Mehrere Testamente – Erbscheinsantrag -Bayerisches Oberstes Landesgericht 1Z BR 6/01

Oktober 2, 2020

Mehrere Testamente – Erbscheinsantrag -Bayerisches Oberstes Landesgericht 1Z BR 6/01

Inhaltsverzeichnis RA und Notar Krau

  1. Einleitung
    • Hintergrund und Bedeutung des Falls
    • Überblick über die beteiligten Personen und das Rechtsproblem
  2. Tenor
    • Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts
    • Festsetzung des Gegenstandswerts und Kostenentscheidung
  3. Sachverhalt
    • Versterben der Erblasserin und deren familiäre Verhältnisse
    • Eröffnung und Inhalte der verschiedenen Testamente
    • Erbscheinsanträge der Beteiligten zu 1 und 2
  4. Verfügungen der Testamente
    • Testament des vorverstorbenen Ehemannes vom 1. September 1953
    • Gemeinschaftliches Testament der Erblasserin und ihres Ehemannes vom 8. Januar 1954
    • Notarielles Testament der Erblasserin vom 20. August 1994
  5. Rechtsstreit und Erbscheinsanträge
    • Antrag der Beteiligten zu 1 auf Erbschein aufgrund des Testaments vom 8. Januar 1954
    • Antrag der Beteiligten zu 2 auf Erbschein aufgrund des Testaments vom 20. August 1994
  6. Entscheidungen der Vorinstanzen
    • Beschluss des Amtsgerichts vom 2. November 1999
    • Beschluss des Landgerichts vom 21. November 2000
    • Erteilung des Erbscheins durch das Amtsgericht am 14. Dezember 2000
  7. Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1
    • Gründe für die Einlegung der weiteren Beschwerde
    • Ziel der Einziehung des erteilten Erbscheins
  8. Rechtliche Würdigung und Auslegung
    • Prüfung der Formgültigkeit und Wechselbezüglichkeit der Testamente
    • Anwendung der gesetzlichen Auslegungsregeln (§§ 2069, 2270 BGB)
    • Wechselbezüglichkeit der Schlusserbeneinsetzung und Ersatzerbeneinsetzung
  9. Beurteilung durch den Senat
    • Auslegung des Testaments vom 8. Januar 1954 durch den Senat
    • Anwendung der Auslegungsregel des § 2069 BGB
    • Unabhängigkeit der Ersatzerbeneinsetzung von der Wechselbezüglichkeit
  10. Vorlage an den Bundesgerichtshof
    • Divergenz zur Entscheidung des OLG Frankfurt
    • Erforderlichkeit einer Klärung durch den Bundesgerichtshof
  11. Verfahrensrechtliche Rüge
    • Rüge der Beteiligten zu 1 wegen Nichtgewährung rechtlichen Gehörs
    • Stellungnahme des Senats zur verfahrensrechtlichen Rüge
  12. Schlussfolgerung und Ausblick
    • Bestätigung der Entscheidung des Landgerichts im Ergebnis
    • Weiteres Vorgehen der Beteiligten im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Mehrere Testamente – Erbscheinsantrag -Bayerisches Oberstes Landesgericht 1Z BR 6/01

Sachverhalt:

Die Erblasserin und ihr Ehemann hatten 1954 ein gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem sie sich gegenseitig als Erben einsetzten und ihren Sohn B als Schlusserben bestimmten.

Für den Fall einer Wiederverheiratung des überlebenden Ehegatten wurde die Bindung an das Testament aufgehoben.

1994 errichtete die Erblasserin ein neues Testament, in dem sie ihre Enkelin (Beteiligte zu 2) als Alleinerbin einsetzte und ihren Sohn B enterbte.

Die Beteiligte zu 1, die nichteheliche Tochter von B, beantragte einen Erbschein, der sie und die Beteiligte zu 2 als Erben zu gleichen Teilen ausweisen sollte.

Sie argumentierte, dass die Erbeinsetzung im Testament von 1954 wechselbezüglich sei und auch für die Ersatzerben gelte.

Die Beteiligte zu 2 beantragte einen Erbschein als Alleinerbin.

Problematik:

Mehrere Testamente – Erbscheinsantrag -Bayerisches Oberstes Landesgericht 1Z BR 6/01

  • Wechselbezüglichkeit: Fraglich war, ob die Erbeinsetzung im gemeinschaftlichen Testament von 1954 wechselbezüglich war.
  • Ersatzerben: Zu klären war, ob die Wechselbezüglichkeit auch für die Ersatzerben galt.
  • Widerruf: Weiterhin war zu prüfen, ob die Erblasserin das gemeinschaftliche Testament wirksam widerrufen hatte.

Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts:

Das Bayerische Oberste Landesgericht legte die Sache dem Bundesgerichtshof vor.

Der Senat war der Ansicht, dass die Wechselbezüglichkeit nicht für die Ersatzerben galt, sah sich aber durch eine Entscheidung des OLG Frankfurt an einer entsprechenden Entscheidung gehindert.

Begründung:

  • Formgültigkeit: Das gemeinschaftliche Testament von 1954 war formgültig.
  • Wechselbezüglichkeit der Schlusserbeneinsetzung: Die Schlusserbeneinsetzung des Sohnes B war nicht wechselbezüglich. Die Eheleute hatten die Freiheit, den Sohn als Erben einzusetzen, unabhängig von der Verfügung des jeweils anderen Ehegatten.
  • Ersatzerben: Für den vorverstorbenen Sohn B waren seine Töchter als Ersatzerben eingesetzt. Dies ergab sich aus der Auslegungsregel des § 2069 BGB.
  • Wechselbezüglichkeit der Ersatzerbeneinsetzung: Die Ersatzerbeneinsetzung war nicht wechselbezüglich. Es gab keine Anhaltspunkte dafür, dass die Eheleute die Einsetzung der Ersatzerben bindend regeln wollten.
  • Auslegungsregel des § 2270 Abs. 2 BGB: Die Auslegungsregel des § 2270 Abs. 2 BGB war auf die Ersatzerbeneinsetzung nicht anwendbar, da diese nicht auf einer ausdrücklichen Verfügung der Eheleute beruhte.
  • Widerruf: Da die Ersatzerbeneinsetzung nicht wechselbezüglich war, konnte die Erblasserin das gemeinschaftliche Testament wirksam widerrufen.
  • Vorlage an den BGH: Der Senat sah sich durch die Entscheidung des OLG Frankfurt an einer Entscheidung gemäß seiner Rechtsauffassung gehindert und legte die Sache dem Bundesgerichtshof vor.

Mehrere Testamente – Erbscheinsantrag -Bayerisches Oberstes Landesgericht 1Z BR 6/01

Wesentliche Aussagen des Beschlusses:

  • Wechselbezüglichkeit: Die Wechselbezüglichkeit von Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament ist im Einzelfall zu prüfen.
  • Ersatzerben: Die Auslegungsregel des § 2069 BGB gilt auch für gemeinschaftliche Testamente.
  • Bindungswirkung: Die Bindungswirkung eines gemeinschaftlichen Testaments erstreckt sich nicht auf Ersatzerben, die allein aufgrund der Auslegungsregel des § 2069 BGB eingesetzt wurden.

Bedeutung für die Praxis:

Der Beschluss verdeutlicht die Voraussetzungen für die Wechselbezüglichkeit von Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament und die Grenzen der Bindungswirkung.

Er zeigt auf, dass die Gerichte die Testamente im Einzelfall sorgfältig prüfen und auslegen müssen, um die Erbfolge zu bestimmen.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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