Mitbestimmung des Betriebsrats bei Eingruppierung – BAG Beschluss vom 23.2.2021 – 1 ABR 4/20
Von RA und Notar Krau
Die durch einen Antrag auf Höhergruppierung nach § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA ausgelöste Rechtsanwendung unterliegt als (Neu-)Eingruppierung der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG.
Tenor:
Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 20. November 2019 teilweise aufgehoben.
In Bezug auf die Arbeitnehmerinnen H und B wird die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Essen zurückgewiesen.
Sachverhalt:
Streitgegenstand:
Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Einleitung von Zustimmungsverfahren nach § 99 BetrVG im Zusammenhang mit Anträgen auf Höhergruppierung nach § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA.
Hintergrund:
Die Arbeitgeberin, eine gemeinnützige Gesellschaft, beschäftigt ca. 1.300 Mitarbeiter, auf die die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst (VKA) Anwendung finden.
Mit Wirkung zum 1. Januar 2017 traten neue Eingruppierungsvorschriften in Kraft. Beschäftigte konnten bis 31. Dezember 2017 Anträge auf Höhergruppierung stellen, die rückwirkend ab dem 1. Januar 2017 wirken sollten.
Verfahren:
Mehrere Arbeitnehmer stellten Höhergruppierungsanträge, die die Arbeitgeberin teilweise ablehnte und den Betriebsrat lediglich informierte.
Der Betriebsrat beantragte daraufhin die Durchführung von Zustimmungsverfahren.
Rechtliche Würdigung:
Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats:
Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Ein- oder Umgruppierung zu unterrichten und dessen Zustimmung zu beantragen.
Dies gilt auch für Höhergruppierungen nach § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA. Der Betriebsrat kann die nachträgliche Einholung seiner Zustimmung und ggf. deren gerichtliche Ersetzung verlangen.
Begründung der Mitbestimmungspflicht:
Die Mitbestimmung des Betriebsrats bei Eingruppierungen dient der einheitlichen und gleichmäßigen Anwendung der Vergütungsordnung sowie der Transparenz der betrieblichen Vergütungspraxis.
Eine Eingruppierung ist die Einreihung eines Arbeitnehmers in eine betriebliche Vergütungsordnung. Eine Umgruppierung ist jede Änderung dieser Einreihung.
Höhergruppierungsanträge als Mitbestimmungsgegenstand:
Durch die Höhergruppierungsanträge nach § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA wird die Tarifautomatik wiederhergestellt, was eine neue Rechtsanwendung durch den Arbeitgeber erforderlich macht.
Diese rechtliche Prüfung durch den Arbeitgeber unterliegt der Mitbestimmung des Betriebsrats.
Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin:
Die Arbeitgeberin wendet ein, dass bei abschlägig beschiedenen Höhergruppierungsanträgen kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bestehe, da keine Höhergruppierung stattfinde.
Dies verkennt jedoch die spezifische tarifliche Überleitungssystematik der §§ 29 ff. TVÜ-VKA.
Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts:
Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist nur teilweise erfolgreich.
Lediglich in Bezug auf die Arbeitnehmerinnen H und B, die keinen Höhergruppierungsantrag gestellt haben, ist der Betriebsrat nicht zur Mitbestimmung zu beteiligen. In allen anderen Fällen hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht.
Zusammenfassung:
Das Bundesarbeitsgericht bestätigt die Mitbestimmungspflicht des Betriebsrats bei Höhergruppierungen nach § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA.
Der Betriebsrat muss bei jeder Ein- oder Umgruppierung informiert und seine Zustimmung eingeholt werden.
Diese Verpflichtung gilt unabhängig davon, ob der Höhergruppierungsantrag genehmigt oder abgelehnt wird.
Nur in Fällen, in denen kein Antrag gestellt wurde, besteht kein Mitbestimmungsrecht.
Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung der Betriebsratsbeteiligung bei der Anwendung der neuen Entgeltordnung und stärkt die betriebliche Mitbestimmung.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.