Klage eines Erbprätendenten gegen einen anderen Erbprätendenten auf Feststellung seiner Miterbenstellung – BGH Urteil vom 14. April 2010 – IV ZR 135/08
Der Kläger begehrt die Feststellung seines Miterbenrechts aus den Testamenten der Erblasserin vom 17. Januar 1991 und 6. Juli 1991.
Die Erblasserin hatte in mehreren Testamenten verschiedene Personen bedacht und unterschiedliche Anordnungen zur Erbfolge und Vermächtnissen getroffen.
Ein Erbscheinverfahren hatte bereits stattgefunden, wobei der Beklagte aufgrund eines Testaments von 1988 einen Erbschein erhalten hatte, der ihn als Miterben auswies.
Der Kläger klagt nun gegen den Beklagten auf Feststellung seines Miterbenrechts, da er der Ansicht ist, aufgrund der Testamente von 1991 Miterbe geworden zu sein.
Urteil des Berufungsgerichts
Das Berufungsgericht hatte die Klage des Klägers als unzulässig abgewiesen mit der Begründung, dass dem Kläger das Rechtsschutzbedürfnis fehle.
Es argumentierte, dass ein Urteil im Feststellungsverfahren keine Bindungswirkung für das Erbscheinsverfahren habe und das bereits durchgeführte umfangreiche Erbscheinsverfahren ausreichend sei, um die Frage der Testierfähigkeit der Erblasserin zu klären.
Zudem wurde die Klage wegen fehlender notwendiger Streitgenossenschaft als unzulässig betrachtet.
Entscheidung des BGH
Der BGH hebt das Urteil des Berufungsgerichts auf und verweist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurück.
Rechtsschutzbedürfnis und Feststellungsinteresse
Der BGH stellt fest, dass dem Kläger ein Rechtsschutzbedürfnis an der Feststellung seines Miterbenrechts zusteht.
Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses besteht, wenn dem Recht oder der Rechtslage des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen.
Da der Beklagte das Erbrecht des Klägers bestreitet, ist das Feststellungsinteresse gegeben.
Ein Urteil im Feststellungsverfahren hat zwar keine Bindungswirkung für das Erbscheinsverfahren, doch kann der Kläger dadurch erreichen, dass der Beklagte seine Miterbenstellung nicht länger bestreiten kann.
Bindungswirkung des Erbscheinsverfahrens
Der BGH betont, dass das Erbscheinsverfahren keine der materiellen Rechtskraft fähigen Entscheidungen über das Erbrecht trifft, die Bindungswirkung für einen späteren streitigen Prozess hätten.
Der Erbschein hat keine Rechtskraftwirkung und kann jederzeit nach § 2361 BGB eingezogen werden.
Das Nachlassgericht kann einen Erbschein auch dann einziehen, wenn es ihn nach erneuter Überprüfung für unrichtig hält.
Im Zivilprozess kann der wirkliche Erbe jederzeit gegen den Erbscheinserben Klage auf Feststellung seines Erbrechts erheben.
Notwendige Streitgenossenschaft
Der BGH stellt fest, dass die beklagten Miterben keine notwendigen Streitgenossen sind.
Eine notwendige Streitgenossenschaft liegt auf Seiten beklagter Miterben, gegen die auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens des Erbrechts geklagt wird, nicht vor.
Durch eine solche Feststellungsklage wird kein Recht geltend gemacht, das materiell-rechtlich nur gegen alle in Betracht kommenden Miterben gleichzeitig ausgeübt werden könnte.
Der Kläger ist nicht verpflichtet, sämtliche Beteiligte, die in dem Testament der Erblasserin von 1988 als Erben genannt werden, zu verklagen.
Begründung der Aufhebung und Zurückverweisung
Der BGH hebt das Urteil des Berufungsgerichts auf, weil es zu Unrecht das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers verneint hat.
Zudem hat das Berufungsgericht die notwendige Streitgenossenschaft falsch beurteilt.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, da das Berufungsgericht die entscheidungserheblichen Fragen erneut prüfen muss.
Schlussfolgerung
Das BGH-Urteil verdeutlicht, dass ein Erbprätendent gegen einen anderen Erbprätendenten Klage auf Feststellung seines Miterbenrechts erheben kann und dass ein umfangreiches Erbscheinsverfahren keine Bindungswirkung für einen späteren streitigen Prozess hat.
Zudem wird klargestellt, dass Miterben, die auf Feststellung der Miterbenstellung des Klägers verklagt werden, keine notwendigen Streitgenossen sind.
Das Urteil betont die prozessuale Möglichkeit, das Erbrecht im Zivilprozess klären zu lassen, unabhängig von den Feststellungen im Erbscheinsverfahren.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.