Mieterhöhung nach energetischer Modernisierung – Prognose mittels Pauschalwerts
BGH Versäumnisurteil vom 26.3.2025 – VIII ZR 283/23
Wenn Ihr Vermieter nach einer energetischen Modernisierung die Miete erhöhen möchte, gibt es bestimmte Regeln, die er einhalten muss. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem aktuellen Urteil klargestellt, wie die sogenannte Mieterhöhung nach energetischer Modernisierung – und insbesondere die dabei erwartete Energieeinsparung – zu beurteilen ist.
Eine energetische Modernisierung liegt vor, wenn bauliche Veränderungen an einer Wohnung oder einem Gebäude vorgenommen werden, die zu einer dauerhaften und messbaren Einsparung von Endenergie führen. Das bedeutet, dass nach der Modernisierung weniger Energie benötigt wird, um die Wohnung zu heizen oder Warmwasser zu bereiten. Beispiele hierfür sind:
Der Einbau einer effizienteren Heizungsanlage.
Die Dämmung von Wänden, Dächern oder Kellern.
Der Austausch alter Fenster durch energiesparende Modelle.
Der Vermieter darf die Miete nach einer solchen Modernisierung um 11 Prozent der für die Wohnung aufgewendeten Kosten erhöhen. Dies ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in § 559 Abs. 1 geregelt (hier in der bis zum 31.12.2018 geltenden Fassung, die in diesem Fall angewendet wurde). Bevor der Vermieter die Miete erhöhen kann, muss er die Mieter über die geplanten Maßnahmen informieren und die Mieterhöhung nach Abschluss der Arbeiten schriftlich erklären.
Genau hier setzte der aktuelle Fall an, der vom Bundesgerichtshof entschieden wurde. Im vorliegenden Fall ging es um den Einbau einer neuen Gaszentralheizung in einem Mehrfamilienhaus, die zuvor vorhandene Einzelöfen ersetzte. Die Mieter hatten die erhöhte Miete zunächst gezahlt, forderten diese später aber zurück, weil ihrer Ansicht nach keine nachhaltige Energieeinsparung nachgewiesen werden konnte.
Die Vorinstanzen, das Amtsgericht und das Landgericht Bremen, gaben den Mietern Recht. Das Landgericht argumentierte, dass eine nachhaltige Energieeinsparung nur durch einen Vergleich des tatsächlichen Energieverbrauchs über einen Zeitraum von vier bis fünf Jahren vor und nach der Modernisierung festgestellt werden könne. Da solche detaillierten Verbrauchswerte vor dem Einbau der neuen Heizung nicht vorlagen, konnte keine Einsparung festgestellt werden. Das Gericht war der Meinung, dass nur der tatsächliche Verbrauch ein zuverlässiges Maß für die Einsparung sei.
Der BGH hob diese Urteile auf und widersprach der Auffassung der Vorinstanzen deutlich. Er stellte klar, dass die Gerichte einen falschen Maßstab für die Beurteilung der Energieeinsparung angelegt hatten.
Der BGH betonte, dass es für eine Mieterhöhung ausreicht, wenn zum Zeitpunkt der Mieterhöhungserklärung eine messbare und dauerhafte Einsparung von Endenergie zu erwarten ist. Es muss also eine Prognose über die zukünftige Einsparung getroffen werden, nicht eine rückblickende Feststellung des tatsächlichen Verbrauchs über mehrere Jahre.
Der BGH erklärte, dass der tatsächliche Energieverbrauch von vielen Faktoren abhängt, die nichts mit der baulichen Maßnahme selbst zu tun haben. Dazu gehören zum Beispiel das Wetter, Leerstand von Wohnungen, die Anzahl der Bewohner oder deren individuelles Heizverhalten. Allein der Vergleich des tatsächlichen Verbrauchs vor und nach der Modernisierung würde diese anderen Faktoren nicht berücksichtigen und könnte daher kein sicheres Bild über die tatsächliche Einsparung durch die Modernisierungsmaßnahme liefern.
Der Gesetzgeber hat bewusst die Möglichkeit geschaffen, bei der Ankündigung und der Erklärung der Mieterhöhung auf anerkannte Pauschalwerte zurückzugreifen. Diese Pauschalwerte sind dazu da, die Energieeinsparung zu vereinfachen und dem Vermieter eine Einschätzung zu ermöglichen. Wenn der tatsächliche Verbrauch über Jahre hinweg abgewartet werden müsste, würde dies diese Vereinfachung zunichtemachen.
Eine Wartezeit von vier bis fünf Jahren, um den tatsächlichen Verbrauch zu ermitteln, würde für Vermieter eine unangemessene Belastung darstellen. Sie müssten die Kosten der Modernisierung tragen, könnten diese aber nicht zeitnah über die Miete umlegen. Dies würde den Anreiz für Vermieter mindern, überhaupt energetische Modernisierungen vorzunehmen, was dem Ziel des Klimaschutzes und der Ressourcenschonung widerspricht.
Im Falle einer Klage des Mieters auf Rückzahlung der Mieterhöhungsbeträge (wie im vorliegenden Fall) trägt der Mieter die Beweislast dafür, dass die Mieterhöhung ungerechtfertigt war. Der Vermieter muss dann nur die Gründe darlegen, die zur Mieterhöhung führten. Das Landgericht hatte dies fälschlicherweise anders gesehen.
Dieses Urteil ist wichtig, da es die Spielregeln für Mieterhöhungen nach energetischen Modernisierungen präzisiert.
Es wird klargestellt, dass sie die Energieeinsparung nicht über Jahre hinweg anhand des tatsächlichen Verbrauchs nachweisen müssen. Stattdessen können sie sich auf eine Prognose zum Zeitpunkt der Mieterhöhungserklärung stützen und dabei auch auf anerkannte Pauschalwerte zurückgreifen. Das gibt ihnen mehr Planungssicherheit und erleichtert die Umlage der Modernisierungskosten.
Das Urteil bedeutet, dass sie nicht automatisch erfolgreich sein werden, wenn sie eine Mieterhöhung allein damit anfechten, dass der tatsächliche Energieverbrauch nach der Modernisierung nicht über einen längeren Zeitraum nachweisbar gesunken ist. Die Gerichte müssen bei der Beurteilung der Energieeinsparung nun stärker die baulichen Gegebenheiten und die erwartete Einsparung berücksichtigen, gegebenenfalls auch mit Hilfe von Sachverständigen und den genannten Pauschalwerten.
Der BGH hat mit diesem Urteil die Bedeutung der Prognosefähigkeit bei der energetischen Modernisierung hervorgehoben und die Rolle des tatsächlichen Verbrauchs relativiert. Es geht darum, ob die bauliche Maßnahme selbst das Potenzial hat, Endenergie einzusparen, und nicht darum, ob sich dies unmittelbar und ausschließlich im Verbrauch widerspiegelt, der von vielen anderen Faktoren beeinflusst wird. Dies soll sicherstellen, dass energetische Modernisierungen weiterhin gefördert werden, ohne Vermieter mit unnötig hohen Nachweislasten zu überfordern.
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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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