Keine wirksame Eigentümerzustimmung zur Löschung eines Grundpfandrechts durch mehrere Miterben

Oktober 5, 2025

Keine wirksame Eigentümerzustimmung zur Löschung eines Grundpfandrechts durch mehrere Miterben

OLG Hamm, Beschluss vom 05.02.2014 – 15 W 1/14

Dieses Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm befasst sich mit den Voraussetzungen für die Löschung einer Grundschuld (ein Grundpfandrecht, vergleichbar einer Hypothek) im Grundbuch, wenn die Eigentümerseite eine Erbengemeinschaft ist.

Die Kernaussage: Volle Zustimmung ist Pflicht

Das OLG Hamm stellte klar, dass für die Löschung einer im Grundbuch eingetragenen Grundschuld die Zustimmung aller Miterben der Erbengemeinschaft, die als Eigentümer im Grundbuch stehen, erforderlich ist.

Eine Mehrheit der Miterben – selbst wenn sie glaubt, im Sinne der „ordnungsgemäßen Verwaltung“ des Nachlasses zu handeln – reicht für die Grundbuchlöschung nicht aus.

Diese volle Zustimmung muss zudem in der gesetzlich vorgeschriebenen Form (öffentlich oder öffentlich beglaubigt, meist notariell) nachgewiesen werden.

Die Hintergründe des Falls

Das Problem der Erbengemeinschaft

Eine Erbengemeinschaft entsteht, wenn ein Verstorbener mehrere Erben hinterlässt. Die Erben verwalten den Nachlass (z.B. ein Haus, das mit einer Grundschuld belastet ist) gemeinschaftlich.

Verwaltung vs. Verfügung:

Grundsätzlich können Entscheidungen zur „ordnungsgemäßen Verwaltung“ des Nachlasses (wie z.B. die Kündigung eines Mietvertrags) oft mit Stimmenmehrheit getroffen werden (geregelt in §2038 BGB).

Die Löschung einer Grundschuld ist jedoch eine „Verfügung“ über ein Recht am Grundstück und greift tief in die Eigentumsverhältnisse ein. Das Grundbuchrecht ist hier besonders streng.

Die Sicht des OLG Hamm

Das Gericht entschied, dass die Grundbuchämter nicht prüfen können und dürfen, ob die Entscheidung der Mehrheit im Einzelfall tatsächlich eine „ordnungsgemäße Verwaltung“ darstellt.

Keine Tatsachenprüfung:

Es ist nicht Aufgabe des Grundbuchamtes, die internen Verhältnisse und Streitigkeiten der Erbengemeinschaft zu untersuchen (z.B. ob die Löschung tatsächlich sinnvoll ist, ob die Grundschuld noch Schulden absichert, oder ob der Rang im Grundbuch besser für neue Kredite genutzt werden sollte).

Grundbuchrecht hat Vorrang:

Für Eintragungen und Löschungen im Grundbuch gelten zwingende Formvorschriften (§27 Grundbuchordnung – GBO). Diese verlangen die formgerechte Zustimmung jedes einzelnen eingetragenen Eigentümers, hier also jedes Miterben. Eine lediglich privatschriftliche Erklärung (ohne notarielle Beglaubigung) ist dabei unzureichend.

Ein Zweites Hindernis: Der Grundschuldbrief

Neben der Zustimmung der Eigentümer (der Miterben) scheiterte die Löschung im konkreten Fall an einer weiteren, formalen Anforderung:

Brief muss vorliegen:

Bei einer sogenannten „Briefgrundschuld“ (im Gegensatz zur Buchgrundschuld) ist zusätzlich zur Löschungsbewilligung des Gläubigers die Vorlage des Grundschuldbriefes zwingend erforderlich (§42 GBO).

Keine wirksame Eigentümerzustimmung zur Löschung eines Grundpfandrechts durch mehrere Miterben

Keine Ausnahmen:

Das Gesetz sieht hier keine Ausnahmen vor, selbst wenn der Antragsteller (die Erbengemeinschaft) den Brief nicht finden oder vorlegen kann, oder wenn der Gläubiger die Löschung bereits bewilligt hat.

Ersatz durch Gerichtsbeschluss:

Die einzige Möglichkeit, den fehlenden Brief zu ersetzen, ist die Beantragung eines „Ausschließungsbeschlusses“ bei Gericht (§479 FamFG), in dem der Brief für kraftlos erklärt wird. Dies muss von demjenigen, der die Löschung beantragt, in einem gesonderten Verfahren erwirkt werden.

Fazit für Laien

Wer ein mit einer Grundschuld belastetes Grundstück erbt und diese Grundschuld löschen möchte, muss folgendes beachten:

Alle müssen zustimmen:

Wenn Sie und Ihre Geschwister (oder andere Erben) eine Erbengemeinschaft bilden, müssen alle Miterben der Löschung zustimmen. Eine einfache Mehrheit reicht nicht aus.

Form muss stimmen:

Diese Zustimmung muss notariell beurkundet oder beglaubigt sein (öffentlich-rechtliche Form).

Grundschuldbrief finden:

Bei einer Briefgrundschuld muss der Grundschuldbrief im Original beim Grundbuchamt eingereicht werden. Ist der Brief verschollen, muss ein gerichtliches Aufgebotsverfahren (Ausschließungsbeschluss) durchgeführt werden, um ihn für ungültig erklären zu lassen.

RA und Notar Krau

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen? 

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein konstenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

Trauer Grabstein

Pflichtteilsergänzungsanspruch auch bei Schenkung unter Geltung des Zivilgesetzbuches der DDR

November 9, 2025
Pflichtteilsergänzungsanspruch auch bei Schenkung unter Geltung des Zivilgesetzbuches der DDRZusammenfassung: BGH, Urteil vom 07.03.2001 – IV ZR…
Portrait Lana Berloznik Kanzlei Krau Rechtsanwälte

Pflichtteilsergänzungsanspruch – Miterben als Gesamtschuldner

November 9, 2025
Pflichtteilsergänzungsanspruch – Miterben als GesamtschuldnerHier ist eine Zusammenfassung des Urteils des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm (Az.: 1…
Apartmenthaus Wohnungseigentum

Beschlussmängelverfahren: Verwalterbestellung durch den teilenden Eigentümer in der „Aufteilungsphase“

November 5, 2025
Beschlussmängelverfahren: Verwalterbestellung durch den teilenden Eigentümer in der „Aufteilungsphase“ – Heilung von Einberufungsmängeln durch „Voll…