Keine Umdeutung unwirksamer Pflichtteilsverzichtsvertrag

Januar 8, 2025

Keine Umdeutung unwirksamer Pflichtteilsverzichtsvertrag

BGH IV ZR 263/23

Urteil vom 20.11.2024

RA und Notar Krau

Kernaussage:

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass ein unwirksamer Pflichtteilsverzichtsvertrag nicht in einen Erbschaftsvertrag umgedeutet werden kann.

Dies hat erhebliche Auswirkungen auf die Gültigkeit von Vereinbarungen im Erbrecht und unterstreicht die Bedeutung der Einhaltung formaler Vorschriften bei der Gestaltung solcher Verträge.

Sachverhalt:

Im vorliegenden Fall hatte ein Erblasser seine Tochter als Alleinerbin eingesetzt.

Zuvor hatte er mit seiner anderen Tochter und der Alleinerbin einen Vertrag geschlossen, der als Pflichtteilsverzichtsvertrag bezeichnet wurde.

Die andere Tochter verzichtete darin auf ihren Pflichtteil und erhielt dafür eine Abfindung.

Keine Umdeutung unwirksamer Pflichtteilsverzichtsvertrag

Der Vertrag war jedoch nichtig, da der Erblasser bei der Beurkundung nicht persönlich anwesend war, was nach § 2347 BGB zwingend vorgeschrieben ist.

Nach dem Tod des Erblassers machte die andere Tochter ihren Pflichtteil geltend.

Die Alleinerbin klagte daraufhin gegen den Notar, der den Vertrag beurkundet hatte, auf Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung.

Entscheidung des BGH:

Der BGH gab der Klage statt.

Der Notar hatte seine Amtspflicht verletzt, indem er den Pflichtteilsverzichtsvertrag ohne Anwesenheit des Erblassers beurkundete.

Dies führte zur Nichtigkeit des Vertrags.

Die Alleinerbin erlitt dadurch einen Schaden, da sie nun den Pflichtteil ihrer Schwester aus dem Nachlass zahlen musste.

Zentrale Punkte des Urteils:

Keine Umdeutung unwirksamer Pflichtteilsverzichtsvertrag

  • Keine Umdeutung in einen Erbschaftsvertrag: Der BGH stellte klar, dass der nichtige Pflichtteilsverzichtsvertrag nicht in einen Erbschaftsvertrag umgedeutet werden kann. Ein Erbschaftsvertrag hätte eine eindeutige Vereinbarung zwischen den Schwestern über den Verzicht auf den Pflichtteil nach dem Erbfall enthalten müssen. Dies war hier nicht der Fall.
  • Formvorschriften: Der BGH betonte die Bedeutung der Einhaltung der Formvorschriften bei erbrechtlichen Verträgen. Ein Pflichtteilsverzicht muss zwingend in Anwesenheit des Erblassers beurkundet werden. Andernfalls ist er nichtig.
  • Schadensersatzanspruch: Der BGH bestätigte den Schadensersatzanspruch der Alleinerbin gegen den Notar. Durch die Amtspflichtverletzung des Notars war der Alleinerbin ein Vermögensschaden entstanden, da sie nun den Pflichtteil ihrer Schwester aus dem Nachlass zahlen musste.
  • Verjährung: Der BGH stellte klar, dass der Schadensersatzanspruch der Alleinerbin nicht verjährt war. Der Anspruch entstand erst mit dem Erbfall, da erst zu diesem Zeitpunkt der Vermögensschaden tatsächlich eintrat.

Fazit:

Das Urteil des BGH unterstreicht die Bedeutung der Einhaltung formaler Vorschriften bei der Gestaltung von erbrechtlichen Verträgen.

Ein Verstoß gegen diese Vorschriften kann zur Nichtigkeit des Vertrags führen und erhebliche finanzielle Nachteile für die Beteiligten haben.

Im vorliegenden Fall musste die Alleinerbin aufgrund der fehlerhaften Beurkundung den Pflichtteil ihrer Schwester zahlen, obwohl diese eigentlich auf ihren Pflichtteil verzichtet hatte.

Keine Umdeutung unwirksamer Pflichtteilsverzichtsvertrag

Hinweise für die Praxis:

  • Bei der Gestaltung von erbrechtlichen Verträgen, insbesondere bei Pflichtteilsverzichtsverträgen, ist unbedingt auf die Einhaltung der Formvorschriften zu achten.
  • Es ist ratsam, sich bei der Gestaltung solcher Verträge von einem erfahrenen Notar beraten zu lassen.
  • Im Falle eines Verstoßes gegen die Formvorschriften kann der Vertrag nichtig sein und Schadensersatzansprüche gegen den beurkundenden Notar auslösen.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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