Kündigung einer privaten Krankentagegeldversicherung durch den Versicherer

Juli 5, 2025

Kündigung einer privaten Krankentagegeldversicherung durch den Versicherer

RA und Notar Krau

Sie interessieren sich für ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 11. Januar 2017 (Az. IV ZR 152/16) und möchten wissen, was es für „Normalbürger“ bedeutet. Kurz gesagt ging es darum, ob eine Krankentagegeldversicherung nach einer Kündigung durch den Versicherer noch weiter zahlen muss, wenn der Versicherte wegen Krankheit weiterhin arbeitsunfähig ist.

Worum ging es in dem Fall?

Ein Mann hatte eine Krankentagegeldversicherung abgeschlossen. Diese Versicherung zahlt, wenn man wegen Krankheit nicht arbeiten kann und dadurch Verdienstausfall hat. In den Vertragsbedingungen (Allgemeine Versicherungsbedingungen – AVB) der Versicherung gab es zwei wichtige Punkte:

§ 14 Abs. 1 AVB:

Die Versicherung durfte den Vertrag in den ersten drei Jahren zum Ende eines jeden Versicherungsjahres mit einer Frist von drei Monaten kündigen. Das ist wie eine Art „Probezeit“ für die Versicherung.

§ 7 Satz 2 AVB:

Wenn die Versicherung kündigt, endet der Versicherungsschutz für laufende Krankheitsfälle (also wenn man schon krank war, als gekündigt wurde) erst 30 Tage nach dem eigentlichen Ende des Vertrags.

Der Mann wurde im März 2014 krank und war arbeitsunfähig. Im September 2014 kündigte die Versicherung den Vertrag zum 31. Dezember 2014, da es sich noch innerhalb der ersten drei Jahre des Vertrages befand. Die Versicherung zahlte das Krankentagegeld noch bis zum 30. Januar 2015 (also bis 30 Tage nach Vertragsende), stellte danach aber die Zahlungen ein. Der Mann war aber immer noch krank und wollte weiter Geld bekommen. Er klagte deswegen.

Was haben die Gerichte entschieden?

Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht wiesen die Klage des Mannes ab. Sie waren der Meinung, dass die Versicherung richtig gehandelt hatte. Der Mann wollte das nicht akzeptieren und ging in Revision zum Bundesgerichtshof (BGH).

Was sagt der BGH dazu?

Der BGH hat entschieden, dass die Revision des Mannes wahrscheinlich keinen Erfolg haben wird und wollte sie zurückweisen. Er hat dem Mann aber noch die Möglichkeit gegeben, dazu Stellung zu nehmen. Die wichtigsten Punkte der BGH-Begründung sind:

Zulassung der Revision:

Der BGH sah keinen Grund, die Revision zuzulassen, weil die rechtlichen Fragen in diesem Fall bereits geklärt sind und keine grundsätzliche Bedeutung für die Rechtsprechung haben. Das bedeutet, es gab keine offenen Fragen, die der BGH klären müsste, um für alle ähnlichen Fälle Klarheit zu schaffen.

Kündigungsrecht der Versicherung (§ 14 Abs. 1 AVB):

Der BGH hat schon früher entschieden, dass eine Klausel, die der Versicherung erlaubt, in den ersten drei Jahren zu kündigen, in Ordnung ist. Er nannte dies eine Art Probezeit.

Das Gesetz (Versicherungsvertragsgesetz – VVG, § 206 Abs. 1 Satz 4) erlaubt es Krankenversicherungen sogar ausdrücklich, in den ersten drei Jahren unter bestimmten Bedingungen zu kündigen.

Kündigung einer privaten Krankentagegeldversicherung durch den Versicherer

Die Kündigung der Versicherung war also zulässig.

Ende des Versicherungsschutzes nach Kündigung (§ 7 Satz 2 AVB):

Der BGH befand auch diese Klausel für wirksam. Sie benachteiligt den Versicherten nicht unangemessen.

Das Gesetz sieht kein „Leitbild“ vor, das besagt, dass eine Krankentagegeldversicherung bei einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit immer über das Vertragsende hinaus zahlen muss.

Die Krankentagegeldversicherung soll nur vorübergehende Arbeitsunfähigkeit abdecken, nicht dauerhafte Berufsunfähigkeit. Hierin unterscheidet sie sich beispielsweise von einer Berufsunfähigkeitsversicherung.

Das Kündigungsrecht der Versicherung in den ersten drei Jahren würde weitgehend ins Leere laufen, wenn sie danach unbegrenzt weiterzahlen müsste, ohne weitere Prämien zu erhalten. Die Versicherung hat ein berechtigtes Interesse, eine solche „Nachhaftung“ auszuschließen.

Die Klausel mit den 30 Tagen Nachzahlung nach Vertragsende (zusätzlich zur dreimonatigen Kündigungsfrist) ist ein fairer Ausgleich zwischen den Interessen des Versicherten (nicht sofort ohne Geld dazustehen) und der Versicherung (nicht unbegrenzt zahlen zu müssen). Der Versicherte hat also bis zu vier Monate nach der Kündigung (drei Monate Kündigungsfrist plus 30 Tage Nachlauf) noch Anspruch auf Leistungen.

Fazit für Laien

Dieses Urteil bedeutet, dass es für Krankentagegeldversicherungen im Allgemeinen in Ordnung ist, wenn sie:

In den ersten drei Jahren des Vertrages ein Kündigungsrecht haben (ähnlich einer Probezeit).

Die Zahlung von Krankentagegeld für laufende Krankheitsfälle auf einen Zeitraum von 30 Tagen nach dem tatsächlichen Ende des Vertrags beschränken, wenn sie gekündigt haben.

Man sollte also wissen, dass eine Krankentagegeldversicherung nicht zwangsläufig bis zur vollständigen Genesung zahlen muss, wenn die Versicherung das Recht zur Kündigung in Anspruch nimmt und dies in den Vertragsbedingungen entsprechend geregelt ist. Der Schutz ist zeitlich begrenzt, was für den Versicherer eine gewisse Planbarkeit und Risikobegrenzung darstellt.

Verfahrenshinweis:

Das Revisionsverfahren wurde später durch eine Rücknahme der Revision durch den Kläger beendet. Das bedeutet, dass der Kläger seine Beschwerde vor dem BGH zurückgezogen hat. Die hier erläuterte Rechtsauffassung des BGH, die er in seinem Beschluss dargelegt hat, bleibt aber dennoch relevant und gibt einen Einblick in die rechtliche Bewertung solcher Vertragsklauseln.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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