Liegenschaftsrecht – Zur Prüfungskompetenz des Grundbuchamts hinsichtlich der Entgeltlichkeit einer Verfügung des befreiten Vorerben

März 28, 2025

Liegenschaftsrecht – Zur Prüfungskompetenz des Grundbuchamts hinsichtlich der Entgeltlichkeit einer Verfügung des befreiten Vorerben

RA und Notar Krau

Zusammenfassung des Beschlusses des OLG Düsseldorf vom 6.9.2021 – 3 Wx 125/21:

Prüfungskompetenz des Grundbuchamts bei der Entgeltlichkeit einer Verfügung des befreiten Vorerben

Der vorliegende Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG) befasst sich mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen das Grundbuchamt

einen Nacherbenvermerk im Grundbuch löschen darf, wenn ein befreiter Vorerbe über eine zum Nachlass gehörende Immobilie verfügt hat.

Im Kern geht es um die Prüfung der Entgeltlichkeit einer solchen Verfügung und die damit verbundenen Kompetenzen des Grundbuchamts.

Leitsätze und Kernpunkte

Freie Würdigung der Entgeltlichkeit:

Das Grundbuchamt ist befugt, die Entgeltlichkeit der Veräußerung einer Nachlassimmobilie durch den befreiten Vorerben frei zu würdigen.

Es ist dabei nicht an die strengen Beweisvorschriften des § 29 Abs. 1 der Grundbuchordnung (GBO) gebunden.

Anforderungen an die Entgeltlichkeit:

Entgeltlichkeit ist gegeben, wenn die Beweggründe für die Festsetzung des Entgelts nachvollziehbar dargelegt werden, der Realität entsprechen

und keine begründeten Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit des Geschäfts bestehen.

Beschränkung auf offenkundige Tatsachen:

Die Prüfung der Entgeltlichkeit beschränkt sich auf die dem Grundbuchamt vorliegenden Unterlagen und offenkundige Tatsachen.

Eigene Ermittlungen oder Beweiserhebungen durch das Grundbuchamt sind unzulässig.

Liegenschaftsrecht – Zur Prüfungskompetenz des Grundbuchamts hinsichtlich der Entgeltlichkeit einer Verfügung des befreiten Vorerben

Kein maximaler Kaufpreis erforderlich:

Eine entgeltliche Veräußerung erfordert nicht, dass der Vorerbe den maximal erzielbaren Kaufpreis vereinbart.

Unterschiedliche Wertgutachten allein begründen keine Zweifel an der Pflichtmäßigkeit der Handlung.

Hintergrund und Problematik

Ein Nacherbenvermerk im Grundbuch gemäß § 51 GBO schützt die Rechte der Nacherben.

Wenn ein befreiter Vorerbe ohne Zustimmung der Nacherben über eine Immobilie verfügt, muss geklärt werden, ob die Verfügung entgeltlich war, um den Nacherbenvermerk zu löschen.

Gemäß §§ 2136, 2113 Abs. 1 und 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ist ein befreiter Vorerbe berechtigt, entgeltlich über Nachlassgegenstände zu verfügen, nicht jedoch unentgeltlich.

Das Grundbuchamt muss daher prüfen, ob die Veräußerung entgeltlich war, was in der Regel nicht durch öffentliche Urkunden nachgewiesen werden kann.

Entscheidung des OLG Düsseldorf

Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass das Grundbuchamt die Entgeltlichkeit anhand aller Umstände des Einzelfalls frei würdigen darf.

Das Gericht betonte, dass die Prüfung auf die vorliegenden Unterlagen und offenkundige Tatsachen beschränkt ist und das Grundbuchamt keine eigenen Ermittlungen vornehmen darf.

Es stellte klar, dass unterschiedliche Wertgutachten allein nicht ausreichen, um die Entgeltlichkeit in Frage zu stellen.

Es wurde ebenfalls Klar gestellt, dass der Wert des Wohnungsrechts nach objektiven Kriterien und nicht nach den Wertvorstellungen der Parteien zu beurteilen ist.

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Praktische Auswirkungen

Die Entscheidung verdeutlicht die Schwierigkeiten bei der Löschung eines Nacherbenvermerks, insbesondere wenn es um die Beurteilung der Entgeltlichkeit geht.

Es wird empfohlen, die Zustimmung aller Nacherben einzuholen oder eine Freigabeerklärung bzw. Vereinbarung zwischen Vor- und Nacherben zu treffen,

um den Nacherbenvermerk unproblematisch löschen zu können.

Auch macht der Beschluss deutlich, wie die Beurteilung der vom Grundbuchamt einzuholenden Privatgutachten zu handhaben sind.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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