KG 19 W 158/22 Räumung durch Miterben

Dezember 29, 2024

KG 19 W 158/22 Räumung durch Miterben

Beschluss vom 15.12.2022  

Voraussetzungen für den Anspruch aus §§ 2038 und 745 BGB auf Räumung durch einen Miterben

RA und Notar Krau

Der vorliegende Fall behandelt die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Miterbe von einem anderen Miterben die Räumung einer zum Nachlass gehörenden Immobilie verlangen kann.

Grundsätzliches

Nach § 2038 BGB wird der Nachlass gemeinschaftlich von den Miterben verwaltet.

Für die Verwaltung des Nachlasses finden die Vorschriften über die Gemeinschaft nach den §§ 741 ff. BGB entsprechende Anwendung.

Gemäß § 745 Abs. 2 BGB kann jeder Teilhaber eine dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung und Benutzung des gemeinschaftlichen Gegenstands verlangen,

sofern nicht die Verwaltung oder Benutzung durch Mehrheitsbeschluss oder Vereinbarung der Teilhaber geregelt ist.

KG 19 W 158/22

Voraussetzungen für einen Räumungsanspruch

Aus diesen Vorschriften ergibt sich, dass ein Miterbe die Räumung einer Nachlassimmobilie durch einen anderen Miterben nur dann verlangen kann, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  1. Konkreter Plan zur Nutzung und Verwaltung:
    • Die Erbengemeinschaft muss einen konkreten Plan zur weiteren Nutzung und Verwaltung der Immobilie nach der Räumung haben.
    • Die bloße Absicht einer Vermietung oder eines Verkaufs reicht nicht aus.
    • Es muss dargelegt werden, warum der geplante Umgang mit der Immobilie der Billigkeit entspricht und besser ist als die aktuelle Situation.
  2. Billigkeit:
    • Die Räumung muss dem Interesse aller Miterben nach billigem Ermessen entsprechen.
    • Dabei sind die Interessen aller Miterben zu berücksichtigen, insbesondere auch die des ausziehenden Miterben.
    • Eine Räumung ohne konkreten Plan und ohne Berücksichtigung der Interessen des ausziehenden Miterben ist in der Regel unbillig.
  3. Mitwirkungspflicht:
    • Der ausziehende Miterbe muss die Mitwirkung an der geplanten Nutzung und Verwaltung verweigern.
    • Die bloße Weigerung des Miterben, eine Nutzungsentschädigung zu zahlen oder die Immobilie anderweitig zu nutzen, reicht nicht aus.
  4. Bestimmtheit des Antrags:
    • Der Antrag auf Räumung muss bestimmt sein.
    • Es muss klar sein, an wen die Immobilie herausgegeben werden soll (in der Regel an die Erbengemeinschaft).

KG 19 W 158/22

Fehlende Voraussetzungen im vorliegenden Fall

Im vorliegenden Fall hat das Gericht den Antrag auf Räumung zu Recht zurückgewiesen, da die Klägerin keinen konkreten Plan zur weiteren Nutzung und Verwaltung der Immobilie vorgelegt hat.

Es sollte lediglich die „kostenlose“ Nutzung durch den Beklagten unterbunden werden.

Ein Leerstand der Immobilie wäre jedoch nicht im Interesse aller Miterben und daher unbillig.

Alternativen zur Räumung

Statt einer Räumungsklage stehen den Miterben verschiedene andere Möglichkeiten zur Verfügung, um eine einvernehmliche Lösung zu finden:

  • Mediation: Ein Mediator kann den Miterben helfen, eine einvernehmliche Lösung für die Nutzung und Verwaltung der Immobilie zu finden.
  • Teilung des Grundstücks: Eine Teilung des Grundstücks kann eine Möglichkeit sein, wenn sich die Miterben nicht auf eine gemeinsame Nutzung einigen können.
  • Verkauf der Immobilie: Wenn keine Einigung über die Nutzung oder Teilung möglich ist, kann die Immobilie verkauft und der Erlös unter den Miterben aufgeteilt werden.
  • Klage auf Zustimmung zu einer Nutzungsentschädigung: Wenn ein Miterbe die Immobilie alleine nutzt, kann ein anderer Miterbe die Zustimmung zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung verlangen.

KG 19 W 158/22

Fazit

Ein Anspruch auf Räumung einer Nachlassimmobilie durch einen Miterben besteht nur unter strengen Voraussetzungen.

Die Erbengemeinschaft muss einen konkreten Plan zur weiteren Nutzung und Verwaltung der Immobilie haben, der dem Interesse aller Miterben nach billigem Ermessen entspricht.

Bevor eine Räumungsklage erhoben wird, sollten die Miterben versuchen, eine einvernehmliche Lösung zu finden.

Schlagworte

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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