Kündigungsschutzklage – Schweizer Recht – Rechtswahl

April 28, 2019

Kündigungsschutzklage – Schweizer Recht – Rechtswahl

LAG Hessen 07.05.2015 – 9 Sa 1036/14 – § 23 I KSchG

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Hintergrund:

Im vorliegenden Fall ging es um die Kündigungsschutzklage eines Arbeitnehmers (Kläger), der bei einer deutschen Firma (Beklagte) tätig war, deren Arbeitsverträge schweizerischem Recht unterlagen.

Der Kläger behauptete, dass das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) zur Anwendung komme, da die Firma insgesamt mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftige,

wenn man die Mitarbeiter der schweizerischen Niederlassung mit einbeziehe.

Die Beklagte argumentierte dagegen, dass die Mitarbeiter der schweizerischen Niederlassung nicht mitzuzählen seien.

Tatbestand:

Der Kläger war seit dem 1. Juli 2007 als Sales- und Marketingmanager bei der AXXX GmbH und später bei der Beklagten beschäftigt.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2013.

Der Kläger verdiente EUR 7.900 brutto im Monat. Im Jahr 2009 erwarb die Beklagte die Sparte Industriestoffe von der AXXX GmbH,

einschließlich einer Niederlassung in der Schweiz, wo elf Arbeitnehmer, darunter Herr NXXX und Frau MXXX, beschäftigt waren.

Argumentation Kläger:

Der Kläger behauptete, die schweizerische Niederlassung sei Teil des Betriebs der Beklagten und deren Mitarbeiter müssten

bei der Berechnung der Beschäftigtenzahl berücksichtigt werden, wodurch das KSchG zur Anwendung käme.

Kündigungsschutzklage – Schweizer Recht – Rechtswahl

Er verwies auf die Geschäftsberichte und behauptete, dass einige Mitarbeiter der schweizerischen Niederlassung,

insbesondere Herr NXXX und Frau MXXX, ihre Arbeit hauptsächlich in Deutschland ausübten.

Argumentation Beklagte:

Die Beklagte hielt dagegen, dass die Mitarbeiter der schweizerischen Niederlassung nicht in die Berechnung der Beschäftigtenzahl einzubeziehen seien,

da diese einer anderen Rechtsordnung unterlägen und unabhängig von der deutschen Niederlassung operierten.

Herr NXXX und Frau MXXX würden ihre Weisungen von der schweizerischen Niederlassung erhalten und dort bezahlt.

Entscheidung des Arbeitsgerichts:

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main wies die Klage ab.

Es stellte fest, dass das KSchG keine Anwendung finde, da im deutschen Betrieb der Beklagten zum Zeitpunkt der Kündigung nicht mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt waren.

Die Mitarbeiter der schweizerischen Niederlassung seien nicht mitzuzählen, da sie einer anderen Rechtsordnung unterlägen und

somit nicht zur Berechnung der Beschäftigtenzahl nach § 23 Abs. 1 KSchG herangezogen werden könnten.

Berufung des Klägers:

Der Kläger legte Berufung ein und argumentierte, dass das Arbeitsgericht ohne ausreichende Tatsachengrundlage entschieden habe.

Kündigungsschutzklage – Schweizer Recht – Rechtswahl

Er betonte erneut, dass die Rechtswahlklauseln in den Arbeitsverträgen unwirksam seien, weil sie den Arbeitnehmern den Schutz des deutschen Kündigungsschutzgesetzes entziehen würden.

Zudem sei die Kleinbetriebsklausel verfassungswidrig, wenn man die Konzernstruktur der Beklagten berücksichtige.

Entscheidung des LAG:

Das Landesarbeitsgericht (LAG) wies die Berufung des Klägers zurück.

Es bestätigte, dass die Mitarbeiter der schweizerischen Niederlassung nicht in die Berechnung der Beschäftigtenzahl einfließen, da sie nicht in einem Betrieb innerhalb der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt seien.

Auch wenn auf die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter NXXX und MXXX teilweise deutsches Recht Anwendung finde, ändere dies nichts daran, dass diese Mitarbeiter insgesamt dem schweizerischen Recht

unterlägen und somit nicht zur Berechnung der Betriebsgröße nach § 23 Abs. 1 KSchG herangezogen werden könnten.

Kosten:

Der Kläger trägt die Kosten seiner erfolglosen Berufung gemäß § 97 Abs. 1 ZPO.

Kündigungsschutzklage – Schweizer Recht – Rechtswahl

Zulassung der Revision:

Das LAG ließ die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der entscheidungserheblichen Rechtsfrage zu, ob Arbeitnehmer einer ausländischen Niederlassung, die partiell deutschem Recht

unterliegen, bei der Berechnung der Beschäftigtenzahl nach § 23 Abs. 1 KSchG zu berücksichtigen sind.

Schlussfolgerung:

Zusammenfassend entschied das Gericht, dass Arbeitnehmer, die in einer selbständigen schweizerischen Niederlassung beschäftigt sind und deren Arbeitsverträge schweizerischem Recht unterliegen, nicht bei

der Berechnung der Mindestbeschäftigtenzahl nach § 23 Abs. 1 KSchG mitzählen, auch wenn auf ihre Arbeitsverhältnisse teilweise deutsches Recht Anwendung findet.

Diese Entscheidung bestätigt die Begrenzung des Anwendungsbereichs des deutschen Kündigungsschutzgesetzes auf in Deutschland gelegene Betriebe und die daraus resultierende

Nichtberücksichtigung ausländischer Arbeitnehmer in solchen Fällen.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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