Kraftloserklärung Grundschuldbrief – Antragsstellung durch Mitglied einer Erbengemeinschaft

Juli 1, 2025

Kraftloserklärung Grundschuldbrief – Antragsstellung durch Mitglied einer Erbengemeinschaft

RA und Notar Krau

Beschluss des OLG München vom 25. Juli 2017 (34 Wx 110/17)

Worum ging es in diesem Fall?

Dieser Fall dreht sich um eine Grundschuld (eine Art Hypothek) in Höhe von 120.000 DM, die im Grundbuch eines Wohnungseigentums eingetragen war. Der ursprüngliche Eigentümer, S.M., war 2010 verstorben. Die Immobilie wurde später in einer Zwangsversteigerung verkauft. Dabei wurde die Grundschuld von den neuen Eigentümern „übernommen“, was bedeutet, dass sie als Teil des Kaufpreises angerechnet wurde. Das Problem war, dass der zugehörige Grundschuldbrief (ein wichtiges Dokument, das die Rechte aus der Grundschuld verbrieft) verschwunden war, obwohl die Bank (die X. AG), die die Grundschuld innehatte, schon 2000 mitgeteilt hatte, dass das Darlehen beglichen sei und sie eine Löschungsbewilligung und den Brief an S.M. geschickt hatte.

Die Erben von S.M., darunter die Beteiligte, wollten nun, dass dieser Grundschuldbrief für kraftlos erklärt wird. Das ist ein spezielles gerichtliches Verfahren, wenn ein wichtiges Dokument verloren gegangen ist und es nicht mehr auffindbar ist. Nur so konnten die neuen Eigentümer, die die Grundschuld quasi „übernommen“ hatten, auch tatsächlich bezahlen.

Was hat das Amtsgericht entschieden?

Das Amtsgericht Lindau lehnte den Antrag der Beteiligten ab. Es sagte, die Beteiligte sei nicht berechtigt, einen solchen Antrag zu stellen, da sie nicht mehr die eingetragene Eigentümerin des Grundstücks sei. Nur der aktuelle Gläubiger der Grundschuld oder der aktuelle Eigentümer dürfe dies tun. Auch eine sogenannte „gewillkürte Verfahrensstandschaft“ (dass jemand anderes den Antrag im Namen des Berechtigten stellt) sah das Gericht nicht als gegeben an.

Was hat das Oberlandesgericht (OLG) München entschieden?

Das OLG München hat die Entscheidung des Amtsgerichts aufgehoben. Das bedeutet, es war mit dem Amtsgericht nicht einverstanden.

Kraftloserklärung Grundschuldbrief – Antragsstellung durch Mitglied einer Erbengemeinschaft

Es stellte klar, dass die Beteiligte den Antrag sehr wohl stellen durfte, und zwar aus folgenden Gründen:

Antragsberechtigung durch Vollmacht („gewillkürte Verfahrensstandschaft“):

Die Bank (X. AG), die immer noch als Gläubigerin der Grundschuld im Grundbuch stand, hatte der Beteiligten nachträglich schriftlich die Erlaubnis (eine Art Vollmacht) erteilt, das Verfahren zur Kraftloserklärung des Grundschuldbriefs zu führen. Das OLG sagte, diese Vollmacht sei gültig und das Amtsgericht hätte sie berücksichtigen müssen.

Keine Übertragung der Grundschuld:

Das OLG war davon überzeugt, dass die Bank weiterhin die rechtmäßige Gläubigerin der Grundschuld war. Auch wenn das ursprüngliche Darlehen bezahlt war, bedeutet das nicht automatisch, dass die Grundschuld erloschen ist oder auf den Eigentümer übergegangen ist. Es gab keine Anzeichen dafür, dass die Grundschuld an Dritte übertragen wurde.

Eigenes berechtigtes Interesse der Beteiligten:

Die Beteiligte (und damit die Erbengemeinschaft) hatte ein klares wirtschaftliches Interesse daran, dass der Grundschuldbrief für kraftlos erklärt wird. Die neuen Eigentümer der Immobilie hatten nämlich erklärt, dass sie den entsprechenden Geldbetrag für die übernommene Grundschuld nur zahlen würden, wenn der Grundschuldbrief vorgelegt oder für kraftlos erklärt wird. Da die Erbengemeinschaft einen geringeren Erlös aus der Versteigerung erhalten hatte, weil die Grundschuld bestehen blieb, hatten sie einen Anspruch auf diese Zahlung. Der Beschluss zur Kraftloserklärung ersetzt den fehlenden Brief und ermöglicht so die Zahlung und letztendlich auch die Löschung der Grundschuld im Grundbuch.

Das Ergebnis:

Das OLG München wies das Amtsgericht an, den Antrag der Beteiligten auf Kraftloserklärung des Grundschuldbriefes nicht mehr aus den ursprünglich genannten Gründen abzulehnen. Das bedeutet, das Verfahren zur Kraftloserklärung kann nun fortgesetzt werden.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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