Kostentragung bei Bestreiten der Urheberschaft des Erblassers für Testament
1.
Das Maß des Obsiegens oder Unterliegens stellt lediglich einen von mehreren Gesichtspunkten dar, der in die Ermessensentscheidung nach § 81 I 1 FamFG eingestellt werden kann.
2.
In Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, die ausschließlich auf Antrag eingeleitet werden, gilt nach § 22 I GNotKG der auch sonst maßgebliche Grundsatz,
dass der Veranlasser des Verfahrens für die Kosten haftet.
3.
Auch bei der Kostentragungspflicht gem. § 81 FamFG ist diese Wertung des § 22 GNotKG zu berücksichtigen.
4.
Soweit sich ein Einwendungsführer ohne eine eigene Antragstellung auf die Darstellung Zweifel an der Echtheit des Testaments begründender objektiver Umstände beschränkt, wird es nur in besonders
gelagerten Ausnahmefällen in Betracht kommen, ihm die Kosten eines Schriftgutachtens aufzuerlegen.
Hierfür spricht auch die aus dem Amtsermittlungsgrundsatz folgende umfassende gerichtliche Aufklärungspflicht.
OLG Bamberg Beschluss vom 10.1.2022 – 2 W 30/21
Der Beschluss des Oberlandesgerichts Bamberg (OLG Bamberg) vom 10. Januar 2022 befasst sich mit der Frage der Kostentragung in einem Erbscheinsverfahren,
insbesondere wenn die Echtheit eines Testaments angezweifelt wird.
Im Mittelpunkt steht die Auslegung des § 81 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG)
in Verbindung mit § 22 des Gerichts- und Notarkostengesetzes (GNotKG).
Ein lediger Erblasser verstarb im Dezember 2020.
Ein von ihm verfasstes Testament vom 13. Dezember 2020 wurde gefunden und eröffnet.
Darin wurden zwei Personen (E1 und E2) als Erben eingesetzt.
Eine dritte Beteiligte (Beteiligte zu 1) zweifelte die Echtheit des Testaments an, da sie der Meinung war, es entspreche nicht dem Schreibstil des Erblassers,
der aufgrund seiner Schreibschwäche nur eingeschränkt schreiben konnte.
Das Nachlassgericht ordnete daraufhin ein Schriftgutachten an, welches ergab, dass das Testament mit hoher Wahrscheinlichkeit vom Erblasser selbst verfasst wurde.
Das Gericht erachtete daraufhin die für die Erbscheinserteilung notwendigen Tatsachen als festgestellt und legte die Kosten des Gutachtens der Beteiligten zu 1 auf.
Diese Entscheidung wurde von der Beteiligte zu 1 angefochten.
Das OLG Bamberg gab der Beschwerde der Beteiligten zu 1 statt.
Es entschied, dass die Kosten des Verfahrens, einschließlich der Kosten des Sachverständigengutachtens, von den Antragstellern (E1 und E2) zu tragen seien.
Das Gericht stützte seine Entscheidung auf § 81 Abs. 1 FamFG, wonach die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder teilweise auferlegt werden können.
Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere:
Dies ist jedoch nur ein Aspekt unter vielen und nicht allein ausschlaggebend.
Wer ein Verfahren durch seinen Antrag veranlasst, soll grundsätzlich die Kosten tragen. Im vorliegenden Fall hatten die Beteiligten zu 2 und 3 (E1 und E2)
den Erbschein beantragt und somit das Verfahren veranlasst.
Das Gericht ist verpflichtet, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären.
Wenn Zweifel an der Echtheit eines Testaments bestehen, muss es diesen nachgehen, auch ohne ausdrücklichen Antrag eines Beteiligten.
Die Beteiligte zu 1 hatte lediglich Zweifel an der Echtheit des Testaments geäußert und dies mit objektiven Anhaltspunkten begründet.
Sie hatte keinen eigenen Erbscheinsantrag gestellt oder die Einholung des Gutachtens beantragt.
Der Nachlass war werthaltig, während die Gutachtenskosten für die Beteiligte zu 1 eine erhebliche Belastung dargestellt hätten.
Das OLG Bamberg betonte, dass die Einholung eines Schriftgutachtens nur in Zweifelsfällen geboten sei.
Im vorliegenden Fall bestanden jedoch bereits aufgrund objektiver Anhaltspunkte Zweifel an der Echtheit des Testaments,
sodass die Einholung des Gutachtens auch ohne die Einwendungen der Beteiligten zu 1 erforderlich gewesen wäre.
Der Beschluss des OLG Bamberg verdeutlicht, dass bei der Kostentragung in Erbscheinsverfahren eine umfassende Abwägung aller Umstände des Einzelfalls erforderlich ist.
Das Veranlasserprinzip spielt dabei eine wichtige Rolle, ebenso wie die Amtsermittlungspflicht des Gerichts.
Die bloße Äußerung von Zweifeln an der Echtheit eines Testaments führt nicht automatisch zur Kostentragungspflicht des Beteiligten,
insbesondere wenn diese Zweifel objektiv begründet sind und das Gericht ohnehin zur Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet ist.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.