Kündigung bestätigt: Politologin verliert Professoren-Job wegen Plagiaten

November 4, 2025

Kündigung bestätigt: Politologin verliert Professoren-Job wegen Plagiaten

Zusammenfassung des Urteils des Landesarbeitsgerichts Köln (10 SLa 289/24)


Das Landesarbeitsgericht Köln und die fristgerechte Kündigung einer Professorin

Worum ging es?

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln musste entscheiden, ob die fristgerechte Kündigung einer Universitätsprofessorin für Europapolitik und Demokratieforschung durch ihre Universität rechtens war. Die Universität kündigte, nachdem Plagiatsvorwürfe gegen die Professorin in mehreren ihrer Publikationen, insbesondere in einem von ihr im Bewerbungsverfahren hervorgehobenen Buch, öffentlich wurden und in einem universitätsinternen Verfahren als erwiesen angesehen wurden.


Die Hauptpersonen und der Ablauf

  • Die Klägerin: Eine 1964 geborene Politikwissenschaftlerin und Autorin, die am 01.02.2016 an einer anderen Universität zur Professorin ernannt wurde. Sie bewarb sich 2020 erfolgreich auf eine W2-Professur an der Beklagten Universität.
  • Die Beklagte: Die Universität, die die Kündigung aussprach.
  • Die Bewerbung (2020/2021): Im Bewerbungsverfahren forderte die Universität von der Klägerin unter anderem fünf Schriften. Die Klägerin reichte daraufhin eine Auswahl ein, darunter ihr Buch „Titel 1„, das sie in ihrer E-Mail als „Habilitation“ oder „habilitationsgleichwertige Leistung“ einer anderen Universität bezeichnete – trotz ihrer „populärwissenschaftlichen Sprache“.
  • Die Plagiatsvorwürfe (2022): Nach einer öffentlichen Berichterstattung über Plagiate in drei Werken der Klägerin leitete die Universität ein förmliches Untersuchungsverfahren wegen wissenschaftlichen Fehlverhaltens ein.
  • Das Ergebnis: Die Untersuchungskommission kam im Januar 2023 zu dem Schluss, dass die Klägerin in den untersuchten Werken, insbesondere in „Titel 1“, vorsätzlich in erheblichem Umfang plagiiert habe.
  • Die Kündigung: Das Rektorat beschloss daraufhin im Februar 2023 die fristgerechte, verhaltensbedingte Kündigung des Dienstverhältnisses zum 31.03.2023.

Kündigung bestätigt: Politologin verliert Professoren-Job wegen Plagiaten

Die Entscheidung des Gerichts

Das LAG Köln wies die Berufung der Klägerin gegen das erstinstanzliche Urteil ab und bestätigte die Wirksamkeit der Kündigung.

1. Der Kündigungsgrund: Arglistige Täuschung im Bewerbungsverfahren

Das Gericht sah die Kündigung als sozial gerechtfertigt an, da die Klägerin im Bewerbungsverfahren gravierend gegen ihre vorvertraglichen Pflichten verstoßen hat.

  • Pflichtverletzung: Im Rahmen von Bewerbungsverfahren besteht die Pflicht, wahrheitsgemäße Angaben zu machen, die für die Eignung der Stelle relevant sind. Die Klägerin reichte ihr Werk „Titel 1“ als wissenschaftliche, habilitationsadäquate Leistung ein.
  • Konkludente Erklärung: Mit dieser Einreichung erklärte die Klägerin stillschweigend (konkludent), dass das Werk den grundlegenden Standards guter wissenschaftlicher Praxis entspricht und keine Plagiate enthält.
  • Täuschung: Da die Untersuchung der Universität eine Vielzahl von ungekennzeichneten Übernahmen fremder Texte und Gedanken (Plagiate) in „Titel 1“ feststellte, entsprach diese stillschweigende Erklärung nicht der Wahrheit. Die Klägerin hat die Universität über die wissenschaftliche Redlichkeit ihres Werkes getäuscht.
  • Vorsatz: Aufgrund der Anzahl und Systematik der Plagiate (z.B. leichte Abänderung von Texten, unzureichende oder irreführende Kennzeichnung) sah das Gericht einen bedingten Vorsatz der Klägerin als erwiesen an. Sie musste wissen oder billigend in Kauf nehmen, dass ihr Werk die wissenschaftlichen Standards verletzte.
  • Keine Abmahnung erforderlich: Eine vorherige Abmahnung war nicht nötig. Die vorsätzliche Täuschung über die wissenschaftliche Qualifikation – eine Kernanforderung für eine Professur – ist eine so schwere Pflichtverletzung, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für die Universität unzumutbar war. Die Integrität des wissenschaftlichen Betriebs und die Autorität der Professorin gegenüber Studierenden wären nachhaltig beschädigt.

2. Zur Interessenabwägung

Die Interessen der Universität an der Auflösung des Arbeitsverhältnisses überwiegen das Bestandsinteresse der Professorin. Die Täuschung im Bewerbungsverfahren wirkt schwerwiegend fort und beeinträchtigt die Reputation der Universität.

3. Kein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot

Die Klägerin argumentierte, die Kündigung sei eine Sanktion für ihre öffentlichen Äußerungen (Meinungsfreiheit). Das Gericht sah jedoch keine Beweise dafür, dass dies das tragende Motiv für die Kündigung war. Das Kündigungsverfahren wurde vielmehr aufgrund der Plagiatsvorwürfe eingeleitet, die bereits vor der öffentlichen Stellungnahme der Universität bekannt wurden.

4. Verfahrensfehler ohne Relevanz

Etwaige Verfahrensfehler im universitätsinternen Untersuchungsverfahren (z.B. Fristverlängerung oder Zusammensetzung der Kommission) hatten keinen Einfluss auf das Ergebnis der Kündigungsentscheidung. Sie wurden entweder nachträglich geheilt oder waren nach den maßgeblichen Gesetzen nicht kündigungsrelevant.


Das Fazit

Die fristgerechte Kündigung der Universitätsprofessorin war wirksam. Der Grund lag in einer vorsätzlichen arglistigen Täuschung während des Bewerbungsverfahrens durch die Vorlage eines wissenschaftlich mangelhaften (Plagiate enthaltenden) Werkes.

RA und Notar Krau

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