LAG Baden – Württemberg 10 Sa 19/11
Urteil vom 21.12.2011
Mindesturlaubsanspruch bei ruhendem Arbeitsverhältnis
RA und Notar Krau
Ein Kraftfahrer war seit Oktober 2006 arbeitsunfähig erkrankt.
Nach Aussteuerung aus dem Krankengeldbezug bezog er Arbeitslosengeld.
Ab Juni 2009 war er wieder vollzeitbeschäftigt.
Im Oktober 2010 kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis.
Der Arbeitnehmer klagte auf Urlaubsabgeltung für die Jahre 2007 bis 2009.
Rechtsfragen:
Entscheidung des Gerichts:
Das Gericht stellte fest, dass auch in einem konkludent vereinbarten ruhenden Arbeitsverhältnis zum Bezug von Arbeitslosengeld der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch entsteht.
Dies begründet sich damit, dass im deutschen Recht keine Norm existiert, die die Erbringung von Arbeitsleistung zur Voraussetzung für den Urlaubsanspruch macht.
Entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verfallen diese Ansprüche nicht am Ende des Übertragungszeitraums nach § 7 Abs. 3 S. 3 BUrlG.
Dies ergibt sich aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), wonach der Arbeitnehmer tatsächlich die Möglichkeit gehabt haben muss, seinen Urlaubsanspruch auszuüben.
Bei andauernder Arbeitsunfähigkeit ist dies nicht der Fall.
Allerdings hat der EuGH in einer neueren Entscheidung klargestellt, dass die Möglichkeit der Ansammlung von Urlaubsansprüchen
bei durchgehender Arbeitsunfähigkeit durch nationale Regelungen zeitlich begrenzt werden kann.
Eine unbegrenzte Ansammlung ist nicht mit dem Erholungszweck des Urlaubs vereinbar.
Das LAG Baden-Württemberg hat daher entschieden, dass Urlaubsansprüche bei durchgehender Arbeitsunfähigkeit spätestens 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres untergehen.
Diese Frist orientiert sich an der nationalen Regelung des § 7 Abs. 3 S. 3 BUrlG und überschreitet die Dauer des Bezugszeitraums deutlich, wie vom EuGH gefordert.
Ergebnis:
Der Kläger hatte Anspruch auf Abgeltung der offenen Urlaubsansprüche für das Jahr 2009.
Die Ansprüche für die Jahre 2007 und 2008 waren jedoch bereits verfallen.
Bedeutung des Urteils:
Das Urteil verdeutlicht die Auswirkungen der Rechtsprechung des EuGH auf das deutsche Urlaubsrecht.
Es zeigt, dass auch bei lang andauernder Arbeitsunfähigkeit der Urlaubsanspruch nicht unbegrenzt besteht.
Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen die 15-Monatsfrist beachten, um rechtliche Nachteile zu vermeiden.
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