Kündigung eines Prämiensparvertrags nach Erreichen der höchsten Prämienstufe
Gerne fasse ich das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Kündigung eines Prämiensparvertrags zusammen.
Das Urteil des BGH vom 22. Oktober 2024 (Az. XI ZR 214/23) betrifft die Frage, wann eine Sparkasse einen langfristigen Prämiensparvertrag ordentlich kündigen darf, insbesondere wenn der Vertrag eine sogenannte Dynamisierung der Sparbeiträge vorsieht.
Ein Prämiensparvertrag, wie der hier betroffene „S-Prämiensparen flexibel“, ist ein spezielles Sparkonto. Der Sparer zahlt in der Regel monatlich feste Beträge ein und erhält zusätzlich zu den variablen Zinsen eine Sparprämie von der Bank.
Diese Prämie steigt typischerweise über eine Prämienstaffel an, je länger der Sparer regelmäßig einzahlt. Bei dem hier verhandelten Vertrag stieg die Prämie bis zum 15. Sparjahr auf die höchste Stufe von 50 % der jährlichen Sparleistung an.
Im vorliegenden Fall war zusätzlich vereinbart, dass sich die monatliche Sparrate jährlich um einen festen Prozentsatz (hier 5 %) erhöht.
Die Hauptfrage war: Darf die Sparkasse den Vertrag ordentlich kündigen, obwohl er formal eine Laufzeit von „max. 25 Jahre“ hatte und eine Dynamisierung der Sparbeiträge enthielt?
Der BGH stellte zunächst klar, dass dieser Sparvertrag rechtlich als unregelmäßiger Verwahrungsvertrag (§ 700 BGB) und nicht als Darlehen eingestuft wird. Entscheidend war hier, dass der Sparer nicht zur Zahlung der monatlichen Sparbeiträge verpflichtet war, sondern jederzeit mit dem Sparen aufhören konnte. Dies ist ein wichtiger Unterschied zum klassischen Darlehen, bei dem der Darlehensnehmer zur Rückzahlung verpflichtet ist.
Grundsätzlich haben sowohl der Sparer als auch die Bank bei dieser Art von Vertrag ein ordentliches Kündigungsrecht (§§ 700 Abs. 1 Nr. 3, 696 BGB).
Allerdings hat der BGH in früheren Urteilen entschieden, dass dieses Kündigungsrecht der Bank stillschweigend ausgeschlossen ist, solange die Prämienstaffel noch nicht die höchste Stufe erreicht hat.
Die Prämienstaffel ist ein besonderer Sparanreiz. Die Bank darf diesen Anreiz nicht durch eine Kündigung vorzeitig zunichtemachen.
Dieser Kündigungsausschluss gilt aber nur bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe. Der Sparer kann vernünftigerweise nicht erwarten, dass die Bank ihm eine zeitlich unbegrenzte Sparmöglichkeit mit hohen Prämien einräumt.
Im verhandelten Fall war die höchste Prämienstufe mit dem 15. Sparjahr erreicht.
Die Sparkasse kündigte den Vertrag, nachdem die höchste Prämienstufe erreicht war. Der Sparer klagte und argumentierte, die Dynamisierung (die jährliche Erhöhung der Sparbeiträge) schaffe einen besonderen Anreiz, der den Kündigungsausschluss bis zur Maximallaufzeit von 25 Jahren verlängere.
Der BGH wies diese Argumentation zurück und gab der Sparkasse Recht:
Der besondere Sparanreiz, der das Kündigungsrecht der Bank ausschließt, endet mit dem Erreichen der höchsten Prämienstufe (nach 15 Jahren).
Die Dynamisierung (jährliche 5 % Erhöhung) verlängert diesen Anreiz nicht. Zwar wird der Sparbetrag und damit auch die absolute Höhe der Prämie nach dem 15. Jahr jedes Jahr höher. Aber das Verhältnis der Prämie zur Sparleistung (der Prozentsatz) bleibt ab der höchsten Stufe gleich (hier 50 %). Es gibt also keinen weiteren prozentualen Anstieg der Prämie mehr, der einen Kündigungsausschluss über das 15. Jahr hinaus rechtfertigen würde.
Die Sparkasse durfte den Vertrag kündigen, da sie die 15 Jahre Kündigungsausschluss abgewartet hatte und einen sachgerechten Grund (hier: das veränderte Zinsumfeld, das es der Bank erschwert, die Kosten für die hohen Prämienzahlungen zu erwirtschaften) vorweisen konnte.
Die Kündigung der Sparkasse war wirksam. Der Sparvertrag endete, da der mit der Prämienstaffel gesetzte Kündigungsausschluss nach dem 15. Sparjahr (dem Erreichen der höchsten Prämienstufe) nicht mehr bestand.
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