LAG Baden – Württemberg 10 Sa 19/11

April 9, 2021

LAG Baden – Württemberg 10 Sa 19/11

Urteil vom 21.12.2011

Mindesturlaubsanspruch bei ruhendem Arbeitsverhältnis

RA und Notar Krau

Ein Kraftfahrer war seit Oktober 2006 arbeitsunfähig erkrankt.

Nach Aussteuerung aus dem Krankengeldbezug bezog er Arbeitslosengeld.

Ab Juni 2009 war er wieder vollzeitbeschäftigt.

Im Oktober 2010 kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis.

Der Arbeitnehmer klagte auf Urlaubsabgeltung für die Jahre 2007 bis 2009.

LAG Baden – Württemberg 10 Sa 19/11

Rechtsfragen:

  • Entstehen Urlaubsansprüche in einem ruhenden Arbeitsverhältnis zum Bezug von Arbeitslosengeld?
  • Verfallen diese Ansprüche am Ende des Übertragungszeitraums?
  • Gibt es eine zeitliche Begrenzung für die Ansammlung von Urlaubsansprüchen bei durchgehender Arbeitsunfähigkeit?

Entscheidung des Gerichts:

  1. Urlaubsansprüche im ruhenden Arbeitsverhältnis:

Das Gericht stellte fest, dass auch in einem konkludent vereinbarten ruhenden Arbeitsverhältnis zum Bezug von Arbeitslosengeld der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch entsteht.

Dies begründet sich damit, dass im deutschen Recht keine Norm existiert, die die Erbringung von Arbeitsleistung zur Voraussetzung für den Urlaubsanspruch macht.

  1. Verfall der Ansprüche:

Entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verfallen diese Ansprüche nicht am Ende des Übertragungszeitraums nach § 7 Abs. 3 S. 3 BUrlG.

LAG Baden – Württemberg 10 Sa 19/11

Dies ergibt sich aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), wonach der Arbeitnehmer tatsächlich die Möglichkeit gehabt haben muss, seinen Urlaubsanspruch auszuüben.

Bei andauernder Arbeitsunfähigkeit ist dies nicht der Fall.

  1. Begrenzung der Ansammlung von Urlaubsansprüchen:

Allerdings hat der EuGH in einer neueren Entscheidung klargestellt, dass die Möglichkeit der Ansammlung von Urlaubsansprüchen

bei durchgehender Arbeitsunfähigkeit durch nationale Regelungen zeitlich begrenzt werden kann.

Eine unbegrenzte Ansammlung ist nicht mit dem Erholungszweck des Urlaubs vereinbar.

Das LAG Baden-Württemberg hat daher entschieden, dass Urlaubsansprüche bei durchgehender Arbeitsunfähigkeit spätestens 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres untergehen.

Diese Frist orientiert sich an der nationalen Regelung des § 7 Abs. 3 S. 3 BUrlG und überschreitet die Dauer des Bezugszeitraums deutlich, wie vom EuGH gefordert.

LAG Baden – Württemberg 10 Sa 19/11

Ergebnis:

Der Kläger hatte Anspruch auf Abgeltung der offenen Urlaubsansprüche für das Jahr 2009.

Die Ansprüche für die Jahre 2007 und 2008 waren jedoch bereits verfallen.

Bedeutung des Urteils:

Das Urteil verdeutlicht die Auswirkungen der Rechtsprechung des EuGH auf das deutsche Urlaubsrecht.

Es zeigt, dass auch bei lang andauernder Arbeitsunfähigkeit der Urlaubsanspruch nicht unbegrenzt besteht.

Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen die 15-Monatsfrist beachten, um rechtliche Nachteile zu vermeiden.

RA und Notar Krau

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen? 

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein konstenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

Hammer Gericht Justiz Urteil Vollstreckung

Kündigung bestätigt: Politologin verliert Professoren-Job wegen Plagiaten

November 4, 2025
Kündigung bestätigt: Politologin verliert Professoren-Job wegen PlagiatenZusammenfassung des Urteils des Landesarbeitsgerichts Köln (10 SLa 289/…
maurer, construction worker, housebuilding, construction site, building, handyman, work, to build, construction work, construction worker, construction worker, construction site, construction site, construction site, construction site, handyman, handyman, work, work, work, work, work, construction work

Einsicht in Personalakte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses

November 4, 2025
Einsicht in Personalakte nach Beendigung des ArbeitsverhältnissesBAG, Urteil vom 16.11.2010 – 9 AZR 573/09Worum ging es?Ein ehemaliger…
Big Data Datenschutz

Anspruch auf Kopie des Berichts nach der Datenschutz-Grundverordnung

November 4, 2025
Anspruch auf Kopie des Berichts nach der Datenschutz-GrundverordnungIch fasse das Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) München vom 12. Juni 20…