LG Landshut 41 O 2185/21
IM NAMEN DES VOLKES
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In dem Rechtsstreit
A. GmbH, vertreten durch d. Geschäftsführer,
– Klägerin –
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte O. & Coll.,
gegen
D. e.V., vertreten durch d. Vorstand, d. vertr.d.d. Vorstandsvorsitzenden,
– Beklagter –
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt H.,
wegen Schadensersatz
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erlässt das Landgericht Landshut – 4. Zivilkammer – durch den Vorsitzenden Richter am
Landgericht D. als Einzelrichter am 28.06.2022 aufgrund des Sachstands vom 10.06.2022 ohne
mündliche Verhandlung mit Zustimmung der Parteien gemäß § 128 Abs. 2 ZPO folgendes
Endurteil
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1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 18.020,21 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von
5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.02.2020 sowie weitere 374,40 €
vorgerichtliche Anwaltskosten nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über
dem Basiszinssatz seit 01.09.2021 zu zahlen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden
Betrags vorläufig vollstreckbar.
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Beschluss
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Der Streitwert wird auf 18.020,21 € festgesetzt.
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Tatbestand
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Die Parteien streiten über restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 09.08.2019.
Bei diesem Verkehrsunfall entstand am Klägerfahrzeug, einem Porsche 718 Boxster/Spyder mit
dem amtlichen Kennzeichen …, ein Totalschaden. Der Restwert des Fahrzeugs betrug 31.932,77
€. Die alleinige Haftung des Beklagten ist zwischen den Parteien unstreitig. Der Beklagte zahlte
auf den Wiederbeschaffungsaufwand 10.131,05 €, auf die vorgerichtlichen Anwaltskosten 865,00
€.
Strittig ist zwischen den Parteien allein der Wiederbeschaffungswert.
Die Klägerin trägt vor, der Wiederbeschaffungswert des Klägerfahrzeugs habe 60.084,03 € netto
betragen. Es handele sich um die Wiederbeschaffung eines gebrauchten Fahrzeugs. Während
bei einer Beschaffung eines Neufahrzeuges Rabatte berücksichtigt werden müssten, erhalte die
Klägerin bei der Ersatzbeschaffung von Gebrauchtfahrzeugen keine Rabatte.
Mit ihrer Klage macht die Klägerin somit einen weitergehenden Wiederbeschaffungsaufwand in
Höhe von 18.020,21 € sowie weitere vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 374,40 € geltend.
Die Klägerin beantragt:
1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 18.020,21 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 %-
Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 15.02.2020 zu
zahlen
2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtliche
Rechtsanwaltskosten in Höhe von 374,40 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5% Punkten über
dem jeweiligen Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Auffassung, der Wiederbeschaffungswert betrage lediglich 42.058,82 € netto.
Die Klägerin sei ein im ostbayerischen Raum großräumig vertretenes Autohaus. Deshalb sei
davon auszugehen, dass die Klägerin Sonderkonditionen und einen Preisvorteil bei Erwerb von
ähnlichen oder vergleichbaren Fahrzeugen erhalte, und zwar in Höhe von 30 % oder mehr.
Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze der Klagepartei vom
03.08.2021, 15.11.2021, 03.05.2022 und 10.06.2022 sowie der beklagten Partei vom 05.10.2021,
20.10.2021, 26.01.2022 und 06.04.2022 jeweils nebst Anlagen verwiesen.
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Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen
Sachverständigengutachtens.
Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das
schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. (FH) H. R. vom 31.03.2022 verwiesen.
Mit Schriftsatz vom 06.05.2022 hat die Klagepartei und mit Schriftsatz vom 10.05.2022 die
Beklagtenpartei ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren gemäß § 128
Abs. 2 ZPO erklärt, gleichzeitig hat die Beklagtenpartei erklärt, dass sie das Beweisangebot der
Parteivernahme des Geschäftsführers der Klägerin nicht mehr aufrecht erhalten.
Mit Beschluss
vom 10.05.2022 hat das Gericht angeordnet, dass ohne mündliche Verhandlung entschieden
wird. Als Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht und bis zu dem
Schriftsätze eingereicht werden können, wurde der 10.06.2022, und als Verkündungstermin der
28.06.2022 bestimmt
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Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist begründet.
I. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Ersatz eines weitergehenden
Wiederbeschaffungsaufwandes in Höhe von 18.020,21 €.
1. Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dipl. Ing. (FH) R. war ein
Wiederbeschaffungswert von netto 60.084,03 € ortsüblich und angemessen. Das
Klägerfahrzeug sei ein sehr hochwertiges Fahrzeug mit eher geringem Angebot
gewesen, es habe sich zum Vorfallszeitpunkt im ersten Zulassungsjahr befunden,
sei ca. 5 Wochen alt gewesen und habe eine Laufleistung von 5.004 km gehabt.
2. Ein Rabatt in Höhe von 30 % ist nach den Ausführungen des Sachverständigen
auch für einen professionellen Vertragshändler unrealistisch. Auch die
durchschnittlichen Händlerspannen eines Vertragshändlers lägen nicht ansatzweise
im Bereich von 30 %. Ein Rabatt würde allenfalls in einer Größenordnung von
maximal 5 % liegen.
3. Eine solche Sonderrabattierung wäre nach den Ausführungen des
Sachverständigen aber nur für ein neu zu beschaffendes Fahrzeug möglich. Bei
dem hier vorliegendem unstreitigen Gebrauchtfahrzeug ist es so, dass
entsprechende Fahrzeuge auch von der Klägerseite nur auf dem
Gebrauchtfahrzeugmarkt gekauft werden können, insoweit muss sich auch die
Klägerseite des allgemein zugänglichen Gebrauchtfahrzeugmarktes bedienen. Die
Wiederbeschaffung des gegenständlichen Fahrzeugs gebraucht ist über den
Hersteller Porsche grundsätzlich nicht möglich.
Allenfalls ist es möglich, dass in
einem herstellerorganisierten Gebrauchtwagenpool, dem verschiedene
Gebrauchtwagenhändler von Porsche angeschlossen sind, ein gesonderter Ankauf
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des Fahrzeugs möglich ist. Berücksichtigt man diesbezüglich eine durchschnittliche
Händlerspanne im Bereich von etwa 15 %, so ergäbe sich bei günstigem Ankauf für
die Klägerseite ein Wiederbeschaffungswert in Höhe von € 51.071,43 netto.
Grundsätzlich bewertet der Sachverständige aber den klägerseits begehrten
Wiederbeschaffungswert in Höhe von € 60.084,03 netto als marktkonform.
Unter
Berücksichtigung des jungen Fahrzeugalters, der geringen Laufleistung und der
hochwertigen Ausstattung des Fahrzeugs hält es der Sachverständige eher für
unwahrscheinlich, dass die Klägerseite ein vergleichbares Fahrzeug zu wesentlich
günstigeren Konditionen hätte ankaufen können.
Damit verbleibt es bei dem vom Sachverständigen als marktkonform angesehenen
Wiederbeschaffungswert von 60.084,03 € netto.
4. Das Gericht folgt den Ausführungen des Sachverständigen Dipl. Ing. (FH) H. R.. Der
Sachverständige ist dem Gericht aus einer Vielzahl von Verfahren als zuverlässig
bekannt. Sein Gutachten ist schlüssig und nachvollziehbar, Einwände gegen das
Gutachten wurden von keiner Seite erhoben. Das Gericht hat somit keinen Anlass,
an der Sachkunde des Sachverständigen oder an der Richtigkeit seiner
Ausführungen zu zweifeln.
5. Es errechnet sich somit folgende Restforderung der Klagepartei:
Wiederbeschaffungswert 60.084,03 €
abzgl. Restwert 31.932,77 €
abzgl. Zahlung 10.131,05 €
18.020,21 €
Die Klägerin kann somit die geltend gemachten 18.020,21 € verlangen.
II. Die Klägerin hat ferner Anspruch auf Erstattung weiterer vorgerichtlicher Anwaltskosten.
Da der Wiederbeschaffungsaufwand wie oben ausgeführt 28.151,26 € beträgt, beträgt der
Gesamtschaden einschließlich weiterer unstrittiger Schadenspositionen wie von der
Klagepartei angeführt 31.210,26 €. Bei Zugrundelegung dieses Gegenstandswerts
ergeben sich nach der Rechtslage von 2020, einer Geschäftsgebühr von 1,3 und der
Auslagenpauschale vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe 1.239,40 €. Abzüglich der
gezahlten 865,00 € ergibt sich somit ein noch offener Betrag von 374,40 €.
III. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288, 291 BGB.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
V. Der Streitwert wurde gemäß §§ 63 Abs. 2, 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO festgesetzt.
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Vorsitzender Richter am Landgericht
LG Landshut 41 O 2185/21