Löschung einer Rückauflassungsvormerkung bei nicht ausgeschlossener Vererblichkeit des Übereignungsanspruchs
OLG Hamm, Beschluss vom 03.09.2013 – 15 W 344/12
Dieses Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm betrifft eine wichtige Frage des Grundbuchrechts und ist besonders relevant bei Übertragungen von Immobilien, die mit einer sogenannten Rückauflassungsvormerkung versehen sind. Es geht darum, wann und wie eine solche Vormerkung nach dem Tod des Berechtigten aus dem Grundbuch gelöscht werden kann.
Das OLG Hamm hat entschieden, dass eine Rückauflassungsvormerkung im Grundbuch nach dem Tod des ursprünglichen Berechtigten nicht einfach gelöscht werden darf, nur weil der Berechtigte verstorben ist. Zur Löschung ist in der Regel die Zustimmung (Bewilligung) der Erben erforderlich, es sei denn, man kann zweifelsfrei nachweisen, dass der gesicherte Anspruch erloschen ist.
Die Kernaussage ist: Ist die Vererblichkeit eines möglicherweise entstandenen Rückauflassungsanspruchs nicht ausdrücklich ausgeschlossen, muss zur Löschung der Vormerkung die Bewilligung der Erben vorliegen.
Stellen Sie sich vor, jemand (der Übertragsgeber, z.B. ein Elternteil) überträgt ein Grundstück auf eine andere Person (den Übertragsnehmer, z.B. ein Kind). Oftmals wird im Vertrag vereinbart, dass das Grundstück unter bestimmten Umständen (z.B. bei Insolvenz, Wiederverkauf oder Verstoß gegen Auflagen) wieder an den Übertragsgeber zurückübertragen werden muss.
Der Anspruch auf diese Rückübertragung wird im Grundbuch durch eine Vormerkung gesichert. Das ist wie ein Platzhalter oder eine Reservierung, die verhindert, dass der neue Eigentümer (der Übertragsnehmer) das Grundstück anderweitig so belasten oder verkaufen kann, dass der Rückübertragungsanspruch des Übertragsgebers vereitelt wird.
Im vorliegenden Fall hatte ein Vater (N) seinem Sohn ein Grundstück übertragen und eine Rückauflassungsvormerkung eintragen lassen. Die Bedingungen für eine Rückübertragung waren auf Ereignisse zu Lebzeiten des Vaters beschränkt (z.B. wenn der Sohn das Grundstück verkauft). Nach dem Tod des Vaters wollte der Sohn (der Eigentümer) die Vormerkung löschen lassen, da er meinte, mit dem Tod des Vaters sei auch der Anspruch erloschen.
Das Grundbuchamt lehnte die Löschung ab, weil die Erben des Vaters (N) nicht zugestimmt hatten. Der Sohn legte daraufhin Beschwerde ein.
Das OLG Hamm wies die Beschwerde des Sohnes (des Eigentümers) zurück und bestätigte die Entscheidung des Grundbuchamtes.
Das Grundbuchamt darf eine Eintragung – wie die Vormerkung – nur dann ohne Zustimmung des Berechtigten (oder seiner Erben) löschen, wenn die Unrichtigkeit des Grundbuchs in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise nachgewiesen ist. Das bedeutet, es muss absolut sicher sein, dass der gesicherte Anspruch (die Rückübertragung) definitiv nicht mehr besteht.
Der Tod des Vormerkungsberechtigten (des Vaters) allein ist kein ausreichender Nachweis.
Die Bedingung im Vertrag, dass der Anspruch entstehen soll, wenn bestimmte Ereignisse zu Lebzeiten des Vaters eintreten, bedeutet nicht automatisch, dass ein bereits entstandener Anspruch mit dem Tod des Vaters wieder erlischt.
Wäre dies der Fall, könnte der Eigentümer (der Sohn) einfach die Erfüllung eines bereits entstandenen Rückübertragungsanspruchs bis zum Tod des Vaters hinauszögern, um den Anspruch verfallen zu lassen. Das würde dem Sinn und Zweck der Vormerkung widersprechen.
Da der Vertrag keine ausdrückliche Regelung enthielt, dass auch ein bereits entstandener Anspruch mit dem Tod erlischt, ging das Gericht davon aus, dass der Anspruch – falls er zu Lebzeiten des Vaters entstanden ist – vererblich ist und auf die Erben übergeht.
Hinzu kommt, dass die Möglichkeit einer nachträglichen „Aufladung“ oder Erweiterung der Vormerkung nicht ausgeschlossen werden kann. Das bedeutet, dass der Vater und der Sohn zu Lebzeiten durch eine formlose (nicht im Grundbuch sichtbare) Vereinbarung weitere Gründe für einen Rückübertragungsanspruch hätten schaffen können. Solange diese Möglichkeit besteht, kann nicht zweifelsfrei bewiesen werden, dass der gesicherte Anspruch wirklich erloschen ist.
Da nicht in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise nachgewiesen werden konnte, dass der Rückübertragungsanspruch erloschen war, musste das Grundbuchamt die Löschung ohne Zustimmung der Erben ablehnen.
Die Löschung der Vormerkung ist in diesem Fall nur mit der Bewilligung der Erben des verstorbenen Vaters möglich. Das Urteil betont die hohen Anforderungen an den Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs. Für die Praxis bedeutet dies, dass bei der Vertragsgestaltung von Übertragungsverträgen ausdrücklich und klar geregelt werden sollte, ob ein etwaig entstandener Rückübertragungsanspruch beim Tod des Berechtigten erlischt oder ob er vererblich sein soll, um spätere Probleme bei der Grundbuchberichtigung zu vermeiden.
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