LG Paderborn 4 O 323/20

November 30, 2024

LG Paderborn 4 O 323/20

Urteils vom 08.07.2021

RA und Notar Krau

Sachverhalt:

Die Klägerin verlangte von der Beklagten, einem Online-Glücksspielanbieter mit Sitz in Malta, die Rückzahlung von 132.850,55 €,

die sie im Zeitraum von 2018 bis 2019 bei Online-Glücksspielen auf deren Plattform verloren hatte.

Die Klägerin argumentierte, die Spielverträge seien nichtig, da die Beklagte in Deutschland keine Lizenz zum Anbieten von Online-Glücksspielen besessen habe.

Entscheidung des Landgerichts:

Das Landgericht Paderborn gab der Klage statt und verurteilte die Beklagte zur Rückzahlung der Spieleinsätze.

LG Paderborn 4 O 323/20

Begründung:

  • Zuständigkeit des Gerichts: Das LG Paderborn bejahte seine internationale und örtliche Zuständigkeit. Die Klägerin sei als Verbraucherin anzusehen, da sie die Online-Glücksspiele nicht gewerblich betrieben habe. Die Beklagte habe ihre Tätigkeit zudem auf Deutschland ausgerichtet, indem sie ihre Dienste in deutscher Sprache angeboten habe.
  • Anwendbarkeit deutschen Rechts: Auf den Sachverhalt finde deutsches Recht Anwendung. Eine in den AGB der Beklagten enthaltene Rechtswahlklausel zu Gunsten maltesischen Rechts sei unwirksam.
  • Nichtigkeit der Spielverträge: Die Spielverträge seien nach § 134 BGB i.V.m. § 4 Abs. 4 GlüStV nichtig, da das Veranstalten und Vermitteln von Online-Glücksspielen in Deutschland verboten sei. Die Beklagte habe gegen dieses Verbot verstoßen, indem sie ihr Angebot auch Spielern in Nordrhein-Westfalen zugänglich gemacht habe.
  • Kein Ausschluss der Rückforderung: Der Rückforderungsanspruch der Klägerin sei nicht nach § 762 BGB ausgeschlossen, da diese Vorschrift einen wirksamen Spielvertrag voraussetze.
  • Keine Kondiktionssperre: Der Anspruch sei auch nicht nach § 817 S. 2 BGB ausgeschlossen. Die Klägerin habe sich nicht leichtfertig der Einsicht in die Illegalität der Spiele verschlossen. Sie sei davon ausgegangen, dass das Angebot der Beklagten legal sei.
  • Teleologische Reduktion: Selbst wenn man ein leichtfertiges Verhalten der Klägerin annehmen wollte, wäre die Kondiktionssperre des § 817 S. 2 BGB teleologisch zu reduzieren. Der Schutzzweck des GlüStV würde unterlaufen, wenn die Spieleinsätze beim Anbieter verblieben.
  • Verzugszinsen: Die Klägerin habe auch Anspruch auf Verzugszinsen, da die Beklagte mit der Rückzahlung in Verzug geraten sei.

LG Paderborn 4 O 323/20

Fazit:

Das LG Paderborn folgte mit diesem Urteil der Linie anderer Gerichte, die die Rückforderung von Spieleinsätzen bei illegalen Online-Glücksspielen zulassen.

Es betonte den Schutzzweck des GlüStV und die Notwendigkeit, die Spieler vor den Gefahren des Glücksspiels zu schützen.

Das Urteil ist ein weiterer wichtiger Schritt im Kampf gegen das illegale Online-Glücksspiel in Deutschland.

Zusätzliche Anmerkungen:

Das Urteil enthält ausführliche Ausführungen zur Vereinbarkeit des § 4 GlüStV mit dem Unionsrecht und dem Verfassungsrecht.

Es stellt klar, dass das Verbot des Online-Glücksspiels in Deutschland mit den Grundfreiheiten des europäischen Binnenmarktes vereinbar ist.

Das Urteil ist ein wichtiger Präzedenzfall für vergleichbare Fälle.

Es zeigt, dass Spieler, die bei illegalen Online-Glücksspielen Geld verloren haben, gute Chancen haben, ihre Einsätze zurückzuerhalten.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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