Kündigungsschutz nach Abberufung als Geschäftsführer
Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts (14 SLa 578/24) vom 28. Februar 2025
Der Kläger, ein 53-jähriger Mann, war bei der Beklagten seit dem 1. April 2021 als „Geschäftsführer (Vice President für A)“ beschäftigt.
Sein Arbeitsvertrag enthielt eine Klausel, die der Beklagten das Recht einräumte, ihm auch andere Aufgaben zuzuweisen.
Am 8. November 2022 wurde ihm mitgeteilt, dass er als Geschäftsführer abberufen wird, was am 1. Februar 2023 geschah.
Die Beklagte suchte erfolglos nach einer gleichwertigen Stelle für ihn.
Am 28. Juni 2023 erhielt der Kläger eine Kündigung zum 31. Dezember 2023.
Das Arbeitsgericht Darmstadt entschied, dass die Kündigung nicht vor dem 31. Januar 2024 wirksam sei.
Es argumentierte, dass das Kündigungsschutzgesetz (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG) keine Anwendung finde, da der Kläger als Geschäftsführer tätig war.
Der Kläger legte Berufung ein und argumentierte, dass die Kündigung unwirksam sei, da er zum Zeitpunkt der Kündigung nicht mehr als Geschäftsführer tätig war
und daher unter den allgemeinen Kündigungsschutz falle.
Das Hessische Landesarbeitsgericht gab der Berufung des Klägers teilweise statt und stellte fest, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 28. Juni 2023 nicht aufgelöst wurde.
Das Gericht argumentierte, dass § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG, der den Kündigungsschutz für Organmitglieder ausschließt, nicht anwendbar sei,
da der Kläger zum Zeitpunkt der Kündigung nicht mehr Geschäftsführer war.
Das Gericht führte aus, dass es für die Anwendbarkeit dieser Vorschrift maßgeblich sei, ob die Organstellung zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs noch bestand.
Das Gericht wies darauf hin, dass der Wortlaut des § 14 Abs. 1 KSchG an die Person des Kündigungsempfängers anknüpfe,
der zur gesetzlichen Vertretung des Arbeitgebers berufen ist, und nicht an das zu kündigende Vertragsverhältnis.
Auch systematische Erwägungen sprächen gegen eine andere Auslegung.
Das Gericht betonte, dass der Kläger nach seiner Abberufung keine Arbeitgeberfunktion mehr ausüben konnte und daher nicht mehr dem „Arbeitgeberlager“ zuzurechnen sei.
Es sei nicht gerechtfertigt, den ehemaligen Geschäftsführer kündigungsschutzrechtlich schlechter zu stellen als andere leitende Angestellte.
Selbst wenn man annehme, dass für das Eingreifen von § 14 Abs. 1 KSchG auf das der Bestellung zum Organvertreter zugrundeliegende Vertragsverhältnis abzustellen ist, so kann dies jedenfalls nur gelten,
wenn der Arbeitsvertrag dahingehend auszulegen ist, dass der Arbeitnehmer ausschließlich eine Tätigkeit im Rahmen der Organstellung schulden soll.
Nimmt der Arbeitgeber dagegen ausdrücklich das Recht in Anspruch, dem Arbeitnehmer unabhängig von dessen Organstellung Arbeitsaufgaben zuzuweisen,
muss die Negativfiktion des § 14 Abs. 1 KSchG mit dem Ende der Organstellung entfallen.
Im vorliegenden Fall hatte sich die Beklagte im Vertrag vom 31. März 2021 ausdrücklich das Recht vorbehalten, dem Kläger auch andere, gleichwertige Arbeiten als die des Geschäftsführers zuzuweisen.
Damit haben die Parteien gerade vereinbart, dass der Arbeitsvertrag zwischen ihnen nicht nur vor dem Hintergrund einer Amtsstellung des Klägers bei der Beklagten geschlossen wurde.
Daher kam das Gericht zu dem Schluss, dass die Kündigung sozial ungerechtfertigt und damit unwirksam war.
Die Anträge des Klägers auf Weiterbeschäftigung als Vice President for A oder hilfsweise als Special Project Manager wurden als unzulässig abgewiesen, da sie nicht hinreichend bestimmt waren.
Das Gericht ließ die Revision für die Beklagte zu, da die Frage, ob ein abberufener Geschäftsführer Kündigungsschutz genießt, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darstellt.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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