LAG Schleswig-Holstein 6 Sa 337/20

Januar 17, 2022

Fortbestand Arbeitsverhältnis nach Betriebsübernahme – LAG Schleswig-Holstein 6 Sa 337/20

RA und Notar Krau

Kernaussage:

Das Urteil befasst sich mit der Wirksamkeit einer Kündigungsschutzklage nach einer Betriebsübernahme.

Das Gericht entschied, dass die Klage nicht fristgerecht eingereicht wurde, da sie nicht den Anforderungen des elektronischen Rechtsverkehrs entsprach.

Die Berufung der Klägerin wurde zurückgewiesen und die Revision zugelassen.

Sachverhalt:

Die Klägerin erhielt eine ordentliche Kündigung im Zusammenhang mit einer Betriebsübernahme aus der Insolvenz.

Sie reichte Kündigungsschutzklage per Fax ein, obwohl seit dem 1.1.2020 in Schleswig-Holstein für professionelle Einreicher die Pflicht zur elektronischen Einreichung bestand.

Das Gericht wies darauf hin, dass die Klage unzulässig sein könnte und forderte eine erneute Einreichung im richtigen Format.

Die Klägerin reichte die Klage mehrmals elektronisch nach, jedoch entsprachen die Dokumente nicht den technischen Anforderungen (falsches Dateiformat, nicht eingebettete Schriftarten).

Fortbestand Arbeitsverhältnis nach Betriebsübernahme – LAG Schleswig-Holstein 6 Sa 337/20

Entscheidungsgründe:

  • Formfehler führen zur Unzulässigkeit: Die per Fax eingereichte Klage war unzulässig, da sie nicht den Anforderungen des elektronischen Rechtsverkehrs entsprach. Auch die nachgereichten elektronischen Dokumente waren unzulässig, da sie entweder das falsche Dateiformat hatten oder nicht eingebettete Schriftarten enthielten.
  • Keine Heilung des Formmangels: Die Klägerin konnte den Formmangel nicht heilen, da sie die inhaltliche Übereinstimmung der nachgereichten Dokumente mit dem ursprünglichen Dokument nicht glaubhaft gemacht hatte, obwohl das Gericht sie darauf hingewiesen hatte.
  • Keine Wiedereinsetzung oder nachträgliche Zulassung: Das Gericht lehnte eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder eine nachträgliche Zulassung der Klage ab, da die Klägerin bzw. ihr Anwalt die Klage bei Anwendung der zumutbaren Sorgfalt frist- und formgerecht hätte einreichen können.
  • Vertrauensschutz: Die Klägerin konnte sich nicht auf Vertrauensschutz berufen, da das Gericht sie ausdrücklich auf die Formfehler und Heilungsmöglichkeiten hingewiesen hatte. Auch eine angebliche telefonische Bestätigung der Geschäftsstelle, dass alles in Ordnung sei, konnte kein Vertrauen begründen.
  • Verfassungsgemäßigkeit der Vorschriften: Das Gericht stellte fest, dass die Vorschriften zum elektronischen Rechtsverkehr verfassungskonform sind und den Zugang zu den Gerichten nicht in unzumutbarer Weise erschweren. Die Pflicht zur aktiven Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs sei sachlich gerechtfertigt und verhältnismäßig.
  • Bedeutung der technischen Anforderungen: Die technischen Anforderungen an elektronische Dokumente dienen der Gewährleistung einer langfristigen Lesbarkeit und Dokumentensicherheit. Sie sind daher für alle Gerichte und Gerichtsbarkeiten einheitlich anzuwenden.

Fortbestand Arbeitsverhältnis nach Betriebsübernahme – LAG Schleswig-Holstein 6 Sa 337/20

Fazit:

Das Urteil unterstreicht die Bedeutung der Einhaltung der formalen Anforderungen bei der elektronischen Einreichung von Klagen und Schriftsätzen.

Formfehler können zur Unzulässigkeit der Klage führen und einen Rechtsverlust nach sich ziehen.

Anwälte sind verpflichtet, sich mit den technischen Anforderungen vertraut zu machen und diese einzuhalten.

Das Gericht hat keinen Ermessensspielraum bei der Beurteilung der formalen Zulässigkeit und kann sich nicht auf eine angebliche Bearbeitungsfähigkeit des Dokuments berufen.

RA und Notar Krau

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