Kündigung Nießbrauch
BGH-Urteil V ZR 233/20 vom 21.01.2022
Kernaussage:
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in diesem Urteil entschieden, dass ein Nießbrauch nicht einfach so gekündigt werden kann.
Auch wenn der Nießbraucher seine Pflichten verletzt, kann der Eigentümer den Nießbrauch nicht ohne Weiteres beenden.
Hintergrund:
In dem Fall hatte die Klägerin ihrem damaligen Lebensgefährten ein lebenslanges Nießbrauchsrecht an ihrem Grundstück eingeräumt.
Der Nießbraucher sollte dafür ein monatliches Entgelt zahlen und die Grundsteuer tragen.
Da er die Grundsteuer nicht mehr zahlte, kündigte die Klägerin den Vertrag und verlangte die Löschung des Nießbrauchs.
Der BGH entschied, dass die Klägerin den Nießbrauch nicht wirksam kündigen konnte.
Begründung:
Nießbrauch ist kein Dauerschuldverhältnis:
Ein Nießbrauch ist ein dingliches Recht, das dem Nießbraucher bestimmte Nutzungsrechte an einer Sache einräumt.
Er ist kein Dauerschuldverhältnis, das nach § 314 BGB gekündigt werden könnte.
Daher kann der Eigentümer den Nießbrauch nicht einfach beenden, selbst wenn der Nießbraucher seinen Pflichten nicht nachkommt.
Kausalverhältnis und gesetzliches Schuldverhältnis:
Zu unterscheiden ist zwischen dem Kausalverhältnis, das dem Nießbrauch zugrunde liegt (z.B. ein Kaufvertrag), und dem gesetzlichen Schuldverhältnis zwischen Eigentümer und Nießbraucher.
Das Kausalverhältnis ist der Grund für die Entstehung des Nießbrauchs.
Es regelt die Gegenleistung, die der Nießbraucher für die Einräumung des Nießbrauchs erbringt.
Das gesetzliche Schuldverhältnis regelt die Rechte und Pflichten von Eigentümer und Nießbraucher während des Bestehens des Nießbrauchs, z.B. die Pflicht des Nießbrauchers zur Instandhaltung der Sache.
Verletzung von Pflichten aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis:
Verletzt der Nießbraucher seine Pflichten aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis (z.B. die Pflicht zur Zahlung der Grundsteuer), berechtigt dies den Eigentümer nicht zur Kündigung des Nießbrauchs.
Ihm stehen in diesem Fall andere Möglichkeiten zu, z.B. die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen.
Kündigung des Kausalverhältnisses:
Anders kann es aussehen, wenn der Nießbraucher die Gegenleistung für die Einräumung des Nießbrauchs nicht erbringt, z.B. ein vereinbartes Entgelt nicht zahlt.
In diesem Fall kann der Eigentümer das Kausalverhältnis unter Umständen kündigen.
Dies führt dazu, dass der Nießbrauch rückabgewickelt wird und der Eigentümer die Sache zurückverlangen kann.
Im konkreten Fall:
Der BGH hat die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Dieses muss nun prüfen, ob der Beklagte das vereinbarte Entgelt gezahlt hat.
Falls nicht, muss das Gericht entscheiden, ob die Nichtzahlung einen wichtigen Grund für die Kündigung des Kausalverhältnisses darstellt.
Fazit:
Das Urteil des BGH verdeutlicht, dass ein Nießbrauch nicht leichtfertig gekündigt werden kann.
Selbst wenn der Nießbraucher seinen Pflichten nicht nachkommt, hat der Eigentümer nicht ohne Weiteres das Recht, den Nießbrauch zu beenden.
Nur unter bestimmten Voraussetzungen, z.B. bei Nichtzahlung der Gegenleistung für die Einräumung des Nießbrauchs, kann eine Kündigung des Kausalverhältnisses und damit eine Rückabwicklung des Nießbrauchs in Betracht kommen.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.