lebzeitiges Eigeninteresse

Dezember 21, 2024

lebzeitiges Eigeninteresse

OLG Oldenburg 3 U 14/24

Beschluss vom 10.07.2024

RA und Notar Krau

Sachverhalt:

Die Klägerin und der Beklagte sind Geschwister.

Ihre Mutter (Erblasserin) verkaufte 2014 ein Grundstück an den Beklagten mit der Vereinbarung, dass der Kaufpreis in monatlichen Raten gezahlt wird.

2015 schlossen die Eltern einen Erbvertrag, in dem sie sich gegenseitig zu Erben einsetzten und die Klägerin als Erbin nach dem Tod des Längstlebenden bestimmten.

Der Erbvertrag enthielt ein Vermächtnis, wonach die nach dem Tod des Längstlebenden noch zu zahlenden Raten erlassen werden sollten.

Rückständige Raten waren davon nicht umfasst.

Der Beklagte zahlte die Raten bis Ende 2016, danach nicht mehr. 2021 unterzeichnete die Mutter eine Erklärung, in der sie auf die Zahlung der restlichen Raten verzichtete.

lebzeitiges Eigeninteresse

Die Klägerin, die sich gemeinsam mit dem Beklagten um die Pflege der Eltern gekümmert hatte, klagte nach dem Tod der Mutter auf Zahlung der ausstehenden Raten.

Landgericht:

Das Landgericht wies die Klage ab.

Es sah in der Erklärung der Mutter einen wirksamen Erlassvertrag.

Die Mutter sei auch befugt gewesen, diesen zu schließen, da sie trotz des Erbvertrags über ihr Vermögen frei verfügen konnte.

Ein Missbrauch der Verfügungsfreiheit liege nicht vor, da die Mutter ein anerkennenswertes lebzeitiges Eigeninteresse an der Schenkung gehabt habe.

Berufung:

Die Klägerin legte Berufung ein und argumentierte, dass die Mutter durch den Erbvertrag gebunden gewesen sei und die Erklärung daher unwirksam sei.

lebzeitiges Eigeninteresse

Oberlandesgericht:

Das Oberlandesgericht wies die Berufung zurück.

Es bestätigte die Auffassung des Landgerichts, dass die Mutter trotz des Erbvertrags zu Lebzeiten über ihr Vermögen frei verfügen konnte.

Ein Missbrauch der Verfügungsfreiheit liege nicht vor.

Begründung:

Zur Feststellung eines Missbrauchs sei eine umfassende Abwägung der Bindung des Erblassers an den Erbvertrag einerseits und der Gründe für die Benachteiligung des Vertragserben andererseits erforderlich.

Im vorliegenden Fall habe die Mutter lediglich auf laufende Vermögenserträge verzichtet und nicht auf einen feststehenden Vermögensbetrag.

Zudem sei sie nach ihren eigenen Angaben nicht auf die Ratenzahlungen für ihren Lebensunterhalt angewiesen gewesen.

Sie habe mit dem Erlass nicht nur ihrem Sohn, sondern auch ihren Enkeln in einer finanziellen Notlage helfen wollen.

Der Beklagte habe die Mutter zudem vermögensrechtlich und bürokratisch maßgeblich unterstützt.

Fazit:

Das Oberlandesgericht Oldenburg hat entschieden, dass die Mutter trotz des Erbvertrags wirksam auf die Zahlung der restlichen Kaufpreisraten verzichten konnte.

Die Schenkung an den Beklagten stellte keinen Missbrauch der Verfügungsfreiheit dar, da die Mutter ein anerkennenswertes lebzeitiges Eigeninteresse hatte und der Beklagte sie im Gegenzug unterstützt hatte.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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