Löschung einer Rückauflassungsvormerkung bei nicht ausgeschlossener Vererblichkeit des Übereignungsanspruchs

Oktober 7, 2025

Löschung einer Rückauflassungsvormerkung bei nicht ausgeschlossener Vererblichkeit des Übereignungsanspruchs

OLG Hamm, Beschluss vom 03.09.2013 – 15 W 344/12

Dieses Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm betrifft eine wichtige Frage des Grundbuchrechts und ist besonders relevant bei Übertragungen von Immobilien, die mit einer sogenannten Rückauflassungsvormerkung versehen sind. Es geht darum, wann und wie eine solche Vormerkung nach dem Tod des Berechtigten aus dem Grundbuch gelöscht werden kann.

Der Kern der Entscheidung: Löschung nur mit Erben

Das OLG Hamm hat entschieden, dass eine Rückauflassungsvormerkung im Grundbuch nach dem Tod des ursprünglichen Berechtigten nicht einfach gelöscht werden darf, nur weil der Berechtigte verstorben ist. Zur Löschung ist in der Regel die Zustimmung (Bewilligung) der Erben erforderlich, es sei denn, man kann zweifelsfrei nachweisen, dass der gesicherte Anspruch erloschen ist.

Die Kernaussage ist: Ist die Vererblichkeit eines möglicherweise entstandenen Rückauflassungsanspruchs nicht ausdrücklich ausgeschlossen, muss zur Löschung der Vormerkung die Bewilligung der Erben vorliegen.

Was ist eine Rückauflassungsvormerkung?

Stellen Sie sich vor, jemand (der Übertragsgeber, z.B. ein Elternteil) überträgt ein Grundstück auf eine andere Person (den Übertragsnehmer, z.B. ein Kind). Oftmals wird im Vertrag vereinbart, dass das Grundstück unter bestimmten Umständen (z.B. bei Insolvenz, Wiederverkauf oder Verstoß gegen Auflagen) wieder an den Übertragsgeber zurückübertragen werden muss.

Der Anspruch auf diese Rückübertragung wird im Grundbuch durch eine Vormerkung gesichert. Das ist wie ein Platzhalter oder eine Reservierung, die verhindert, dass der neue Eigentümer (der Übertragsnehmer) das Grundstück anderweitig so belasten oder verkaufen kann, dass der Rückübertragungsanspruch des Übertragsgebers vereitelt wird.

Der konkrete Fall

Im vorliegenden Fall hatte ein Vater (N) seinem Sohn ein Grundstück übertragen und eine Rückauflassungsvormerkung eintragen lassen. Die Bedingungen für eine Rückübertragung waren auf Ereignisse zu Lebzeiten des Vaters beschränkt (z.B. wenn der Sohn das Grundstück verkauft). Nach dem Tod des Vaters wollte der Sohn (der Eigentümer) die Vormerkung löschen lassen, da er meinte, mit dem Tod des Vaters sei auch der Anspruch erloschen.

Das Grundbuchamt lehnte die Löschung ab, weil die Erben des Vaters (N) nicht zugestimmt hatten. Der Sohn legte daraufhin Beschwerde ein.

Die Argumentation des Gerichts

Das OLG Hamm wies die Beschwerde des Sohnes (des Eigentümers) zurück und bestätigte die Entscheidung des Grundbuchamtes.

Strenger Nachweis der Unrichtigkeit

Das Grundbuchamt darf eine Eintragung – wie die Vormerkung – nur dann ohne Zustimmung des Berechtigten (oder seiner Erben) löschen, wenn die Unrichtigkeit des Grundbuchs in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise nachgewiesen ist. Das bedeutet, es muss absolut sicher sein, dass der gesicherte Anspruch (die Rückübertragung) definitiv nicht mehr besteht.

Löschung einer Rückauflassungsvormerkung bei nicht ausgeschlossener Vererblichkeit des Übereignungsanspruchs

Der Tod allein genügt nicht

Der Tod des Vormerkungsberechtigten (des Vaters) allein ist kein ausreichender Nachweis.

Der springende Punkt:

Die Bedingung im Vertrag, dass der Anspruch entstehen soll, wenn bestimmte Ereignisse zu Lebzeiten des Vaters eintreten, bedeutet nicht automatisch, dass ein bereits entstandener Anspruch mit dem Tod des Vaters wieder erlischt.

Wäre dies der Fall, könnte der Eigentümer (der Sohn) einfach die Erfüllung eines bereits entstandenen Rückübertragungsanspruchs bis zum Tod des Vaters hinauszögern, um den Anspruch verfallen zu lassen. Das würde dem Sinn und Zweck der Vormerkung widersprechen.

Da der Vertrag keine ausdrückliche Regelung enthielt, dass auch ein bereits entstandener Anspruch mit dem Tod erlischt, ging das Gericht davon aus, dass der Anspruch – falls er zu Lebzeiten des Vaters entstanden ist – vererblich ist und auf die Erben übergeht.

Gefahr der „Aufladung“ (Erweiterung)

Hinzu kommt, dass die Möglichkeit einer nachträglichen „Aufladung“ oder Erweiterung der Vormerkung nicht ausgeschlossen werden kann. Das bedeutet, dass der Vater und der Sohn zu Lebzeiten durch eine formlose (nicht im Grundbuch sichtbare) Vereinbarung weitere Gründe für einen Rückübertragungsanspruch hätten schaffen können. Solange diese Möglichkeit besteht, kann nicht zweifelsfrei bewiesen werden, dass der gesicherte Anspruch wirklich erloschen ist.

Das Fazit

Da nicht in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise nachgewiesen werden konnte, dass der Rückübertragungsanspruch erloschen war, musste das Grundbuchamt die Löschung ohne Zustimmung der Erben ablehnen.

Ergebnis:

Die Löschung der Vormerkung ist in diesem Fall nur mit der Bewilligung der Erben des verstorbenen Vaters möglich. Das Urteil betont die hohen Anforderungen an den Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs. Für die Praxis bedeutet dies, dass bei der Vertragsgestaltung von Übertragungsverträgen ausdrücklich und klar geregelt werden sollte, ob ein etwaig entstandener Rückübertragungsanspruch beim Tod des Berechtigten erlischt oder ob er vererblich sein soll, um spätere Probleme bei der Grundbuchberichtigung zu vermeiden.

RA und Notar Krau

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen? 

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein konstenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

Zur Löschung eines mit Wegzugsklausel bestellten Wohnungsrechts im Grundbuch mittels Vorlage einer Meldebescheinigung

November 5, 2025
Zur Löschung eines mit Wegzugsklausel bestellten Wohnungsrechts im Grundbuch mittels Vorlage einer MeldebescheinigungZusammenfassung des OLG-Bes…
Notar Schild

Zur Löschung der Berechtigung eines Miterben an einem Grundstück aus dem Grundbuch infolge einer Abschichtungsvereinbarung

November 5, 2025
Zur Löschung der Berechtigung eines Miterben an einem Grundstück aus dem Grundbuch infolge einer AbschichtungsvereinbarungScheidet ein Miterbe d…
bell jar, church bell, bell tower, bronze bell

Grundbuchsache: Unbeschränktes Nutzungsrecht als Inhalt einer Grunddienstbarkeit

November 4, 2025
Grundbuchsache: Unbeschränktes Nutzungsrecht als Inhalt einer GrunddienstbarkeitBGH, Beschluss vom 06.11.2014 – V ZB 131/13Vorinstanzen…