Kinder Ersatzerben für letztversterbenden Elternteil Einsetzung wechselbezüglich

September 14, 2017

Kinder Ersatzerben für letztversterbenden Elternteil Einsetzung wechselbezüglich

OLG Hamm 15 W 384/04

Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins beantragt

notarielles Testament

Pflichtteilsstrafklausel

RA und Notar Krau

Dieser Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm vom 15. Oktober 2004 (Az. 15 W 384/04) befasst sich mit der Auslegung eines gemeinschaftlichen Testaments

und der Frage, ob eine Pflichtteilsstrafklausel die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins an die Kinder der Erblasser verhindert.

Sachverhalt

Die Erblasser, ein Ehepaar, hatten 1971 ein gemeinschaftliches Testament errichtet.

Darin setzten sie sich gegenseitig zu Vorerben und ihre drei Kinder zu Nacherben ein.

Das Testament enthielt detaillierte Regelungen zur Aufteilung des Nachlasses, einschließlich eines Vorausvermächtnisses für den Sohn (den Beteiligten zu 1).

Weiterhin war eine Pflichtteilsstrafklausel enthalten, wonach ein Kind, das nach dem Tod des ersten Elternteils den Pflichtteil verlangt, auch beim Tod des zweiten Elternteils nur den Pflichtteil erhalten soll.

Nach dem Tod des Ehemanns verkaufte die Ehefrau die im Testament genannten Immobilien und errichtete ein neues Testament, in dem sie die Tochter (die Beteiligte zu 2) zur Alleinerbin einsetzte.

Kinder Ersatzerben für letztversterbenden Elternteil Einsetzung wechselbezüglich

Nach dem Tod der Ehefrau beantragte der Sohn die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins, der ihn und seine Schwester als Miterben zu je ½ ausweisen sollte.

Die Tochter hingegen machte geltend, Alleinerbin zu sein.

Kernaussagen des Beschlusses

Das OLG Hamm wies die weitere Beschwerde der Tochter zurück und bestätigte die Entscheidung des Landgerichts, die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins anzuordnen.

Zentrale Punkte des Beschlusses:

  • Auslegung des Testaments: Das gemeinschaftliche Testament war so auszulegen, dass die Kinder nicht nur Nacherben, sondern auch Ersatzerben für den Nachlass des letztversterbenden Elternteils sein sollten.
  • Wechselbezüglichkeit: Die Erbeinsetzung der Kinder war wechselbezüglich, d.h. die Ehefrau war nach dem Tod ihres Mannes daran gehindert, die Erbeinsetzung der Kinder zu widerrufen.
  • Pflichtteilsstrafklausel: Die Pflichtteilsstrafklausel steht der Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins nicht entgegen.
  • Kein Verstoß gegen die Klausel: Da die Kinder den Pflichtteil nach dem Tod des Vaters nicht verlangt hatten, war die Bedingung der Pflichtteilsstrafklausel nicht eingetreten.

Kinder Ersatzerben für letztversterbenden Elternteil Einsetzung wechselbezüglich

Wesentliche Argumente des Gerichts:

  • Wortlaut und Sinn des Testaments: Das Testament enthielt zwar keine ausdrückliche Einsetzung der Kinder als Ersatzerben, aber der Wille der Erblasser war eindeutig darauf gerichtet.
  • Detailregelungen: Die detaillierten Regelungen im Testament, wie z.B. das Vorausvermächtnis und die Teilungsanordnung, sprachen dafür, dass die Kinder auch Erben des letztversterbenden Elternteils sein sollten.
  • Pflichtteilsstrafklausel als Indiz: Die Pflichtteilsstrafklausel konnte als Hinweis auf eine gewollte Erbeinsetzung der Kinder verstanden werden.
  • Auslegungsregel des § 2270 Abs. 2 BGB: Diese Regel unterstützt die Annahme, dass die Verfügungen der Ehegatten wechselbezüglich sein sollen.

Bedeutung des Beschlusses

Dieser Beschluss verdeutlicht die Bedeutung der Testamentsauslegung und die Berücksichtigung des Erblasserwillens.

Auch wenn der Wortlaut eines Testaments nicht eindeutig ist, kann der Wille der Erblasser durch Auslegung ermittelt werden.

Die Pflichtteilsstrafklausel wird in diesem Zusammenhang als ein Indiz für den Erblasserwillen gewertet.

Kinder Ersatzerben für letztversterbenden Elternteil Einsetzung wechselbezüglich

Praktische Auswirkungen

Der Beschluss hat praktische Auswirkungen für die Gestaltung von Testamenten.

Es ist wichtig, den Willen der Erblasser klar und eindeutig im Testament zum Ausdruck zu bringen.

Sollen die Kinder sowohl Nacherben als auch Ersatzerben sein, sollte dies ausdrücklich im Testament festgehalten werden.

Zusätzliche Hinweise:

  • Der Beschluss befasst sich auch mit der Frage, ob die Auslegungsregel des § 2102 Abs. 1 BGB anwendbar ist. Das OLG verneint dies, da die Kinder bereits durch Auslegung als Erben eingesetzt wurden.
  • Der Beschluss stellt klar, dass die Erklärungen der Ehefrau in ihrem späteren Testament nicht geeignet sind, den Willen der Erblasser zum Zeitpunkt der Errichtung des gemeinschaftlichen Testaments zu widerlegen.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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