Kumulation Zweifelsregeln § 2069 + § 2270 II BGB

Juni 12, 2016

Kumulation der Zweifelsregeln von § 2069 und § 2270 Absatz 2 BGB,

OLG Schleswig 3 W 13/10

Wechselbezüglichkeit der Schlusserbeneinsetzung

RA und Notar Krau

Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat in einem Beschluss vom 25. Juni 2010 entschieden,

dass die Zweifelsregeln der §§ 2069 und 2270 Abs. 2 BGB nicht kumuliert angewendet werden können.

Dies bedeutet, dass eine auf § 2069 BGB beruhende Ersatzerbenstellung nicht automatisch als wechselbezüglich im Sinne des § 2270 Abs. 2 BGB angesehen werden kann.

Der Fall betraf eine Erblasserin, die in einem gemeinschaftlichen Testament mit ihrem vorverstorbenen Ehemann ihren Sohn aus erster Ehe als Schlusserben eingesetzt hatte.

Die Enkelkinder des Sohnes waren im Testament nicht erwähnt.

Nach dem Tod des Sohnes beantragte die Enkelin die Feststellung, dass sie neben den beiden Söhnen der Erblasserin Miterbin geworden sei.

Kumulation Zweifelsregeln § 2069 + § 2270 II BGB

Sie berief sich dabei auf die gesetzliche Zweifelsregel des § 2069 BGB, wonach im Zweifel anzunehmen ist, dass die Abkömmlinge eines Erben als Ersatzerben eingesetzt werden sollen.

Das Oberlandesgericht wies den Antrag der Enkelin zurück.

Es führte aus, dass die Ersatzerbenstellung der Enkelin zwar auf § 2069 BGB beruhe, diese aber nicht automatisch als wechselbezüglich im Sinne des § 2270 Abs. 2 BGB anzusehen sei.

Eine Wechselbezüglichkeit liege nur dann vor, wenn sich aus dem Testament oder den Umständen eindeutig ergebe,

dass die Erblasser die Ersatzerbenberufung bindend gestalten wollten.

Dies sei hier nicht der Fall.

Das Gericht stützte sich dabei auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 2002, 1126),

wonach eine Kumulation der Auslegungsregeln des § 2069 BGB und des § 2270 Abs. 2 BGB nicht möglich ist.

Der BGH hatte argumentiert, dass § 2069 BGB für sich genommen nichts über die Bindungswirkung in einem gemeinschaftlichen Testament aussage.

Kumulation Zweifelsregeln § 2069 + § 2270 II BGB

Eine Kumulation mit § 2270 Abs. 2 BGB würde dazu führen, dass ein nicht feststellbarer Wille zur Bindung

in Bezug auf eine durch Auslegung nicht feststellbare Verfügung angenommen wird.

Dies lasse sich nicht mehr durch einen allgemeinen Erfahrungssatz rechtfertigen.

Das Oberlandesgericht Schleswig schloss sich dieser Argumentation an.

Es betonte, dass die Frage der Wechselbezüglichkeit für jede einzelne Verfügung gesondert zu untersuchen sei.

Die Ersatzerbeneinsetzung stelle eine selbstständige Verfügung dar, die nicht automatisch an die Wechselbezüglichkeit der Schlusserbeneinsetzung gekoppelt sei.

Das Gericht prüfte daher, ob sich aus dem Testament oder den Umständen Anhaltspunkte für eine Wechselbezüglichkeit der Ersatzerbeneinsetzung ergaben.

Es kam jedoch zu dem Ergebnis, dass dies nicht der Fall sei.

Insbesondere spreche der Umstand, dass die Enkelkinder im Testament nicht erwähnt wurden, gegen eine bindende Ersatzerbenberufung.

OLG Schleswig 3 W 13/10

Das Oberlandesgericht Schleswig hat mit seiner Entscheidung die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs

zur Kumulation der Zweifelsregeln der §§ 2069 und 2270 Abs. 2 BGB bestätigt.

Es hat klargestellt, dass eine auf § 2069 BGB beruhende Ersatzerbenstellung nicht automatisch als wechselbezüglich anzusehen ist.

Vielmehr muss im Einzelfall geprüft werden, ob sich aus dem Testament oder den Umständen ein entsprechender Wille der Erblasser ergibt.

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Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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