da dem Kläger durch das Betreiben der Pumpstation kein ersichtlicher Schaden entstanden ist. Das Grundwasser gehört nicht dem Grundstückseigentümer, und der Kläger hatte keine Berechtigung zur Wassergewinnung oder zum Vertrieb.

Fazit:

Das Oberlandesgericht Hamm stellte fest, dass die Wasserversorgungsgesellschaft kein Recht hatte, die Pumpstation auf dem Grundstück des Klägers zu betreiben, weil die beschränkt persönliche Dienstbarkeit, die dies erlaubt hätte, nicht wirksam auf sie übertragen wurde. Der Kläger hat daher einen Anspruch auf Unterlassung des Betriebs der Pumpstation.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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