Kürzungsrecht der Erben gegenüber Vermächtnisnehmern bei Verjährung des Pflichtteilsanspruchs – OLG München Urteil vom 05. Mai 2008 – 21 U 5663/07
In diesem Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) München vom 5. Mai 2008 geht es um die Frage, ob Erben das Recht haben, das zugunsten eines Vermächtnisnehmers ausgesetzte Vermächtnis wegen einer Pflichtteilslast zu kürzen, insbesondere wenn der Pflichtteilsanspruch verjährt ist.
Tenor des Urteils
Das Gericht entschied wie folgt:
Die Berufung der Klägerin wird angenommen und das vorherige Urteil des Landgerichts München I abgeändert, sodass die Verpflichtung zur Zahlung von 120.756 Euro an den Beklagten zu 4) als Testamentsvollstrecker entfällt.
Die Berufungen der Beklagten zu 2) und 4) werden zurückgewiesen.
Kostenverteilung:
Die Klägerin trägt 2/5 der Gerichtskosten, die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner 2/5 und der Beklagte zu 4) als Testamentsvollstrecker 1/5.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 3) und des Beklagten zu 4) als Nacherbe trägt die Klägerin.
Die Beklagten zu 1) und 2) tragen 2/5 der außergerichtlichen Kosten der Klägerin, der Beklagte zu 4) trägt als Testamentsvollstrecker 1/5.
Die Berufungsverfahrenskosten werden zu 2/3 von den Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner und zu 1/3 vom Beklagten zu 4) als Testamentsvollstrecker getragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung.
Eine Revision wird nicht zugelassen.
Sachverhalt und Argumentation
In der Berufungsinstanz stritten die Parteien nur noch über das Recht zur Kürzung des Vermächtnisses zugunsten der Klägerin aufgrund einer Pflichtteilslast und über die Höhe dieses Kürzungsrechts.
Klägerin: Die Klägerin beantragte, das Urteil des Landgerichts abzuändern und das Grundstück ohne Gegenleistung auf sie zu übertragen.
Beklagte:
Die Beklagten forderten, dass das Grundstück nur Zug-um-Zug gegen Zahlung von 120.756 Euro an den Testamentsvollstrecker übertragen wird.
Sie argumentierten, dass ein Kürzungsrecht gemäß § 2318 BGB bestehe.
Das OLG entschied, dass der Klägerin aufgrund des wirksam verfügten Vermächtnisses ein Anspruch auf Übertragung des Grundstücks zusteht, der nicht gemäß § 2318 BGB gekürzt werden darf.
Rechtsgrundlagen und Begründung
§ 2318 BGB:
Dieser Paragraph erlaubt den Erben, Vermächtnisse zu kürzen, um Pflichtteilslasten zu decken.
Das Gericht stellte fest, dass dieses Kürzungsrecht auch dem Testamentsvollstrecker zusteht.
Verjährung des Pflichtteilsanspruchs:
Der Pflichtteilsanspruch des dritten Sohnes, Horst G., war jedoch verjährt. Er hatte spätestens am 24. Juli 2002 Kenntnis von seinem Anspruch und die dreijährige Verjährungsfrist war abgelaufen.
Da die Verjährung eingetreten war, konnte dieser Anspruch nicht mehr geltend gemacht werden.
Die Beklagten konnten nicht beweisen, dass die Verjährung gehemmt wurde.
Kein Kürzungsrecht:
Da der Pflichtteilsanspruch objektiv verjährt war, konnte den Beklagten kein Kürzungsrecht zustehen, auch wenn sie die Verjährungseinrede nicht erhoben haben.
Eine Kürzung des Vermächtnisses wäre daher nicht gerechtfertigt, da die Erben und der Testamentsvollstrecker nicht tatsächlich belastet waren.
Kostenentscheidung und vorläufige Vollstreckbarkeit
Kosten:
Die Kostenverteilung erfolgte nach dem jeweiligen Anteil der Verfahrensbeteiligten am Rechtsstreit und den erzielten Erfolgen bzw. Misserfolgen.
Vorläufige Vollstreckbarkeit:
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung, um die Interessen beider Parteien bis zur endgültigen Entscheidung zu wahren.
Nichtzulassung der Revision
Eine Revision wurde nicht zugelassen, da die Voraussetzungen dafür nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt waren.
Es lag weder eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache vor, noch war eine Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
Fazit
Das Urteil des OLG München stellt klar, dass das Kürzungsrecht der Erben gemäß § 2318 BGB bei einem verjährten Pflichtteilsanspruch nicht greift.
Die Erben können keine Kürzung des Vermächtnisses vornehmen, wenn der Anspruch auf den Pflichtteil objektiv verjährt ist, auch wenn sie die Verjährungseinrede nicht erhoben haben.
Dieses Urteil hat Bedeutung für zukünftige Fälle, in denen die Verjährung von Pflichtteilsansprüchen und das Kürzungsrecht der Erben strittig sind.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
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Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.