Kündigungsrecht eines BGB-Gesellschafters vor MoPeG – OLG Frankfurt am Main 16 U 18/12
Kernaussage:
Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat entschieden, dass eine gesellschaftsvertragliche Regelung,
die die Folgen der Kündigung eines BGB-Gesellschafters regelt, nicht gegen § 723 Abs. 3 BGB verstößt,
wenn sie zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses keine unangemessene Beschränkung des Kündigungsrechts darstellt.
Ändern sich die wirtschaftlichen Verhältnisse später, kann es geboten sein, die Regelung im Wege ergänzender Vertragsauslegung anzupassen.
Sachverhalt:
Der Kläger war Gesellschafter zweier geschlossener Immobilienfonds.
Er kündigte seine Beteiligungen und die Beklagten verkauften seine Gesellschaftsanteile gemäß der Regelung im Gesellschaftsvertrag an einen Dritten.
Der Kläger machte geltend, dass die Veräußerung unwirksam sei, da die gesellschaftsvertragliche Regelung gegen § 723 Abs. 3 BGB verstoße.
Entscheidungsgründe:
Das OLG Frankfurt am Main entschied, dass die gesellschaftsvertragliche Regelung nicht gegen § 723 Abs. 3 BGB verstoße.
Kündigungsrecht:
§ 723 Abs. 3 BGB bestimme, dass eine Vereinbarung nichtig ist, wenn sie das Kündigungsrecht eines Gesellschafters ausschließt oder unangemessen beschränkt.
Prüfungszeitpunkt:
Für die Prüfung, ob eine unangemessene Beschränkung vorliegt, sei auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen.
Zum Zeitpunkt des Abschlusses der Gesellschaftsverträge in den 1990er Jahren sei es für einen kündigenden Gesellschafter kein Problem gewesen, einen angemessenen Kaufpreis für seine Anteile zu erzielen.
Änderung der Verhältnisse:
Im Jahre 2011, als der Kläger seine Beteiligungen kündigte, seien die wirtschaftlichen Verhältnisse anders gewesen.
Die Beklagten hätten die Anteile des Klägers zu einem niedrigen Preis verkauft.
Ergänzende Vertragsauslegung:
Da sich die Verhältnisse seit Vertragsschluss geändert hätten, sei es geboten, die gesellschaftsvertragliche Regelung im Wege ergänzender Vertragsauslegung anzupassen.
Der Kläger habe Anspruch auf die Hälfte der Differenz zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und dem Abfindungsguthaben, das er bei einer ordnungsgemäßen Abfindung erhalten hätte.
Zusammenfassung der wichtigsten Punkte:
Praxisrelevanz:
Die Entscheidung des OLG Frankfurt am Main ist von Bedeutung für die Praxis von BGB-Gesellschaften.
Sie zeigt, dass gesellschaftsvertragliche Regelungen, die das Kündigungsrecht eines Gesellschafters regeln,
auch dann wirksam sein können, wenn sie sich im Nachhinein als nachteilig für den Gesellschafter erweisen.
In diesen Fällen kann eine Anpassung der Regelung im Wege ergänzender Vertragsauslegung in Betracht kommen.
Das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG), das am 1. Januar 2024 in Kraft getreten ist,
hat das Kündigungsrecht eines BGB-Gesellschafters maßgeblich geändert.
Vor dem MoPeG führte die Kündigung eines Gesellschafters einer unbefristeten GbR grundsätzlich zur Auflösung der gesamten Gesellschaft,
sofern der Gesellschaftsvertrag keine abweichenden Regelungen enthielt.
Nach dem MoPeG ist die Rechtsfolge der Kündigung eines Gesellschafters nunmehr grundsätzlich dessen Ausscheiden aus der Gesellschaft,
während die Gesellschaft mit den verbleibenden Gesellschaftern fortbesteht (§ 723 Abs. 1 BGB n.F.).
Wichtige Aspekte der Änderungen:
Die Kündigung führt nicht mehr automatisch zur Auflösung der GbR.
Dies soll die Kontinuität der Gesellschaft stärken.
Die übrigen Gesellschafter führen die Gesellschaft nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters fort, sofern der Gesellschaftsvertrag keine Auflösung in diesem Fall vorsieht.
Der ausscheidende Gesellschafter hat in der Regel einen Anspruch auf Abfindung (§ 728 BGB n.F.).
Unabhängig von der Dauer der Gesellschaft kann jeder Gesellschafter die Gesellschaft aus wichtigem Grund fristlos kündigen (§ 731 BGB n.F.).
Dieses Recht ist nicht abdingbar.
Eine ordentliche Kündigung darf nicht zur Unzeit erfolgen, es sei denn, es liegt ein wichtiger Grund vor.
Andernfalls kann der kündigende Gesellschafter schadensersatzpflichtig sein (§ 723 Abs. 2 BGB n.F.).
Bis zum 31. Dezember 2024 besteht unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, durch eine entsprechende Vereinbarung festzulegen,
dass die Rechtslage vor dem MoPeG weiterhin Anwendung findet und die Kündigung eines Gesellschafters zur Auflösung der Gesellschaft führt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das MoPeG das Kündigungsrecht eines BGB-Gesellschafters grundlegend verändert hat,
indem es das Ausscheiden des Gesellschafters anstelle der Auflösung der Gesellschaft als primäre Rechtsfolge etabliert hat.
Bestehende Gesellschaftsverträge sollten auf die neuen Regelungen hin überprüft und gegebenenfalls angepasst werden.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.