Konkludente Ausschlagung eines Vermächtnisses – OLG Hamm 10 U 117/22, woraus der Erbe schließen kann, dass auf das Vermächtnis verzichtet wird
Im Fall des Oberlandesgerichts Hamm (Az. 10 U 117/22) stritten zwei Brüder über die Auslegung eines Vermächtnisses aus dem gemeinschaftlichen notariellen Testament ihrer Eltern.
Die Mutter der Parteien hatte den Beklagten als Alleinerben eingesetzt und dem Kläger ein Vermächtnis in Form von Barvermögen und Wertpapieren hinterlassen.
Der Kläger verlangte nach dem Tod der Mutter Auskunft über den Nachlass und machte gleichzeitig Pflichtteilsansprüche geltend.
Der Beklagte wertete dies als abschließende Ausschlagung des Vermächtnisses, was den Hauptstreitpunkt darstellte
Das Gericht stellte fest, dass die bloße Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen nicht automatisch eine Ausschlagung des Vermächtnisses impliziert.
Für eine konkludente Ausschlagung ist nach § 2180 BGB ein eindeutiges Verhalten erforderlich, aus dem der Erbe eindeutig schließen kann, dass der Vermächtnisnehmer das Vermächtnis ablehnt.
Im vorliegenden Fall sah das Gericht die Erklärung des Klägers nicht als eindeutig an.
Vielmehr machte der Kläger in seinem Schreiben sowohl Pflichtteils- als auch Vermächtnisansprüche geltend.
Der Beklagte hatte selbst eingeräumt, dass der Kläger sich noch nicht endgültig entschieden hatte, ob er das Vermächtnis annehmen oder den Pflichtteil beanspruchen wollte.
Dies bestätigte er in einer E-Mail vom 3. Mai 2021, in der er ausdrücklich erwähnte, dass der Kläger noch entscheiden müsse, ob er das Vermächtnis ausschlägt, um den vollen Pflichtteil zu verlangen.
Die Einzelfälle sprechen daher gegen eine konkludente Ausschlagung des Vermächtnisses.
Es wurde festgehalten, dass der Kläger durch das Schreiben vom 14. April 2021 lediglich eine Auskunft forderte, um seine Entscheidungsgrundlagen zu verbessern.
Das Gericht wies darauf hin, dass nach § 133 BGB der wirkliche Wille des Erklärenden entscheidend sei.
Da der Beklagte den Willen des Klägers ebenfalls so verstanden hatte, dass diese noch keine endgültige Entscheidung über die Annahme des Vermächtnisses getroffen hatte, wurde eine Ausschlagung ausgeschlossen.
Demnach entschied das Gericht, dass der Kläger Anspruch auf das Vermächtnis hatte, das ihm Aktien und das Barvermögen zusprach, abzüglich einer Überzahlung, die der Beklagte ihm bereits geleistet hatte.
Der Beklagte ist verpflichtet, die Aktien an den Kläger zu übertragen, auch wenn er sie inzwischen verkauft hat.
Es liegt keine Unmöglichkeit im Sinne von § 275 Abs. 1 BGB vor, solange ein Rückkauf der Aktien möglich ist.
Der Kläger muss allerdings die zu viel erhaltene Summe an den Beklagten zurückzahlen.
Damit bleibt das Vermächtnis bestehen, und die Pflichtteilsansprüche schließen das Vermächtnis nicht aus, wenn nicht eindeutig darauf verzichtet wird.
I. Einleitung
A. Hintergrund des Erbstreits
B. Das gemeinschaftliche notarielle Testament der Eltern
C. Versterben der Eltern und das Testament der Mutter
D. Das Vermächtnis zugunsten des Klägers
E. Schreiben des Klägers und Interpretation des Beklagten
II. Entscheidungstext
A. Ausschlagung eines Vermächtnisses nach § 2180 BGB
B. Konkludente Ausschlagung eines Vermächtnisses
C. Subjektiver Wille des Klägers und Verständnis des Beklagten
D. Anspruch des Klägers auf Übertragung der Aktien
E. Barvermögen und Überzahlung an den Beklagten
III. Schlussfolgerung
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.