KG Berlin 1 W 345/22 Minderjähriger erwirbt Erbteil

Dezember 30, 2024

KG Berlin 1 W 345/22 Minderjähriger erwirbt Erbteil

Genehmigungspflicht beim Erwerb eines Erbteils durch einen minderjährigen Miterben

RA und Notar Krau

Das Kammergericht Berlin hatte in einem Beschluss vom 17.11.2022 über die Genehmigungspflicht beim Erwerb eines Erbteils durch einen minderjährigen Miterben zu entscheiden.

Der Fall:

Ein minderjähriger Miterbe (B1) sollte den Erbteil seines Bruders (B3) erwerben.

Die Mutter (B2) vertrat den Minderjährigen bei dem notariellen Vertrag.

Das Grundbuchamt beanstandete die Eintragung des Minderjährigen als neuen Eigentümer des Erbteils, da es die Genehmigung eines Ergänzungspflegers und des Familiengerichts für erforderlich hielt.

Die Entscheidung des Gerichts:

Das KG bestätigte die Ansicht des Grundbuchamts.

Begründung:

KG Berlin 1 W 345/22 Minderjähriger erwirbt Erbteil

  • Vertretung des Minderjährigen: Die Mutter war nach § 1629 Abs. 2 S. 1, § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB an der Vertretung ihres Sohnes verhindert, da sie mit beiden Söhnen in gerader Linie verwandt ist. Ein Geschäft ist für einen Minderjährigen nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, wenn er dadurch mit Verpflichtungen belastet wird, für die er nicht nur mit dem erworbenen Gegenstand, sondern auch persönlich haftet. Der Erwerb eines Erbteils ist nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, da der Erwerber für die Nachlassverbindlichkeiten haftet (§§ 2382, 2385 BGB). Dies gilt auch, wenn der Minderjährige bereits Miterbe ist. Durch die Übernahme eines weiteren Anteils erhöht sich seine Haftung im Innenverhältnis, was einen rechtlichen Nachteil darstellt. Daher war die Bestellung eines Ergänzungspflegers erforderlich.
  • Familiengerichtliche Genehmigung: Die Übernahme einer fremden Verbindlichkeit durch einen Minderjährigen bedarf der Genehmigung des Familiengerichts (§§ 1909, 1915 Abs. 1 S. 1 und 3, § 1822 Nr. 10 BGB). Dazu gehört auch die Eingehung einer gesamtschuldnerischen Haftung, wie sie beim Erwerb eines Erbteils entsteht (§§ 2058, 2383, 2385 BGB).

Kritik an der Entscheidung:

In der Fachliteratur wurde die Entscheidung des KG kritisiert.

  • Zum Vertretungsrecht: Der Minderjährige übernimmt durch den Vertrag keine neuen Belastungen, da er bereits als Miterbe gesamtschuldnerisch haftet. Die Erhöhung des Haftungsanteils im Innenverhältnis ist nur ein geringes Gefährdungspotential.
  • Zum Erbteilserwerb: Der Minderjährige geht keine neue Haftung ein, da er bereits als Miterbe gesamtschuldnerisch haftet. Die Erhöhung des Haftungsanteils im Innenverhältnis tritt erst ein, wenn ein Nachlassgläubiger einen Anspruch geltend macht und der Minderjährige leistet.

Die Neufassung des § 1822 Abs. 1 Nr. 10 BGB (jetzt § 1854 Nr. 4 BGB iVm § 1643 Abs. 1 BGB) stützt diese Kritik.

KG Berlin 1 W 345/22 Minderjähriger erwirbt Erbteil

Danach ist die Genehmigung nur erforderlich, wenn die Haftung als Nebenfolge eines anderen Rechtsgeschäfts entsteht.

Der Erwerb eines Erbteils fällt nicht darunter.

Fazit:

Die Entscheidung des KG verdeutlicht die rechtlichen Besonderheiten beim Erwerb eines Erbteils durch einen Minderjährigen.

Die Kritik an der Entscheidung zeigt jedoch, dass die Genehmigungspflicht in solchen Fällen in der Praxis möglicherweise zu restriktiv gehandhabt wird.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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