LAG Hessen 17 Sa 1094/13 – Internetnutzung während der Arbeitszeit

November 12, 2024

LAG Hessen 17 Sa 1094/13 – Internetnutzung während der Arbeitszeit

RA und Notar Krau

Sachverhalt:

Der Kläger war bei der Beklagten beschäftigt.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos, hilfsweise mit sozialer Auslauffrist, wegen des Vorwurfs bzw. Verdachts

der exzessiven privaten Internetnutzung während der Arbeitszeit, einschließlich des Aufrufs pornografischer Seiten.

Das Arbeitsgericht gab der Klage des Arbeitnehmers auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung statt.

Es begründete dies damit, dass die Beklagte die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten habe.

Die Beklagte legte Berufung ein.

LAG Hessen 17 Sa 1094/13 – Internetnutzung während der Arbeitszeit

Entscheidung des Landesarbeitsgerichts:

Das Landesarbeitsgericht änderte das Urteil des Arbeitsgerichts ab und wies die Klage ab. Es entschied, dass die Kündigung wirksam war.

Begründung:

  1. Vorliegen eines wichtigen Grundes i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB:
  • Es bestand der dringende Verdacht, dass der Kläger während der Arbeitszeit in erheblichem Umfang privat im Internet surfte und dabei Seiten mit pornografischen Inhalten öffnete.
  • Dies stellt eine Verletzung arbeitsvertraglicher Nebenpflichten dar und ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darzustellen.
  • Der dringende Verdacht ergab sich aus der Auswertung einer Fangschaltung, die die Internetnutzung des Klägers während seiner Arbeitszeit aufzeichnete.
  • Die private Internetnutzung war dem Kläger ausdrücklich verboten.
  • Im Rahmen der Interessenabwägung überwogen die berechtigten Interessen der Beklagten an der sofortigen Vertragsbeendigung die Interessen des Klägers.

LAG Hessen 17 Sa 1094/13 – Internetnutzung während der Arbeitszeit

  1. Einhaltung der Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB:
  • Die Kündigungserklärungsfrist begann erst mit dem Zeitpunkt, in dem die Beklagte durch die Auswertung der Fangschaltung Kenntnis von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen erlangte.
  • Die für die Auswertung der Fangschaltung benötigte Zeit war für die Einhaltung der Kündigungserklärungsfrist unschädlich.
  • Die Frist war zudem bis zur Anhörung des Klägers gehemmt.
  • Die Kündigung erfolgte somit innerhalb der Frist des § 626 Abs. 2 BGB.
  1. Ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG:
  • Die Beklagte hatte den Betriebsrat ordnungsgemäß zur Kündigung angehört und ihm die Kündigungsgründe mitgeteilt.
  • Die Kündigung erfolgte erst nach der abschließenden Stellungnahme des Betriebsrats.

Fazit:

Das Landesarbeitsgericht entschied, dass die außerordentliche fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses wirksam war.

Der dringende Verdacht der exzessiven privaten Internetnutzung während der Arbeitszeit, einschließlich des Aufrufs pornografischer Seiten, stellte einen wichtigen Grund i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB dar.

Die Kündigung erfolgte zudem innerhalb der Frist des § 626 Abs. 2 BGB und nach ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats.

Zusätzliche Anmerkungen:

  • Das Urteil zeigt, dass die private Nutzung des Internets am Arbeitsplatz, insbesondere der Aufruf pornografischer Seiten, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellen kann.
  • Arbeitgeber sind berechtigt, die Internetnutzung ihrer Mitarbeiter zu überwachen, um Verstöße gegen arbeitsvertragliche Pflichten aufzudecken.
  • Bei Verdachtskündigungen ist es wichtig, dass der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternimmt und den Arbeitnehmer anhört.
  • Die Kündigungserklärungsfrist beginnt erst mit dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber positive Kenntnis von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen hat.
  • Die Anhörung des Betriebsrats ist bei Kündigungen zwingend erforderlich.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

woman inside laboratory

BAG 8 AZR 370/20

Dezember 6, 2024
BAG 8 AZR 370/20Urteil vom 05.12.2024RA und Notar KrauDas Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einem wegweisenden Urteil entschieden, das…
brown mallet on gray wooden surface

LArbG Berlin-Brandenburg 26 Ta (Kost) 6048/24

November 26, 2024
LArbG Berlin-Brandenburg 26 Ta (Kost) 6048/24Kosten des Rechtsstreits in einem gerichtlichen Vergleich – Einheitliche Behandlung von Prozess- …
paragraph, law, dish

Beschluss BAG vom 16.01.2018 – 7 ABR 21/16 – Betriebsratswahl

November 12, 2024
Beschluss BAG vom 16.01.2018 – 7 ABR 21/16 – BetriebsratswahlRA und Notar KrauKernaussage:Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied in …