Keine „Weitergabe“ der Belastungsvollmacht des Erwerbers eines Grundstücks an den Zweiterwerber

November 2, 2025

Keine „Weitergabe“ der Belastungsvollmacht des Erwerbers eines Grundstücks an den Zweiterwerber

OLG Düsseldorf – 16. April 1999 – 3 Wx 111/99

Das Kernproblem: Keine „Weitergabe“ der Belastungsvollmacht

Worum geht es? Der Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf klärt eine wichtige Frage im Grundstücksrecht und bei Immobilienkäufen: Darf ein Käufer, der eine spezielle Vollmacht vom Verkäufer erhalten hat, diese Befugnis an einen Dritten, z.B. einen weiteren Käufer, weitergeben?


Die Ausgangslage: Die Belastungsvollmacht

1. Der Erstverkauf und die Vollmacht

  • A verkauft an B: Der im Grundbuch eingetragene Eigentümer (Verkäufer A) verkauft ein Grundstück an eine GmbH (Käufer B).
  • Die Vollmacht: A erteilt B im notariellen Kaufvertrag eine sogenannte Belastungsvollmacht.
  • Zweck der Vollmacht: Diese erlaubt es B, das Grundstück schon vor der offiziellen Umschreibung des Eigentums (also bevor B selbst im Grundbuch steht) mit einer Grundschuld zu belasten. Dies geschieht typischerweise, um bei einer Bank ein Darlehen zur Finanzierung des Kaufpreises aufnehmen zu können.
  • Wichtige Auflage: Die Vollmacht ist an die Bedingung geknüpft, dass das Geld von der Bank nur zur Zahlung des Kaufpreises an A verwendet werden darf. Dies soll A absichern.

2. Der Weiterverkauf und die versuchte „Weitergabe“

  • B verkauft an C: Die GmbH (Käufer B) verkauft das Grundstück nun an einen Zweiterwerber (Käufer C) weiter.
  • Der Versuch: C benötigt ebenfalls eine Finanzierung und bestellt eine Grundschuld. Ein Vertreter von B stimmt dieser Grundschuldbestellung und der Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung zu – und zwar unter Berufung auf die ursprüngliche Vollmacht, die A der B erteilt hatte.

Keine „Weitergabe“ der Belastungsvollmacht des Erwerbers eines Grundstücks an den Zweiterwerber

Das Urteil des OLG Düsseldorf

Die Entscheidung

Das OLG Düsseldorf (bestätigte damit die Vorinstanzen) hat entschieden: Diese Zustimmung ist unwirksam!

Die Begründung

  • Grundbucheintragung (§ 19 GBO): Für die Eintragung einer Grundschuld ins Grundbuch ist die Bewilligung des eingetragenen Eigentümers (hier: Verkäufer A) nötig.
  • Keine Berechtigung zur Weitergabe: Die Vollmacht, die A der B erteilt hatte, berechtigte nur die B zur Belastung des Grundstücks zugunsten von B’s Finanzierung. Der Wortlaut der Vollmacht enthielt keine Befugnis, diese Vollmacht auf einen Dritten (wie C) zu übertragen oder in dessen Namen zu handeln. Es handelte sich um eine Vollmacht für B, nicht um eine Blanko-Vollmacht zur beliebigen Belastung.
  • Risiko für den Eigentümer: Eine Belastung durch den Zweiterwerber (C) berührt die Rechtsstellung des eingetragenen Eigentümers (A), da dieser nicht ausreichend dagegen geschützt ist, dass die Bank die Grundschuld verwertet, obwohl der Kaufpreis von B an A vielleicht noch gar nicht vollständig bezahlt wurde. Die Absicherungen (wie die Zweckbestimmung der Darlehensvaluta) müssten in einem solchen Fall wirksam für alle Beteiligten gestaltet sein.

Die Schlussfolgerung

Die ursprüngliche Belastungsvollmacht berechtigt den Erstkäufer (B) nicht, im Namen des Verkäufers/Eigentümers (A) einer Belastung zuzustimmen, die der Zweitkäufer (C) beantragt hat.


Wichtig für die Praxis

Was hätte B tun müssen? Die GmbH (B) hätte von A (dem eingetragenen Eigentümer) eine neue, separate Bewilligung für die Eintragung der Grundschuld des Zweitkäufers (C) einholen müssen. Die alte Vollmacht war an B zweckgebunden und konnte nicht einfach an C „weitergereicht“ werden.

  • Merke: Eine im Kaufvertrag erteilte Belastungsvollmacht ist in der Regel persönlich auf den Erstkäufer zugeschnitten und kann nicht automatisch für die Finanzierung eines weiteren Käufers genutzt werden. Ausnahme: Wenn die Vollmacht ausdrücklich auch die Befugnis zur Erteilung einer Untervollmacht oder zur Weiterveräußerung und der damit verbundenen Belastung vorsieht.
RA und Notar Krau

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